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Das Symposium von Budapest

Telekommunikationsrecht und Freiheit der Medien

Bericht von der Arbeitsgruppe B

von Izabela Weresniak
Justizministerium, Polen

Izabela Weresniak

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Ihnen kurz darstellen, womit sich gestern die Arbeitsgruppe B - Telekommunikationsrecht und Freiheit der Medien - beschäftigt hat.

Unser Arbeitsthema hat die Liberalisierung von Telekommunikationssystemen und Medienfreiheit betroffen. Herr Straub, der General-Direktor von Matav - einem ungarischen Telekommunikationsunternehmen ist, hat uns davon berichtet, wie der Telekommunikationsmarkt in Ungarn aussieht. Herr Straub ist der Meinung, dass der Markt der Telekommunikationsdienstleistungen schon liberalisiert ist und ein offener Wettbewerb stattfindet. Trotzdem spielt Matav die erste Geige unter den ungarischen Telekommunikationsunternehmen. Wenn es etwa um Mobiltelefonie geht, deckt Matav 50% des Marktes ab; ähnlich ist das bei Internet und Datenübertragung. Beim Betrieb der traditionellen Telefonverbindungen beherrscht Matav sogar über 80% des Marktes.

Und wie wir gestern erfahren haben, befasst sich Ungarn immer noch mit Problemen, wie zu hohen Computerpreisen (hard ware), niedrigem Zugang zum Internet und nicht besonders großer Verbreitung von Computern und Internet in der Verwaltung.

Das ist aber nicht nur in Ungarn der Fall. In Polen, muss ich ehrlich sagen, sieht das ähnlich aus.

Wir haben gestern auch sehr viel über Telekommunikationsrecht der Europäischen Gemeinschaften erfahren. Herr Steinwärter hat uns das Wissen über den EG-Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste nahegebracht. Wir haben dabei die Grundsätze von Rahmenrichtlinie, Genehmigungsrichtlinie, Zugangsrichtlinie, Universaldienstrichtlinie und Datenschutzrichtlinie kennen gelernt.

Wie ich schon früher vermutet habe, ist Polen noch nicht so weit mit der Entwicklung der Telekommunikationsdienste und Telekommunikationsmarktliberalisierung. Wir haben in Polen die teuersten Ferngespräche im ganzen Europa und das hängt vor allem damit zusammen, dass wir ein Unternehmen haben, das über beträchtliche Marktmacht verfügt - TP S.A. (Telekomunikacja Polska S.A.). Aber vor einigen Monaten hat Polen das Gesetz über Telekommunikationsrecht stark geändert und ich glaube, dass wir jetzt schon auf dem richtigen Weg sind, obwohl es noch lange dauern wird, bis der Telekommunikationsmarkt wirklich offen wird.

In Polen gibt es eine Regulierungsbehörde - der Präsident des Amtes für Telekommunikation- und Postregulierung. Er wird vom Ministerpräsidenten auf Antrag des Ministers, der gerade für Telekommunikation zuständig ist, für 5 Jahre ernannt. Wie ich aber gestern erfahren habe, müssen wir noch in der Regulierungsbehörde eine Abteilung für Personendatenschutz im Zusammenhang mit elektronischer Kommunikation einrichten. Jetzt haben wir eine Behörde, die Generalaufsicht für Personendatenschutz, die sich mit allen Fragen des Datenschutzes befasst, nicht nur bei der elektronischen Kommunikation.

Nach der Mittagspause haben wir uns mit dem höchst interessanten Thema der Medienfreiheit beschäftigt.
Frau Pieper hat uns die Grundsätze des Europäischen Medienrechts dargestellt. Wir haben sowohl über die wichtigsten Richtlinien als auch über die Rechtssprechung des EU-Gerichtshofes gesprochen.
Ich habe dabei den Eindruck gewonnen, dass Polen schon die richtigen Rechtsgrundlagen hat, um sich ein Land mit freien Medien zu nennen. Im polnischen Grundgesetz sind die Meinungs- und Medienfreiheit stark verankert. Die Zensur ist verboten. Wir sind dabei sogar weiter gegangen als die Grundrechtecharta der EU es fordert. In der Grundrechtecharta (im Art. 11) wird die Freiheit der Medien nur geachtet und nicht garantiert, wie es in der polnischen Verfassung steht. Das Zensurverbot ist in der Grundrechtecharta gar nicht vorhanden.

