Rechtliche Grundlagen der Domainvergabe - Thesen und Antithesen zur Domainverwaltung in Österreich 1) von RA Dr. Clemens Thiele, LL.M. Tax (GGU), Salzburg
1. These: TKG als gesetzliche Grundlage der Domainverwaltung Scheinbar unbemerkt existieren zumindest in den Grundzügen schon seit über drei Jahren gesetzliche Grundlagen für Internet Domains. Das am 1.8.1997 in Kraft getretene Telekommunikationsgesetzt 1997 (TKG) 4) spricht im § 57 Abs. 2 die Kompetenz zur Zuteilung von "Addressierungselementen" der Regulierungsbehörde zu, die gemäß § 109 TKG von der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH wahrgenommen werden muss. Diese Behörde hat die Aufgabe, einen funktionsfähigen Wettbewerb auf den nationalen Telekommunikationsmärkten zu schaffen und sicher zu stellen. Adressierungselemente" werden in § 52 Z 1 TKG als Zeichen, Buchstaben, Ziffern und Signale zum gezielten Auswählen von Kommunikationsverbindungen definiert. Solche Kommunikationsparameter sind letztlich auch Top-Level-Domairs wie zB .at". Ein fully qualified domain name (zB http://www.springer.at) ist daher durchaus eine Adresse" gemäß § 52 Z 2 TKG iS einer Gesamtheit aller Adressierungselemente, die zur Festlegung des Zieles einer Kommunikationsverbindung dienen. Das ergibt sich im Übrigen schon daraus, dass die Vorläufer" der Domainnamen reine Ziffernfolgen des TCP/IP waren, die in Telekommunikationsnetzen zu Zwecken der Adressierung dienten 5).
2. These: Domainvergabe als Telekommunikationsdienst Ein Telekommunikationsdienst ist eine gewerbliche Dienstleistung, die in der Übertragung und/ oder Weiterleitung von Signalen auf Telekommunikationsnetzen besteht". Nach hM 6) bieten Internet(Service)-Provider Telekommunikationsdienste iS des § 3 Z 14 TKG an und unterliegen damit der Anzeigepflicht des § 13 Abs 1 TKG. Aus der zur Linkhaftung ergangenen E des OGH 7) ist mE zu folgern, dass es sich bei der NIC.AT zumindest um einen Service-Provider" handelt, der nur distanziert fremde Inhalte bereithält und unter bestimmten Voraussetzungen für den gesetzwidrigen Inhalt einer von ihm vermittelten Website haftet 8), sodass zumindest von einer Anzeigepflicht nach § 13 Abs 1 TKG der österreichischen Registrierungsstelle für .at-" Domains auszugehen ist. Eine diesbezügliche Anzeige ist nicht veröffentlicht 9). Die NIC.AT wäre damit als österreichische Registrierungsstelle für die Top-Level-Domain .at" ein anzeigepflichtiger Telekommunikationsdienst, der mit der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH einen entsprechenden - wohl verwaltungsrechtlichen - Vertrag abgeschlossen hat bzw haben müsste, wie dies in § 57 Abs 2 TKG vorgesehen ist. Auf Papier existiert dieser Vertrag (bisher) zwar nicht, doch das ändert nichts an der Rechtslagel 10).
