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dullinger.at

OGH, Urteil vom 29.5.2001, 4 Ob 123/01v

ABGB § 43

*****   Zusammenfassung   *****

Die Dullinger GmbH klagt die Firma G, die von Stefan Dullinger beauftragt wurde, für ihn eine Website zu erstellen und die zu diesem Zweck zunächst die Domain "dullinger.at" für sich reservieren ließ. Die Domain sollte nach Fertigstellung der Website und Bezahlung der Arbeiten auf Stefan Dullinger übertragen werden.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt, das Berufungsgericht wies ab.

Der OGH gibt der Revision keine Folge. Es liegt kein Verstoß gegen § 43 ABGB vor, da der Namensgebrauch durch die Beklagte durch die Vereinbarung mit Stefan Dullinger nicht unbefugt war. Unbefugt ist ein Gebrauch, der weder auf eigenem Recht beruht noch vom Berechtigten gestattet wurde. Verwechslungsgefahr scheide schon deswegen aus, weil die Website noch nicht eingerichtet sei und nicht feststehe, welche Branche sie betreffe. Das Interesse, unter einem Firmenschlagwort in Verbindung mit der Top Level Domain ".at" im Internet auffindbar zu sein, ist nicht selbstständig geschützt. Nur wer (zB) in seinem Namensrecht oder Firmenrecht verletzt ist, hat Anspruch darauf, dass ein diese Rechte verletzender Gebrauch unterbleibt, so dass die Domain von ihm genutzt werden kann.

Es kann daher offen bleiben, ob die Domain eines Namensträgers überhaupt geeignet sei, das Recht an einem gleichlautenden Firmenschlagwort zu verletzen.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Christian W*****, vertreten durch Dr. Walter Brandt, Rechtsanwalt in Schärding, wegen Unterlassung und Einwilligung in die Übertragung einer Domain (Streitwert 60.000 S), infolge Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 1. März 2001, GZ 3 R 31/01a-16, mit dem das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 17. November 2000, GZ 2 Cg 143/00k-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 4.871,04 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 811,84 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist ein führendes und bekanntes Unternehmen für die Herstellung und den Vertrieb von Kalkprodukten, Düngemitteln, Mineralprodukten und Futterphosphaten. Ihre Firma - Dullinger GmH - leitet sich vom Familiennamen eines ihrer Gesellschafter ab.

Der Beklagte ist Inhaber der Firma G*****. In dieser Eigenschaft traf er am 6. 9. 1999 mit Stefan Dullinger als "Inhaber der Firma Dullinger Stefan KEG" folgende Vereinbarung:

"Einverständniserklärung

Die Firma 'G***** ...' wird für mich einen Internetauftritt samt aller anfallenden Tätigkeiten vornehmen. Ich bin darüber informiert worden und damit auch einverstanden, dass oben genannte Firma den Domainnamen www.dullinger.at solange auf ihren Namen registrieren wird, bis alles zur Einspielung der Daten ins WEB erledigt ist. Ab dem Zeitpunkt, wo mein Internetauftritt abgeschlossen ist (alle Daten online im WEB, Bezahlung des Auftrags usw), wird oben genannte Firma eigenhändig die Änderung der Inhaberdaten der Domain www.dullinger.at auf mich vornehmen."

Aufgrund dieser Vereinbarung veranlasste der Beklagte am 7. 9. 1999 die Reservierung der Domain "dullinger.at" bei der Nic.at Internetverwaltungs- und BetriebsgesellschaftmbH.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, die Internetdomain "www.dullinger.at" im geschäftlichen Verkehr als Domainnamen zu verwenden und in die Übertragung der Domain "dullinger.at" auf die Klägerin, in eventu in die Löschung der Domain "dullinger.at", einzuwilligen. Der Beklagte habe keine eigenen Rechte an der Domain "dullinger.at". Mit der Verwendung der Domain verletze er das Namens- und Firmenrecht der Klägerin. Es liege auch ein Fall des Domain Grabbing vor. Der Beklagte könne sich nicht auf das Namensrecht Stefan Dullingers berufen. Eine - allenfalls vorliegende - verdeckte Treuhandschaft sei gegenüber Dritten wirkungslos.

