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Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. 1958/210 samt Zusatzprotokoll vom 20.3.1952, GBBl 1958/210 und österreichischer Vorbehalt zur MRK

Art.   1  2   3  5   6   7   8   9   10   11   12   13   14   15   16   17   18   19   20   21   22   23   24   25   26   27   28   29   30   35   40   45   50   55   60   65     1. Zusatzprotokoll      Öst. Vorbehalt  

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Artikel 1.
Schutzgarantie der Vertragsstaaten

Die Hohen Vertragschließenden Teile sichern allen ihrer Jurisdiktion unterstehenden Personen die in Abschnitt I dieser Konvention niedergelegten Rechte und Freiheiten zu.

Abschnitt I.

Menschenrechte und Grundfreiheiten

Artikel 2.
Das Recht auf Leben

(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Vereitelung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.

Artikel 3.
Verbot der Folter

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Artikel 4.
Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit

(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.

(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.

(3) Als "Zwangs- oder Pflichtarbeit" im Sinne dieses Artikels gilt nicht:

a) jede Arbeit, die normalerweise von einer Person verlangt wird, die unter den von Artikel 5 der vorliegenden Konvention vorgesehenen Bedingungen in Haft gehalten oder bedingt freigelassen worden ist;

b) jede Dienstleistung militärischen Charakters, oder im Falle der Verweigerung aus Gewissensgründen in Ländern, wo diese als berechtigt anerkannt ist, eine sonstige anstelle der militärischen Dienstpflicht tretende Dienstleistung;

c) jede Dienstleistung im Falle von Notständen und Katastrophen, die das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedroht;

d) jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen Bürgerpflichten gehört.

Artikel 5.
Recht auf Freiheit und Sicherheit

(1) Jeder Mensch hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Wege entzogen werden:

a) wenn er rechtmäßig nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht in Haft gehalten wird;

b) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird wegen Nichtbefolgung eines rechtmäßigen Gerichtsbeschlusses oder zur Erzwingung der Erfüllung einer durch Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung;

c) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird zum Zwecke seiner Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, sofern hinreichender Verdacht dafür besteht, daß der betreffende eine strafbare Handlung begangen hat, oder begründeter Anlaß zu der Annahme besteht, daß es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer solchen zu hindern;

d) wenn es sich um die rechtmäßig Haft eines Minderjährigen handelt, die zum Zwecke überwachter Erziehung angeordnet ist, oder um die rechtmäßige Haft eines solchen, die zwecks Vorführung vor die zuständige Behörde verhängt ist;

e) wenn er sich in rechtmäßiger Haft befindet, weil er eine Gefahrenquelle für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten bildet, oder weil er geisteskrank, Alkoholiker, rauschgiftsüchtig oder Landstreicher ist;

f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, weil er daran gehindert werden soll, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahrens betroffen ist.

(2) Jeder Festgenommene muß unverzüglich und in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und über die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen unterrichtet werden.

(3) Jede nach der Vorschrift des Abs. 1 c) dieses Artikels festgenommene oder in Haft gehaltene Person muß unverzüglich einem Richter oder einem anderen, gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten vorgeführt werden. Er hat Anspruch auf Aburteilung innerhalb einer angemessenen Frist oder auf Haftentlassung während des Verfahrens. Die Freilassung kann von der Leistung einer Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht abhängig gemacht werden.

(4) Jeder, der seiner Freiheit durch Festnahme oder Haft beraubt ist, hat das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht unverzüglich über die Rechtmäßigkeit der Haft entschieden wird und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird.

(5) Jeder, der entgegen den Bestimmungen dieses Artikels von Festnahme oder Haft betroffen worden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz.

Artikel 6.
Recht auf gerichtliches Gehör - Rechte des Angeklagten - fair trial

(1) Jedermann hat Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muß öffentlich verkündet werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozeßparteien es verlangen oder, und zwar unter besonderen Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würden, in diesem Falle jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang.

(2) Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.

(3) Jeder Angeklagte hat insbesondere (französischer Text; engl.: mindestens) die folgenden Rechte:

a) unverzüglich in einer ihn verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden;

b) über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung zu verfügen;

c) sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, falls er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

d) Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken;

e) die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen, wenn er (der Angeklagte) die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder sich nicht darin ausdrücken kann.

Artikel 7.
Nulla poena sine lege (Keine Strafe ohne Gesetz)

(1) Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalen Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine höhere Strafe als die im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohten Strafen verhängt werden.

(2) Durch diesen Artikel darf die Verurteilung oder Bestrafung einer Person nicht ausgeschlossen werden, die sich einer Handlung oder Unterlassung schuldig gemacht hat, welche im Zeitraum ihrer Begehung nach dem allgemeinen von den zivilisierten Völkern anerkannten Rechtsgrundsätzen strafbar war.

Artikel 8.
Gebot der Achtung der Privatsphäre

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Artikel 9.
Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit

(1) Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfaßt die Freiheit des Einzelnen zum Wechsel der Religion oder der Weltanschauung sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, durch Ausübung und Betrachtung religiöser Gebräuche auszuüben.

(2) Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind.

Artikel 10.
Recht der freien Meinungsäußerung

(1) Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriff öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen.

(2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie im Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten, unentbehrlich sind.

