Tour de Link

7.2.6  Der Link als urheberrechtliche Bearbeitung?

Dass der Link keine urheberrechtliche Verwertungshandlung ist, heißt aber noch nicht, dass das visuelle Ergebnis eines Linkes, nämlich die Darstellung am Bildschirm des Internet-Users, nicht doch urheberrechtliche Relevanz haben kann. Wird das fremde Werk so dargestellt wie es veröffentlicht wurde, scheiden urheberrechtliche Anknüpfungspunkte aus; wird aber das Werk 

  1. auf der gelinkten Seite aus seinem gewollten Zusammenhang gerissen und/oder 
  2. auf der Linkseite in einen anderen, vom Werkersteller ungewünschten  Zusammenhang gebracht

kommt eine Verletzung des Werkschutzes nach § 21 UrhG im Sinne einer unzulässigen Werkveränderung oder Bearbeitung in Betracht. 

  1. Im ersten Fall setzt dies aber voraus, dass die Webseite, bei der nur auf einen Teil gelinkt wird, als Ganzes (das Frameset) ein urheberrechtlich schützenswertes Werk darstellen muss (zum Werkbegriff). Meist befindet sich aber das Werk, sei es Bild oder Text, im Hauptframe und die restlichen Frames sind nur für den Werkbegriff unwesentliches Beiwerk, sodass die Anwendbarkeit des Urheberrechtes am fehlenden Werkstatus scheitert.
  2. Im zweiten Fall muss ebenfalls die gelinkte Seite (sie kann hier auch eine ganze Seite, also kein Frame sein) Werkcharakter aufweisen. Der ungewünschte Zusammenhang kann schon dadurch entstehen, dass die Informationen über die Herkunft des Werkes verlorengehen oder der Eindruck entsteht, das Werk gehöre zur eigenen Website. Er kann auch darin liegen, dass das Werk in einem negativen Kontext dargestellt wird (z.B. Herabwürdigung der Linkseite, die über eine sachliche Kritik hinausgeht).
  3. Besonders problematisch kann natürlich die Kombination von 1. und 2. sein.

Bei der Beurteilung der Veränderung der Webseite durch den zwischengeschalteten Link ist aber zu beachten, dass die Darstellung von Webseiten rein optisch sehr unterschiedlich ausfällt, je nach dem, welchen Browser man verwendet. Was angezeigt wird, hängt nicht nur vom Typ des Browsers ab, sondern vor allem von dessen Alter und dessen Einstellungen. So sind beispielsweise immer noch Browser im Einsatz, die keine Frames darstellen können und die Sicherheitseinstellungen vieler User lassen die Ausführung von Skripts oder Applets nicht zu, die viele Webseiten zur Anzeige oder Navigation verwenden. Der Werkersteller, der im Internet veröffentlicht, muss sich dieser Dinge bewusst sein und damit rechnen, dass seine Inhalte sehr unterschiedlich ans Ziel kommen. Insbesondere muss er sich auch bewusst sein, dass, wenn er Frames verwendet, jeder einzelne Frame im Internet als eigenständiges Werk angesehen wird und seine zusammengesetzte Frame-Seite beim User u.U. nicht so ankommt. Problematisch ist es aber jedenfalls, fremde Werke in ein eigenes Frame-Set oder überhaupt mittels Inline-Link einzufügen.

Über die Einordnung des Linkes oder auch des sichtbaren Ergebnisses des Linkes unter das Urheberrecht wird sicher noch viel diskutiert werden. Nach meiner Meinung kann jedenfalls das Linken an sich als reines Verweisen auf eine andere Seite grundsätzlich keinen Urheberrechtsverstoß begründen. Auf jede Seite, die im Internet veröffentlicht ist, darf gelinkt werden; sie darf aber ohne Zustimmung des Urhebers in der Regel nicht ununterscheidbar mit eigenen Inhalten vermischt werden.

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