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Der Vorwurf des Domain Grabbing sei nicht berechtigt. "Dullinger" sei ein häufiger Familienname; eine Irreführung der Internetnutzer sei ausgeschlossen. Der Beklagte habe die Domain trotz Fertigstellung der Website nicht auf Stefan Dullinger übertragen können, weil die Übertragung während des anhängigen Rechtsstreits nicht möglich sei.

Das Erstgericht gab dem Klagehauptbegehren statt. Der Beklagte habe die Domain weder aufgrund eigenen Namensrechts noch aufgrund eines von der Dullinger Stefan KEG abgeleiteten Namensrechts registrieren lassen. Zweck der Registrierung sei nur gewesen, die Erfüllung des von der Dullinger Stefan KEG erteilten Auftrags sicherzustellen.

Das Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung, wies das Klagebegehren ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Das Unterbleiben der Parteienvernehmung mache das Verfahren nicht nichtig. Der Beklagte sei aufgrund der Vereinbarung mit Stefan Dullinger berechtigt, den Namen "Dullinger" als Domainnamen zu verwenden. Bei Namensgleichheit sei die Priorität maßgebend. Das Klagebegehren wäre auch dann nicht berechtigt, wenn der Beklagte nicht berechtigt wäre, den Namen "Dullinger" zu verwenden. Bei häufig vorkommenden Namen bestehe keine Gefahr, dass der Name mit einem bestimmten Namensträger in Zusammenhang gebracht werde. Einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch stehe das Fehlen eines Wettbewerbsverhältnisses entgegen. Für ein Domain Grabbing fehle jeder Anhaltspunkt.

Rechtssatz

Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; die Revision ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin bekämpft die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte aufgrund der Vereinbarung mit Stefan Dullinger berechtigt sei, die Domain "dullinger.at" registrieren zu lassen. Der Vereinbarung sei nur der Auftrag zu entnehmen, einen Internetauftritt Stefan Dullingers vorzubereiten. Es gehe daraus nicht hervor, dass der Beklagte berechtigt wäre, "den Namen des Herrn Stefan Dullinger für sich abzuleiten und zu verwenden, wie dies etwa bei Lizenzrechten der Fall ist".

Der Klägerin ist entgegenzuhalten, dass der Beklagte sich nie auf ein Recht berufen hat, den Namen "Dullinger" für sich zu verwenden. Der Beklagte hat behauptet und bewiesen, dass er von Stefan Dullinger den Auftrag erhalten hat, einen Internetauftritt vorzubereiten und alle dazu notwendigen Schritte, einschließlich Domainregistrierung, vorzunehmen. Mit der vom Erstgericht festgestellten Vereinbarung hat Stefan Dullinger den Beklagten ermächtigt, die Domain "dullinger.at" vorerst auf seinen Namen registrieren zu lassen.

Damit entfällt ein Verstoß gegen § 43 ABGB: Das durch diese Bestimmung geschützte Namensrecht wird durch - hier nicht vorliegende - Namensbestreitung und durch unbefugten Namensgebrauch beeinträchtigt. Unbefugt ist ein Gebrauch, der weder auf eigenem Recht beruht noch vom Berechtigten gestattet wurde (Aicher in Rummel, AGBG3 § 43 Rz 13 mwN). Als berechtigter Namensträger konnte Stefan Dullinger dem Beklagten den Gebrauch seines Namens rechtswirksam gestatten. Eines - vom Beklagten gar nicht behaupteten und von der Klägerin bestrittenen - Treuhandverhältnisses bedarf es hierfür nicht.

Die Klägerin macht geltend, dass ihr Unterlassungsanspruch auch dann berechtigt sei, wenn sich der Beklagte zu Recht auf das Namensrecht Stefan Dullingers berufe. Die Verwechslungsgefahr möge zwar aufgrund einer allenfalls gegebenen Branchenverschiedenheit gering sein; die überragende Verkehrsgeltung des Namens "Dullinger" gebe der Klägerin aber bereits prinzipiell das Recht zur Erhaltung der Kennzeichnungskraft ihres Namens. Die schutzwürdigen Interessen der Klägerin seien beeinträchtigt, wenn ihr der Internetzugang unter "dullinger.at" verwehrt werde.