Artikel 11.
Versammlungs- und Vereinsfreiheit

(1) Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen, einschließlich des Rechts, zum Schutze ihrer Interessen Gewerkschaften zu bilden und diesen beizutreten.

(2) Die Ausübung dieser Rechte darf keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der äußeren und inneren Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verbrechensverhütung, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser Artikel verbietet nicht, daß die Ausübung dieser Rechte für Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung gesetzlichen Einschränkungen unterworfen wird.

Artikel 12.
Recht der freien Wahl des Ehegatten

Mit Erreichung des Heiratsalters haben Männer und Frauen das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie nach den nationalen Gesetzen, die Ausübung dieses Rechts regeln, zu gründen.

Artikel 13.
Beschwerdemöglichkeit bei Verletzung der Rechte oder Freiheiten der Konvention

Sind die in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten verletzt worden, so hat der Verletzte das Recht der Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, selbst wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.

Artikel 14.
Verbot der Diskriminierung

Der Genuß der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten muß ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauungen, nationaler oder sozialer Herkunft, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status gewährleistet werden.

Artikel 15.
Einschränkung der Rechte und Freiheiten in Kriegs- und anderen Notständen

(1) Im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht, kann jeder der Hohen Vertragschließenden Teile Maßnahmen ergreifen, welche die in dieser Konvention vorgesehenen Verpflichtungen in dem Umfang, den die Lage unbedingt erfordert, und unter der Bedingung außer Kraft setzen, daß diese Maßnahme nicht in Widerspruch zu den sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen stehen.

(2) Die vorstehende Bestimmung gestattet kein Außerkraftsetzen des Artikels 2 außer bei Todesfällen, die auf rechtmäßige Kriegshandlungen zurückzuführen sind, oder der Artikel 3, 4 (Absatz 1) und 7.

(3) Jeder Hohe Vertragschließende Teil, der dieses Recht der Außerkraftsetzung ausübt, hat den Generalsekretär des Europarats eingehend über die getroffenen Maßnahmen und deren Gründe zu unterrichten. Er muß den Generalsekretär des Europarats auch über den Zeitpunkt in Kenntnis setzen, in dem diese Maßnahmen außer Kraft getreten sind und die Vorschriften der Konvention wieder volle Anwendung finden.

Artikel 16.
Beschränkung der politischen Tätigkeit von Ausländern

Keine der Bestimmungen der Artikel 10, 11 und 14 darf so ausgelegt werden, daß sie den Hohen Vertragschließenden Parteien verbietet, die politische Tätigkeit von Ausländern Beschränkungen zu unterwerfen.

Artikel 17.
Regel für die Auslegung der Konvention

Keine Bestimmung dieser Konvention darf dahin ausgelegt werden, daß sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht begründet eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf die Abschaffung der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende Beschränkungen dieser Rechte und Freiheiten, als in der Konvention vorgesehen, hinzielt.

Artikel 18.
Mißbrauchsverbot

Die nach vorliegenden Konvention gestatteten Einschränkungen dieser Rechte und Freiheiten dürfen nicht für andere Zwecke als die vorgesehenen angewandt werden.

 

Abschnitt II

Errichtung einer Europäischen Kommission und eines Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Artikel 19.

Um die Einhaltung der Verpflichtungen, welche die Hohen Vertragschließenden Teile in dieser Konvention übernommen haben, sicherzustellen, werden errichtet:

a) ein Europäische Kommission für Menschenrechte, im folgenden "Kommission" genannt.

b) ein Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, im folgenden "Gerichtshof" genannt.

 

Abschnitt III

Zusammensetzung, Aufgaben und Verfahren der Europäischen Kommission

Artikel 20.
Zahl der Mitglieder

(1) Die Zahl der Mitglieder der Kommission entspricht derjenigen der Hohen Vertragschließenden Teile. Der Kommission darf jeweils nur ein Angehöriger jedes einzelnen Staates angehören.

(2) Die Kommission tagt in Plenarsitzung. Sie kann jedoch Kammern bilden, die jeweils aus mindestens sieben Mitglieder bestehen. Die Kammern können gemäß Artikel 25 dieser Konvention eingereichte Gesuche prüfen, die auf Grundlage ständiger Rechtsprechung behandelt werden können oder die keine schwerwiegenden Fragen im Hinblick auf die Auslegung oder Anwendung der Konvention aufwerfen. Vorbehaltlich dieser Einschränkungen und der Bestimmungen des Absatzes 5 des vorliegenden Artikels üben die Kammern alle Befugnisse aus, die der Kommission durch die Konvention übertragen sind. Das Mitglied der Kommission, gegen für einen Hohen Vertragschließenden Teil gewählt wurde, gegen den sich das Gesuch richtet, hat das Recht, der Kammer anzugehören, der dieses Gesuch zugewiesen worden ist.

(3) Die Kommission kann jeweils aus mindestens drei Mitgliedern bestehende Ausschüsse einsetzen, welche die einstimmig auszuübende Befugnis haben, ein gemäß Artikel 25 eingereichtes Gesuch für unzulässig zu erklären oder in ihrem Register zu streichen, wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann.

(4) Eine Kammer oder ein Ausschuß kann jederzeit zugunsten des Plenums der Kommission auf die Zuständigkeit verzichten; das Plenum kann auch ein einer Kammer oder einem Ausschuß zugewiesenes Gesuch an sich ziehen.