Der Medienmarkt wird in Polen, im Grunde genommen, von zwei wichtigen Gesetzen reguliert. Das sind:
1. das Gesetz über das Presserecht,
2. das Gesetz über den Rundfunk,
Die Presse steht für die Freiheit von Meinungsäußerung und realisiert gleichzeitig Informationsfreiheit. In Polen gibt es eine ziemlich breite Presselandschaft - von linksradikalen Tageszeitungen wie "Trybuna" bis zu rechtsradikalen wie "Polnisches Tagesblatt" mit starkem Zentrum, wo sich z.B. "Rzeczpospolita" und "Polityka" platzieren.
Ein Presseverlag kann sowohl von natürlichen als auch von juristischen Personen gegründet werden. Es besteht dazu keine Lizenz oder Konzessionserwerb. Ein Presseverlag unterliegt nur einer Registrierungspflicht.

Wenn es um Rundfunk und Fernsehen geht, haben wir in Polen eine unabhängige Behörde, die den Rundfunkmarkt regulieren soll. Der Nationale Rat für Funk und Fernsehen besteht aus 9 Mitgliedern, die vom Präsidenten, dem Sejm und dem Senat (also Parlament) gewählt werden. Die Amtsperiode beträgt 6 Jahre. Dadurch soll der Nationale Rat von politischen Wahlen unabhängig bleiben. Die Mitglieder dürfen keiner politischen Partei angehören. Es war aber so, dass die Mitglieder oft auf ihre Parteimitgliedschaft nur für die Zeitdauer der Amtsperiode verzichtet haben. Aber im August äußerte sich dazu der Oberste Gerichtshof. Der Oberste Gerichtshof hat beschlossen, dass die Mitglieder des Nationalen Rates entgültig auf ihre Parteimitgliedschaft verzichten sollen.

Ein Radiosender und ein Fernsehveranstalter müssen in Polen eine Konzession bekommen und die Konzessionen erteilt der Nationale Rat. Wir haben in Polen einige privatrechtliche Fernsehveranstalter und wenn es um öffentliches Fernsehen geht, haben wir "Telewizja Polska S.A." - Aktien Gesellschaft - wo 100% der Aktien dem Staat gehören.

Mit Zufriedenheit habe ich gestern festgestellt, dass auf dem Mediengebiet das polnische Recht mit dem EU-Recht überwiegend schon harmonisiert ist. Z. B. die Fernsehveranstalter sind dazu verpflichtet 50% der Sendezeit für Sendungen von europäischen Werken zu verwenden. Wir haben auch detaillierte Vorschriften für Werbespotdauer (nicht mehr als 15% der Tagessendezeit und nicht mehr als 12 Minuten pro Stunde). Das polnische Gesundheitsministerium hat auch letztens ziemlich strenge Vorschriften für Arzneimittelwerbung entworfen (z.B. Warnungspflicht über Nebenwirkungen, keine Darstellung von Ärzten oder Personen, die mit ihrer Autorität den Konsumenten beeinflussen können). Wir haben auch Vorschriften, die generell Werbung regulieren. Es besteht z.B. Verbot von Kinderwerbung, Verbot von Werbung, die auf solchen Gefühlen wie Angst oder Vorurteilen beruht oder Verbot von Werbung für alkoholische Getränke.

Zuletzt einige Worte über die Finanzierung. Polnisches öffentlich-rechtliches Fernsehen wird aus verschiedenen Quellen finanziert. Es handelt sich vor allem um Gebühreneinnahmen, Einnahmen aus Werbung, aber auch um staatliche Subventionen, wobei ich gestern erfahren habe, dass die Sache mit Staatsubventionen nicht geklärt ist. Darf der Staat öffentlich-rechtliche Fernsehsender unterstützen oder sind das verbotene Beihilfen? Frau Pieper ist der Meinung, dass es sich auf Grund der bisherigen Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes vertreten lässt, dass die Staatsubventionen erlaubt sind, wenn sie aufgrund größerer Kosten für die Realisierung des öffentlichen Zwecks gerechtfertigt sind.

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