"Pornokönig" - Eingeschränkte Haftung für Forenbetreiber: OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.6.2006, I-15 U 21/06
BGB § 823, § 1004
Der Antragsteller wurde in einem Forum von einem Dritten beleidigt und forderte vom Betreiber die Löschung. Nach einigen Nachfragen löschte der Betreiber. Danach kam es zu weiteren Beleidigungen. Der Kläger ließ den Betreiber abmahnen, dieser löschte wieder die beanstandeten Beiträge, gab aber die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab. Er sperrte die Nutzernamen, unter denen die Beiträge verfasst wurden, die Täter nutzten aber einen Anonymisierungsdienst und verfassten weitere Beiträge, die der Betreiber wieder löschte.
Das LG erließ eine einstweilige Verfügung, gegen die sich der Forenbetreiber wandte. Das Gericht stellte fest, dass er Störer ist und dass ihn, nachdem schon mehrere beleidigende Postings erfolgt waren, eine Verhinderungspflicht treffe. Er müsse das Forum in diesem Fall überwachen und nach Kenntnisnahme die dort veröffentlichten beleidigenden Inhalte unverzüglich löschen. Die Haftungsprivilegierung der §§ 9 bis 11 TDG gelte nicht gegenüber Unterlassungsansprüchen. Der Betreiber hätte der Haftung nur entgehen können, wenn er nachgewiesen hätte, dass er tatsächlich immer die inkriminierten Passagen unverzüglich entfernt habe.
Das OLG gab der Berufung Folge und wies den Sicherungsantrag zurück. Dem
Betreiber eines Meinungsforums obliegen keine allgemeinen Überwachungs- oder
Forschungspflichten dahingehend, ob rechtswidrige Inhalte überhaupt vorhanden
sind. Die Verpflichtung des Forumsbetreibers, Beiträge rechtsverletzender Art
unverzüglich zu löschen, entsteht erst mit der Kenntnisnahme von diesen
Äußerungen. Die Beweislast für die Erfüllung einer einmal entstandenen
Löschpflicht trägt der Forenbetreiber.
Allerdings ist der Forenbetreiber sehr wohl der allgemeinen Störerhaftung auch
für fremde Inhalte, die er sich nicht zu eigen gemacht hat, unterworfen, da die
Regelungen des TDG hinsichtlich der Haftungsprivilegierung auf die Störerhaftung
keine Anwendung finden. Diese Haftung setzt aber die Verletzung von
Prüfpflichten voraus; solche sind aber einerseits durch § 8 Abs. 2 TDG
ausgeschlossen und können, bezogen auf den Verfügungsbeklagten auch nicht aus
allgemeinen Grundsätzen abgeleitet werden. Bei der Beurteilung einer solchen
Prüfungspflicht ist danach zu fragen, inwieweit es dem als Störer in Anspruch
Genommenen technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist, die Gefahren
von Rechtsgutverletzungen zu vermeiden, welche Vorteile der Diensteanbieter aus
seinen Diensten zieht, welche berechtigten Sicherheitserwartungen der betroffene
Verkehrskreis hegen darf, inwieweit Risiken vorhersehbar sind und welche
Rechtsgutverletzungen drohen. Da der Verfügungsbeklagte als nicht
professioneller Forumsbetreiber tätig war und wirtschaftlich nicht daraus
profitierte, bestand auch in Anbetracht des Umstandes, dass im Hinblick auf die
Vorfälle in der Vergangenheit das Risiko weiterer Rechtsverletzungen bestand,
keine Prüfungspflicht.
Da der Verfügungsbeklagte anonyme Beiträge ermöglicht, kann er zwar als Störer
in Anspruch genommen werden, er ist aber trotzdem nur verpflichtet, ihm bekannt
gewordene Beiträge rechtsverletzender Art zu löschen.
- Entscheidung bei Netlaw
- Entscheidung bei JurPC
- LG Düsseldorf, Urteil vom 25.1.2006, 12 O 546/05 - Entscheidung bei netlaw.de