(5) Folgende Befugnisse können nur vom Plenum der Kommission ausgeübt werden:

a) gemäß Artikel 24 eingereichte Beschwerden zu prüfen;

b) Verfahren vor dem Gerichtshof gemäß Artikel 48 (a) anzustrengen;

c) die Geschäftsordnung gemäß Artikel 36 festzusetzen.

Artikel 21.
Wahl der Mitglieder

(1) Die Mitglieder der Kommission werden vom Ministerausschuß mit absoluter Stimmenmehrheit nach einem vom Büro der Beratenden Versammlung aufgestellten Namensverzeichnis gewählt; jede Gruppe von Vertretern der Hohen Vertragschließenden Teile in der Beratenden Versammlung schlägt drei Kandidaten vor, von denen mindestens zwei die Staatsangehörigkeit des betreffenden Landes besitzen müssen.

(2) Dasselbe Verfahren ist, soweit anwendbar, einzuschlagen, um die Kommission im Falle späteren Beitritts anderer Staaten zu ergänzen und um so freigewordene Sitze neu zu besetzen.

(3) Die Kandidaten müssen das höchste sittliche Ansehen genießen und müssen entweder die Befähigung für die Ausübung hoher richterlicher Ämter besitzen oder Personen von anerkanntem Ruf auf dem Gebiet des innerstaatlichen oder internationalen Rechts sein.

Artikel 22.
Amtszeit der Mitglieder

(1) Die Mitglieder der Kommission werden für die Dauer von sechs Jahren gewählt. Sie können wiedergewählt werden. Jedoch läuft das Amt von sieben der bei der ersten Wahl gewählten Mitglieder nach Ablauf von drei Jahren ab.

(2) Die Mitglieder, deren Amt nach Ablauf der ersten Amtsperiode von drei Jahren endet, werden vom Generalsekretär des Europarats unmittelbar nach der ersten Wahl durch das Los bestimmt.

(3) Um soweit wie möglich sicherzustellen, daß die Hälfte der Mitglieder der Kommission alle drei Jahre neu gewählt wird, kann das Ministerkomitee vor jeder späteren Wahl beschließen, daß die Amtsdauer eines oder mehrerer der zu wählenden Mitglieder nicht sechs Jahre betragen soll, wobei diese Amtsdauer jedoch weder länger als neun, noch kürzer als drei Jahre sein darf.

(4) Sind mehrere Ämter zu besetzen und wendet das Ministerkomitee den Absatz 3 an, so wird die Zuteilung der Amtsdauer vom Generalsekretär des Europarats unmittelbar nach der Wahl durch das Los bestimmt.

(5) Das Amt eines Mitglieds der Kommission, das an Stelle eines anderen Mitglieds, dessen Amt noch nicht abgelaufen war, gewählt worden ist, dauert bis Ende der Amtszeit seines Vorgängers.

(6) Die Mitglieder der Kommission bleiben bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger im Amt. Danach bleiben sie in den Fällen tätig, mit denen sie bereits befaßt waren.

Artikel 23.
Stellung der Amtszeit

Die Mitglieder der Kommission gehören der Kommission nur als Einzelpersonen an. Während ihrer Amtszeit dürfen sie keine Stellung innehaben, die mit ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als Mitglieder der Kommission oder mit der für dieses Amt erforderlichen Verfügbarkeit unvereinbar ist.

Artikel 24.
Recht der Appellation an die Kommission

Jeder Vertragschließende Teil kann durch Vermittlung des Generalsekretärs des Europarats die Kommission mit jeder angeblichen Verletzung der Bestimmungen der vorliegenden Konvention durch einen anderen Hohen Vertragschließenden Teil befassen.

Artikel 25.
Aktivlegitimation

(1) Die Kommission kann durch ein an den Generalsekretär des Europarats gerichtetes Gesuch jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen Organisation oder Personenvereinigung angegangen werden, die sich durch eine Verletzung der in dieser Konvention anerkannten Rechte durch einen der Hohen Vertragschließenden Teile beschwert fühlt, vorausgesetzt, daß der betreffende Hohe Vertragschließende Teil eine Erklärung abgegeben hat, wonach er die Zuständigkeit der Kommission auf diesem Gebiete anerkannt hat. Die Hohen Vertragschließenden Teile, die eine solche Erklärung abgegeben haben, verpflichten sich, die wirksame Ausübung dieses Rechts in keiner Weise zu behindern.

(2) Diese Erklärungen können auch für einen bestimmten Zeitabschnitt abgegeben werden.

(3) Sie sind dem Generalsekretär des Europarats zu übermitteln, der den Hohen Vertragschließenden Teilen Abschriften davon zuleitet und für die Veröffentlichung der Erklärungen sorgt.

(4) Die Kommission wird dir ihr durch diesen Artikel übertragenen Befugnisse nur ausüben, wenn mindestens sechs Hohe Vertragschließende Teile durch die in den vorstehenden Absätzen vorgesehenen Erklärungen gebunden sind.

Artikel 26.
Voraussetzung und Fristen für das Verfahren vor der Kommission

Die Kommission kann sich mit einer Angelegenheit erst nach Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsmittelverfahren in Übereinstimmung mit den allgemeinen anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts und innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Ergehen der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung befassen.