Diese Ausführungen sind aus mehreren Gründen nicht stichhaltig:

Der erkennende Senat hat schon wiederholt ausgesprochen, dass es bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr auf den Inhalt der Website ankommt. In diesem Sinn stellt die Entscheidung MR 1999, 351 = ÖBl 2000, 72 - Format bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr zwischen dem Firmenbestandteil "Format" und der Internet Domain "format.at" auf den Inhalt der unter "format.at" betriebenen Homepage ab. Die (dortige) Beklagte hatte in ihrer Homepage auf die von ihr verlegten Druckschriften hingewiesen und dadurch den Eindruck wirtschaftlicher und organisatorischer Beziehungen zwischen ihrem Unternehmen und dem der (dortigen) Zweitklägerin hervorgerufen. Auch die Entscheidung MR 2000, 322 = wbl 2000/386 - Gewinn.at berücksichtigt bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die im Internet angebotenen Leistungen. Das Gleiche gilt für die - im Provisorialverfahren ergangene - Entscheidung ARD 5193/26/2001 = ecolex 2001/55 = MR 2000, 325 = ÖBl 2001, 35 = wbl 2001/32 - bundesheer.at, in der diese Frage aber wegen der Verneinung der Gefährdung letztlich nicht entscheidungserheblich war, sowie für die Entscheidung 4 Ob 327/00t - cyta.at.

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es demnach auf den Inhalt der unter einer bestimmten Domain in das Netz gestellten Website an. Das schließt das Bestehen von Verwechslungsgefahr aus, wenn - wie im vorliegenden Fall - noch keine Website eingerichtet ist und die Domain für den Internetauftritt eines Unternehmens registriert wurde, von dem nicht einmal feststeht, in welcher Branche es tätig ist. Es kann daher offen bleiben, ob die Registrierung einer Domain durch einen zum Namensgebrauch Berechtigten überhaupt geeignet ist, das Recht an einem mit dem Namen übereinstimmenden Firmenschlagwort zu verletzen.

Nicht weiter einzugehen ist auch auf die von der Klägerin behauptete Verwässerungsgefahr. Mit "Verwässerungsgefahr" wurde - vor Einführung des Schutzes der bekannten Marke (§ 10 Abs 2 MSchG; § 14 Abs 2 Z 3 dMarkenG) - der Schutz berühmter Kennzeichen bei durchgreifender Warenverschiedenheit begründet (Aicher in Rummel aaO § 43 Anm 18 mwN). Dass das Firmenschlagwort der Klägerin ein in diesem Sinn berühmtes Zeichen wäre, ist dem festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen.

Das begehrte Unterlassungsgebot lässt sich auch nicht mit der von der Klägerin behaupteten Verletzung schutzwürdiger Interessen begründen. Das Interesse, unter einem Firmenschlagwort in Verbindung mit der Top Level Domain ".at" im Internet auffindbar zu sein, ist nicht selbstständig geschützt. Nur wer (zB) in seinem Namens- oder Firmenrecht verletzt ist, hat Anspruch darauf, dass ein diese Rechte verletzender Gebrauch unterbleibt, so dass die Domain von ihm genutzt werden kann.

Aus der von der Klägerin in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung ecolex 2000/98 ((Schanda)) = EvBl 2000/113 = MR 2000, 8 = ÖBl 2000, 134 ((Kurz)) = RdW 2000/296 = WBl 2000, 142 - ortig.at folgt nichts Gegenteiliges. In dieser Entscheidung hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens besteht, wenn ein Ausfall an möglichen weiteren Kunden droht, weil dem - prioritätsälteren - Namensträger durch die Verwendung seines Namens zur Bezeichnung einer Domain der Zugang unter einer aus seinem Namen gebildeten Adresse verwehrt und er daher im Internet nicht rasch auffindbar sei. Das Namensrecht des (dortigen) Klägers leitete sich aus seinem Familiennamen ab, während die Domain "ortig.at" von der (dortigen) Beklagten für eine noch nicht einmal bestehende und damit auf dem Markt auch noch nicht in Erscheinung getretene Organisation treuhändig gehalten und damit unbefugt, weil ohne eigenes oder von einem Berechtigten abgeleitetes Recht, gehalten wurde.

Die Revision musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. § 23 Abs 9 RATG ist im Revisionsverfahren nicht anzuwenden.

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