Artikel 27.
Zurückweisung von Gesuchen

(1) Die Kommission befaßt sich nicht mit einem gemäß Artikel 25 eingereichten Gesuch, wenn es

a) anonym ist;

b) mit einem schon vorher von der Kommission geprüften Gesuch übereinstimmt oder einer anderen internationalen Untersuchungs- oder Ausgleichsinstanz unterbreitet worden ist, und wenn es keine neuen Tatsachen enthält.

(2) Die Kommission behandelt jedes gemäß Artikel 25 unterbreitete Gesuch als unzulässig, wenn sie es für unvereinbar mit den Bestimmungen dieser Konvention, für offensichtlich unbegründet oder für einen Mißbrauch des Beschwerderechts hält.

(3) Die Kommission weist jedes Gesuch zurück, das sie gemäß Artikel 26 für unzulässig hält.

Artikel 28.
Verfahren

(1) Falls die Kommission das Gesuch annimmt,

a) hat sie zum Zweck der Tatsachenfeststellung mit den Vertretern der Parteien eine kontradiktorische Prüfung und, falls erforderlich, eine Untersuchung der Angelegenheiten vorzunehmen; die betreffenden Staaten haben, nachdem ein Meinungsaustausch mit der Kommission stattgefunden hat, alle Erleichterungen, die zur wirksamen Durchführung der Untersuchung erforderlich sind, zu gewähren;

b) hat sie sich zur Verfügung der beteiligten Parteien zu halten, damit eine gültige Regelung der Angelegenheit auf der Grundlagen der Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention niedergelegt sind, erreicht werden kann.

(2) Gelingt es der Kommission, eine gütliche Regelung zu erzielen, so hat sie einen Bericht anzufertigen, der den beteiligten Staaten, dem Ministerausschuß und dem Generalsekretär des Europarats zur Veröffentlichung zu übersenden ist. Der Bericht hat sich auf eine kurze Angabe des Sachverhalts und der erzielten Lösung zu beschränken.

Artikel 29.
Nachträgliche Zurückweisung

Die Kommission kann jedoch ein ihr gemäß Artikel 25 unterbreitetes Gesuch durch Beschluß mit einer Mehrheit von zwei Drittel ihrer Mitglieder auch nach der Annahme zurückweisen, wenn sie bei der Prüfung des Gesuchs feststellt, daß einer der in Artikel 27 bezeichneten Gründe für seine Unzulässigkeit vorliegt.

In diesem Fall wird die Entscheidung den Parteien mitgeteilt.

Artikel 30.
Streichung eines Gesuchs

(1) Die Kommission kann in jedem Stadium des Verfahrens entscheiden, ein Gesuch in ihrem Register zu streichen, wenn die Umstände Grund zur Annahme geben,

a) daß der Beschwerdeführer sein Gesuch nicht weiterzuverfolgen beabsichtigt,

b) daß die Sache einer Lösung zugeführt worden ist oder

c) daß es aus anderen von der Kommission festgestellten Gründen nicht länger gerechtfertigt ist, die Prüfung des Gesuchs fortzusetzen.

Die Kommission setzt jedoch die Prüfung eines Gesuchs fort, wenn die Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention niedergelegt sind, dies erfordern.

(2) Beschließt die Kommission, ein Gesuch nach der Annahme in ihrem Register zu streichen, so fertigt sie einen Bericht an, in dem der Sachverhalt und die mit Gründen versehene Entscheidung, das Gesuch zu streichen, enthalten sind. Der Bericht wird sowohl den Parteien als auch dem Ministerausschuß zur Kenntnis übermittelt. Die Kommission kann ihn veröffentlichen.

(3) Die Kommission kann die Wiedereintragung eines Gesuchs in ihr Register anordnen, wenn sie dies den Umständen nach für gerechtfertigt hält.

Artikel 31.
Bericht und Empfehlung an den Ministerausschuß

(1) Wird die Prüfung eines Gesuchs nicht gemäß Artikel 28 (Absatz 2). 29 oder 30 abgeschlossen, so hat die Kommission einen Bericht über den Sachverhalt anzufertigen und zu Frage Stellung zu nehmen, ob sich aus den festgestellten Tatsachen ergibt, daß der betreffende Staat seine Verpflichtungen aus der Konvention verletzt hat. In diesem Bericht können die Ansicht einzelner Mitglieder der Kommission über diesen Punkt aufgenommen werden.

(2) Der Bericht ist dem Ministerausschuß vorzulegen; er ist auch den beteiligten Staaten vorzulegen, die nicht das Recht haben, ihn zu veröffentlichen.

(3) Bei der Vorlage des Berichts an den Ministerausschuß hat die Kommission das Recht, von sich aus die ihr geeignet erscheinenden Vorschläge zu unterbreiten.

Artikel 32.
Entscheidung des Ministerausschusses

(1) Wird die Frage nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten, vom Datum der Vorlage des Berichts an den Ministerausschuß an gerechnet, gemäß Artikel 48 dieser Konvention, dem Gerichtshof vorgelegt, so entscheidet der Ministerausschuß mit Zweidrittelmehrheit der zur Teilnahme an den Sitzungen des Ausschusses berechtigten Mitglieder, ob die Konvention verletzt worden ist.

(2) Wird eine Verletzung der Konvention bejaht, so hat der Ministerausschuß einen Zeitraum festzulegen, innerhalb dessen der betreffende Hohe Vertragschließende Teil die in der Entscheidung des Ministerausschusses vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen hat.

(3) Trifft der betreffende Hohe Vertragschließende Teil innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraums keine befriedigenden Maßnahmen, so beschließt der Ministerausschuß mit der in vorstehendem Absatz (1) vorgeschriebenen Mehrheit, auf welche Weise seine ursprüngliche Entscheidung vollstreckt werden soll, und veröffentlicht den Bericht.

(4) Die Hohen Vertragschließenden Teile verpflichten sich, jede Entscheidung des Ministerausschusses, die in Anwendung der vorstehenden Absätze ergeht, für sich als bindend anzuerkennen.

Artikel 33.
Nichtöffentlichkeit der Kommissionssitzungen

Die Sitzungen der Kommission finden unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt.

Artikel 34.
Abstimmung

Vorbehaltlich der Artikel 20 (Absatz 3) und 29 trifft die Kommission ihre Entscheidungen mit Stimmenmehrheit der anwesenden und an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder.

Artikel 35.
Einberufung zu Sitzungen

Die Kommission tritt zusammen, so oft die Umstände es erfordern. Die Sitzungen werden vom Generalsekretär des Europarats einberufen.

Artikel 36.
Geschäftsordnung

Die Kommission setzt ihre Geschäftsordnung selbst fest.

Artikel 37.
Sekretariatsgeschäfte

Die Sekretariatsgeschäfte der Kommission werden vom Generalsekretär des Europarats wahrgenommen.

 

Abschnitt IV

Zusammensetzung, Aufgaben und Verfahren des Europäischen Gerichtshofs

Artikel 38.
Zahl der Richter

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte besteht aus ebensoviel Richter, wie der Europarat Mitglieder zählt. Dem Gerichtshof darf jeweils nur ein Angehöriger jedes einzelnen Staates angehören.

Artikel 39.
Wahl der Richter

(1) Die Mitglieder des Gerichtshofes werden von der Beratenden Versammlung mit Stimmenmehrheit aus einer Liste von Personen gewählt, die von den Mitgliedern des Europarats vorgeschlagen werden; jedes Mitglied hat drei Kandidaten vorzuschlagen, von denen mindestens zwei eigene Staatsangehörige sein müssen.

(2) Dasselbe Verfahren ist, soweit anwendbar, einzuschlagen, um den Gerichtshof im Falle späteren Beitritts anderer Staaten zu ergänzen und um freigewordene Sitze zu besetzen.

(3) Die Kandidaten müssen das höchste sittliche Ansehen genießen und müssen entweder die Befähigung für die Ausübung hoher richterlicher Ämter besitzen oder Rechtsgelehrte von anerkanntem Ruf sein.

Artikel 40.
Amtszeit der Richter

(1) Die Mitglieder des Gerichtshofs werden für einen Zeitraum von neuen Jahren gewählt. Ihre Wiederwahl ist zulässig. Jedoch läuft die Amtszeit von vier bei der ersten Wahl gewählten Mitgliedern nach drei Jahren, die Amtszeit von weiteren vier Mitgliedern nach sechs Jahren ab.

(2) Die Mitglieder, deren Amtszeit nach drei bzw. sechs Jahren ablaufen soll, werden unmittelbar nach der ersten Wahl vom Generalsekretär durch das Los bestimmt.

(3) Um soweit wie möglich sicherzustellen, daß ein Drittel der Mitgliedsstaaten des Gerichtshofs alle drei Jahre neu gewählt wird, kann die Beratende Versammlung vor jeder späteren Wahl beschließen, daß die Amtsdauer eines oder mehrerer der zu wählenden Mitglieder nicht neun Jahre betragen soll, wobei die Amtsdauer jedoch weder länger als zwölf, noch kürzer als sechs Jahre sein darf.

(4) Sind mehrere Ämter zu besetzen und wendet die Beratende Versammlung den Absatz (3) an, so wird die Zuteilung der Amtsdauer vom Generalsekretär des Europarats unmittelbar nach der Wahl durch das Los bestimmt.

(5) Ein Mitglied des Gerichtshofs, das zum Ersatz eines anderen Mitglieds gewählt wird, dessen Amtszeit noch nicht abgelaufen war, bleibt bis zum Ablauf des Amts seines Vorgängers im Amt.

(6) Die Mitglieder des Gerichtshofs bleiben im Amt bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger. Nach ihrer Ablösung bleiben sie in den Fällen tätig, mit denen sie bereits befaßt waren.

(7) Die Mitglieder des Gerichtshofs gehören dem Gerichtshof nur als Einzelpersonen an. Während ihrer Amtszeit dürfen sie keine Stellung innehaben, die mit ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als Mitglied des Gerichtshofs oder mit der für dieses Amt erforderlichen Verfügbarkeit unvereinbar ist.

Artikel 41.
Wahl des Präsidenten

Der Gerichtshof wählt seinen Präsidenten und einen oder zwei Vizepräsidenten für einen Zeitraum von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig.

Artikel 42.
Entschädigung der Richter

Die Mitglieder des Gerichtshofs enthalten für jeden Arbeitstag eine Entschädigung, deren Höhe vom Ministerausschuß festgesetzt wird.

Artikel 43.
Bildung einer Kammer

Die Prüfung jedes dem Gericht vorgelegten Falles erfolgt durch eine Kammer, die aus neun Richtern besteht. Der Richter, der Staatsangehöriger einer beteiligten Partei ist, - oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, eine von diesem Staat benannte Person, die in der Eigenschaft eines Richters an den Sitzungen teilnimmt - ist von Amts wegen Mitglied der Kammer, die Namen der anderen Richter werden vom Präsidenten vor Beginn des Verfahrens durch das Los bestimmt.

Artikel 44.
Parteilichkeit

Das Recht, vor dem Gerichtshof als Partei aufzutreten, haben nur die Hohen Vertragschließenden Teile und die Kommission.

Artikel 45.
Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Gerichtshofs umfaßt alle die Auslegung und Anwendung dieser Konvention betreffenden Fälle, die ihm nach Artikel 48 von den Hohen Vertragschließenden Teilen oder der Kommission unterbreitet werden.

Artikel 46.
Unterwerfung der Hohen Vertragschließenden Teile unter die Gerichtsbarkeit

(1) Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile kann jederzeit die Erklärung abgeben, daß er die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes ohne weiteres und ohne besonderes Abkommen für alle Angelegenheiten, die sich auf die Auslegung und die Anwendung dieser Konvention beziehen, als obligatorisch anerkennt.

(2) Die oben bezeichneten Erklärungen können bedingungslos oder unter der Bedingung der Gegenseitigkeit seitens mehrerer oder einzelner Vertragschließender Teile, oder unter Beschränkung auf einen bestimmten Zeitraum abgegeben werden.

(3) Diese Erklärungen sind beim Generalsekretär des Europarats zu hinterlegen; dieser übermittelt den Hohen Vertragschließenden Teilen Abschriften davon.

Artikel 47.
Voraussetzung einer Entscheidung

Der Gerichtshof darf sich mit einem Fall nur befassen, nach dem die Kommission anerkannt hat, daß die Versuche zur Erzielung eines Ausgleichs fehlgeschlagen sind, und nur vor Ablauf der in Artikel 32 vorgesehenen Dreimonatsfrist.

Artikel 48.
Legitimation für Klagen

Das Recht, ein Verfahren vor dem Gerichtshof anzustrengen, haben nur die nachstehend angeführten Stellen, und zwar entweder unter der Voraussetzung, daß der in Frage kommende Hohe Vertragschließende Teil, wenn mehrere beteiligt sind, der obligatorischen Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterworfen sind, oder aber, falls dies nicht zutrifft, unter der Voraussetzung, daß der einzige in Frage kommende Hohe Vertragschließende Teil oder sämtliche Hohe Vertragschließenden Teile zustimmen

a) die Kommission
b) der Hohe Vertragschließende Teil, dem der Vertreter angehört;
c) der Hohe Vertragschließende Teil, der die Kommission mit dem Fall befaßt hat;
d) der Hohe Vertragschließende Teil, gegen den sich die Beschwerde richtet.

Artikel 49.
Entscheidung über Zuständigkeit

Wird die Zuständigkeit des Gerichtshofs bestritten, so entscheidet dieser selbst.

Artikel 50.
Zubilligung eine Entschädigung

Erklärt die Entscheidung des Gerichtshofs, daß eine Entscheidung oder Maßnahme einer gerichtlichen oder sonstigen Behörde eines der Hohen Vertragschließenden Teile ganz oder teilweise mit den Verpflichtungen aus dieser Konvention in Widerspruch steht, und gestatten die innerstaatlichen Gesetze des erwähnten Hohen Vertragschließenden Teils nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Entscheidung oder Maßnahme, so hat die Entscheidung des Gerichtshofs der verletzten Partei gegebenenfalls eine gerechte Entschädigung zuzubilligen.

Artikel 51.
Urteilsverkündung

(1) Das Urteil des Gerichtshofes ist zu begründen.

(2) Bringt das Urteil im Ganzen oder in einzelnen Teilen nicht die übereinstimmende Ansicht er Richter zum Ausdruck, so hat jeder Richter das Recht, eine Darlegung seiner eigenen Ansicht beizufügen.

Artikel 52.
Rechtskraft

Die Entscheidungen des Gerichtshofs ist endgültig.

Artikel 53.
Unterwerfung unter die Entscheidung

Die Hohen Vertragschließenden Teile übernehmen die Verpflichtung, sich in allen Fällen, an denen sie beteiligt sind, nach Entscheidung des Gerichtshofs zu richten.

Artikel 54.
Vollstreckung der Entscheidung

Das Urteil des Gerichtshofs ist dem Ministerausschuß zuzuleiten; dieser überwacht seine Durchführung.

Artikel 55.
Geschäftsordnung

Der Gerichtshof gibt sich seine Geschäftsordnung und bestimmt die Verfahrensvorschriften.

Artikel 56.
Erste Wahl der Richter

(1) Die erste Wahl der Mitglieder des Gerichtshofs findet statt, sobald insgesamt acht Erklärungen der Hohen Vertragschließenden Teile gemäß Artikel 46 abgegeben worden sind.

(2) Vor dieser Wahl kann kein Verfahren vor dem Gerichtshof anhängig gemacht werden.

 

Abschnitt V

Nationale Garantie

Kosten, Immunität, Geltungsbereich

Beitritt, Kündigung

Artikel 57.
Gewährleistung der Konvention

Nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch den Generalsekretär des Europarats hat jeder Hohe Vertragschließende Teil die erforderlichen Erklärungen abzugeben, in welcher Weise sein inneres Recht die wirksame Anwendung aller Bestimmungen dieser Konvention gewährleistet.

Artikel 58.
Kosten

Die Kosten der Kommission und des Gerichtshofs werden vom Europarat getragen.

Artikel 59.
Immunität der Mitglieder der Kommission und des Gerichts

Die Mitglieder der Kommission und des Gerichtshofs genießen bei der Ausübung ihres Amtes die in Artikel 40 der Satzung des Europarats und den hiernach abgeschlossenen Abkommen vorgesehenen Vorrechte und Immunitäten.

Artikel 60.
Auslegungsregeln

Keine Bestimmung dieser Konvention darf als Beschränkung oder Minderung eines der Menschenrechte und grundsätzlichen Freiheiten ausgelegt werden, die in den Gesetzen eines Hohen Vertragschließenden Teils oder einer anderen Vereinbarung, an der er beteiligt ist, festgelegt sind.

Artikel 61.
Stellung zum Ministerausschuß des Europarates

Keine Bestimmung dieser Konvention beschränkt die durch Satzung des Europarats dem Ministerausschuß übertragenen Vollmachten.

Artikel 62.
Einfluß auf internationale Abkommen

Die Hohen Vertragschließenden Teile kommen überein, daß sie, es sei denn auf Grund besonderer Vereinbarungen, keinen Gebrauch von zwischen ihnen geltenden Verträgen, Übereinkommen oder Erklärungen machen werden, um von sich aus einen Streit um die Auslegung oder Anwendung dieser Konvention einem anderen Verfahren zu unterwerfen, als in der Konvention vorgesehen ist.

Artikel 63.
Erstreckung auf weitere Gebiete

(1) Jeder Staat kann im Zeitpunkt der Ratifizierung oder in Folge zu jedem anderen Zeitpunkt durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Mitteilung erklären, daß diese Konvention auf alle oder einzelne Gebiete Anwendung findet, für deren internationale Beziehungen er verantwortlich ist.

(2) Auf das oder die in der Erklärung bezeichneten Gebiete findet die Konvention vom dreißigsten Tage an, vom Eingang der Erklärung beim Generalsekretär des Europarats an gerechnet, Anwendung.

(3) In den genannten Gebiete werden die Bestimmungen dieser Konvention unter Berücksichtigung der örtlichen Notwendigkeit angewendet.

(4) Jeder Staat, der eine Erklärung gemäß Absatz (1) dieses Artikels abgegeben hat, kann zu jedem späteren Zeitpunkt für ein oder mehrere der in einer solchen Erklärung bezeichneten Gebiete erklären, daß er die Zuständigkeit der Kommission für die Behandlung der Gesuche von natürlichen Personen, nichtstaatlichen Organisationen oder Personengruppen gemäß Artikel 25 dieser Konvention annimmt.

Artikel 64.
Vorbehalte gegenüber Konventionsbestimmungen

(1) Jeder Staat kann bei Unterzeichnung dieser Konvention oder bei Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde bezüglich bestimmter Vorschriften der Konvention einen Vorbehalt machen, soweit ein zu dieser Zeit in seinem Gebiet geltendes Gesetz nicht mit der betreffenden Vorschrift übereinstimmt. Vorbehalte allgemeiner Art sind nach diesem Artikel nicht zulässig.

(2) Jeder nach diesem Artikel gemachte Vorbehalt muß mit einer kurzen Inhaltsangabe des betreffenden Gesetzes verbunden sein.

Artikel 65.
Kündigung der Konvention

(1) Ein Hoher Vertragschließender Teil kann diese Konvention nicht vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Tage, an dem die Konvention für ihn wirksam wird, und nur nach einer sechs Monate vorher an den Generalsekretär des Europarats gerichteten Mitteilung kündigen; der Generalsekretär hat den anderen Hohen Vertragschließenden Teilen von der Kündigung Kenntnis zu geben.

(2) Eine derartige Kündigung bewirkt nicht, daß der betreffende Hohe Vertragschließende Teil in bezug auf irgendeine Handlung, welche eine Verletzung dieser Verpflichtungen darstellen könnte, und von dem Hohen Vertragschließenden Teil vor Datum seines rechtswirksamen Ausscheidens vorgenommen wurde, von seinen Verpflichtungen nach dieser Konvention befreit wird.

(3) Unter dem gleichen Vorbehalt scheidet ein Vertragsteil aus dieser Konvention aus, der aus dem Europarat ausscheidet.

(4) Entsprechend den Bestimmungen der vorstehenden Absätze kann die Konvention auch für ein Gebiet gekündigt werden, auf das sie nach Artikel 63 ausgedehnt worden ist.

Artikel 66.
Beitritt weiterer Staaten

(1) Diese Konvention steht den Mitgliedern des Europarats zur Unterzeichnung offen; sie bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sind beim Generalsekretär des Europarats zu hinterlegen.

(2) Diese Konvention tritt nach der Hinterlegung von zehn Ratifikationsurkunden in Kraft.

(3) Für einen Unterzeichnerstaat, dessen Ratifikation später erfolgt, tritt die Konvention am Tage der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.

(4) Der Generalsekretär des Europarats hat allen Mitgliedern des Europarats das Inkrafttreten der Konvention, die Namen der Hohen Vertragschließenden Teile, die sie ratifiziert haben, sowie die Hinterlegung jeder später eingehenden Ratifikationsurkunde mitzuteilen.

Geschehen zu Rom, am 4. November 1950, in englischer und französischer Sprache, wobei die beiden Texte in gleicher Weise authentisch sind, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär wird allen Signatarstaaten beglaubigte Abschriften übermitteln.

 


 

1. Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952, BGBl. 1958/210

Entschlossen, Maßnahmen zur kollektiven Sicherung gewisser Rechte und Freiheiten außer denjenigen zu treffen, die bereits im Abschnitt I der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (nachstehend als "Konvention" bezeichnet) berücksichtigt sind,

vereinbaren die unterzeichneten Regierungen, die Mitglieder des Europarates sind, folgendes:

Artikel 1.

Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, daß das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.

Die vorstehenden Bestimmungen beeinträchtigen jedoch in keiner Weise das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern, sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.

Artikel 2.

Das Recht auf Bildung darf niemandem verwehrt werden. Der Staat hat bei der Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.

Artikel 3.

Die verpflichten sich, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen unter Bedingungen abzuhalten, die die freie Äußerung der Meinung des Volkes bei der Wahl der gesetzgebenden Organe gewährleisten.

Artikel 4.

Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile kann im Zeitpunkt der Unterzeichnung oder Ratifikation oder in der Folge zu jedem anderen Zeitpunkt an den Generalsekretär des Europarats eine Erklärung darüber richten, in welchem Umfang er sich zur Anwendung der Bestimmungen dieses Protokolls auf die in dieser Erklärung angegebenen Gebiete, für deren internationale Beziehungen er verantwortlich ist, verpflichtet.

Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile, der eine Erklärung gemäß dem vorstehenden Absatz abgegeben hat, kann von Zeit zu Zeit eine weitere Erklärung abgeben, die den Inhalt einer früheren Erklärung ändert oder die Anwendung der Bestimmungen dieses Protokolls auf irgendeinem Gebiet beendet.

Eine im Einklang mit diesem Artikel abgegebene Erklärung gilt als eine gemäß Artikel 63 Abs. 1 der Konvention abgegebene Erklärung.

Artikel 5.

Die Hohen Vertragschließenden Teile betrachten die Bestimmungen der Artikel 1, 2, 3 und 4 dieses Protokolls als Zusatzartikel zur Konvention; alle Vorschriften der Konvention sind dementsprechend anzuwenden.

Artikel 6.

Dieses Protokoll steht den Mitgliedern des Europarats, die die Konvention unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung offen; es wird gleichzeitig mit der Konvention oder zu einem späteren Zeitpunkt ratifiziert. Es tritt nach der Hinterlegung von zehn Ratifikationsurkunden in Kraft. Für jeden Unterzeichnerstaat, dessen Ratifikation später erfolgt, tritt das Protokoll am Tage der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.

Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt, der allen Mitgliedern die Namen der Staaten, die das Protokoll ratifiziert haben, mitteilt.

Geschehen zu Paris am 20. März 1952 in englischer und französischer Sprache, wobei die beiden Texte in gleicher Weise authentisch sind, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär wird allen Signatarstaaten beglaubigte Abschriften übermitteln.

Unterzeichnet in Paris am 13. Dezember 1957

 


 

die verfassungsmäßige Genehmigung des Nationalrats erhalten haben, erklärt der Bundespräsident diese Konvention unter dem

Vorbehalt,

daß

1. die Bestimmungen des Artikels 5 der Konvention mit der Maßgabe angewendet werden, daß die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl. Nr. 172/1950, vorgesehenen Maßnahmen des Freiheitsentzuges unter der in der österreichischen Bundesverfassung vorgesehenen nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof unberührt bleiben;

2. die Bestimmungen des Artikels 6 der Konvention mit der Maßgabe angewendet werden, daß die in Artikel 90 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 festgelegten Grundsätze über die Öffentlichkeit im gerichtlichen Verfahren in keiner Weise beeinträchtigt werden,

und von dem Wunsch geleitet, jede Unsicherheit betreffend die Anwendung des Artikels 1 des Zusatzprotokolls im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich vom 15. Mai 1955 zu vermeiden, das Zusatzprotokoll mit dem Vorbehalt, daß die Bestimmungen des Teiles IV "Aus dem Krieg herrührende Ansprüche" und des Teiles V "Eigentum, rechte und Interessen" des zitierten Staatsvertrags unberührt bleiben,

für ratifiziert und verspricht im Namen der Republik Österreich die gewissenhafte Erfüllung der in dieser Konvention samt Zusatzprotokoll enthaltenen Bestimmungen.

Zu Urkund dessen ist die vorliegende Ratifikationsurkunde vom Bundespräsidenten unterzeichnet, vom Bundeskanzler, vom Bundesminister für Inneres, vom Bundesminister für Justiz, vom Bundesminister für Unterricht, vom Bundesminister für soziale Verwaltung, vom Bundesminister für Finanzen, vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, vom Bundesminister für Handel und Wiederaufbau, vom Bundesminister für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft, vom Bundesminister für Landesverteidigung und vom Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten gegengezeichnet und mit dem Staatssiegel der Republik Österreich versehen worden.

Geschehen zu Wien, den 5. August 1958

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