3. These: Rechte und Pflichten der Domainregistrierungsstelle nach dem TKG Registrierungsstellen im Geltungsbereich des TKG 1997 können Domains somit nicht frei vergeben, sondern haben sich - ausgehend von der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe - einerseits an den Grundsatz der Gleichbehandlung zu halten, andererseits eine Reihe von Bestimmungen des 7. Abschnitts (§§ 52 bis 61 TKG) zu erfüllen. Insbesondere hätte sich die NIC.AT an die gemäß § 61 TKG vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu erlassenden Adressierungspläne zu halten. Darin könnte zB festgelegt werden, unter welchen Umständen ein Adressierungselement gekündigt` werden kann. Neben der Nichtbezahlung der Verwaltungsgebühren ist das zB auch bei Missbrauch möglich. Möglich wäre auch, dass gelöschte Adressierungselemente im Regelfall frühestens nach einer Wartefrist von zB 1 Monat delegiert werden könnten. Schließlich könnte auch die Registrierung von Domains zur gemeinsamen Nutzung durch mehrere erlaubt werden. Trotz dieser telekommunikationsrechtlichen Rahmenbestimmungen muss aber - analog zum Abschluss eines Telefonanschlussvertrages - davon ausgegangen werden, dass zwischen der Registrierungsstelle und dem Domaininhaber (dh dem Kunden der NIC.AT) ein privatrechtlicher und nicht ein verwaltungsrechtlicher Vertrag vorliegt 11). Gemäß § 58 TKG trifft die Domain-Registrierungsstelle die Verpflichtung, der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH gegenüber die für eine Verwaltung der zugeteilten Adressierungselemente notwendigen Auskünfte zu erteilen. Bemerkenswert ist, dass nach § 59 TKG aus der Zuteilung von Adressierungselementen an einen Bereitsteller kein Besitzrecht auf bestimmte Adressierungselemente erwachsen kann. Die NIC.AT kann lediglich das Recht zur Nutzung bestimmter Elemente erhalten.
Mit der gesetzlichen Kompetenz zur Zuteilung von Domainnamen dürfte auch die gesetzliche Grundlage zur Übertragung eines Domainnamens gegeben sein, um diesen zweckgebunden an einen anderen Nutzer zuzuweisen. Die gesetzlichen Grundlagen der §§ 57, 61 TKG könnten dazu genutzt werden, um eine eigene Verordnung über die Verwaltung des Internet-Bereichs oberster Stufe ,.at"` zu erlassen. Eine Verordnung über österreichische Domainnamen könnte aber auch Vergabekriterien und Regeln für Sonderfälle öffentlichen Interesses vorsehen. Eine solche Regelung könnte insb Sanktionen im Falle von Missbräuchen vorsehen (zB beim Domaingrabbing), sodass die unlautere Verwendung von Domains auch dort verfolgt werden kann, wo sich kein Kläger findet, der das Risiko eines Zivilprozesses eingehen kann und will. Damit ließe sich der Missbrauch effektiver bekämpfen als bisher.
Entgegen der weit verbreitenden Meinung, das Internet sei ein rechtsfreier Raum und die Domainregistrierung folge allein marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten (first come, first served), verfügt bereits die geltende österreichische Rechtsordnung über ein durchaus reichhaltiges Instrumentarium, die Domain-Verwaltung rasch im Verordnungswege zu regeln. Dies erscheint auch im Hinblick auf das tatsächliche Monopol der NIC.AT für die Registrierung von .at", .or.at" und .co.at"-Domains telekommunikationsrechtlich geboten. Offen bleibt allerdings die Frage, ob es tatsächlich sinnvoll ist, die Nutzung von bestimmten Domains iS einer Regulierung einzuschränken. Auf lange Sicht wird sich wohl nicht vermeiden lassen, die Verwendung und Registrierung von InternetDomains in Österreich sondergesetzlich zu regeln 15). Dabei bietet sich die Telekom-ControlKommission als weisungsungebundene Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iS von Art 20 Abs 2 iVm Art 133 Z 4 B-VG als Aufsicht an, die im Falle von Missbräuchen einschreiten soll.
In einer auf § 61 TKG fußenden Verordnung über Domainnamen könnten neben dem dringend notwendigen Wettbewerb bei der Domainvergabe alternative Verfahren zur Streiterledigung vorgesehen werden, wie dies auf internationaler Ebene mit Erfolg geschehen ist 16).
2) Vgl Thiele, "EU" - Neues Domain-Grundgesetz für Europa? RdW 2001, 140 f 3) 13.9.2000, 4 Ob 166/00s - fpo.at, ecolex 2001/54, 128 (Schanda) = MR 2000, 328 (Pilz) = ÖBl 2001, 30 (Schramböck) = RdW 2001/157, 141 = wbl 2001/69, 91 (Thiele); dazu Stomper, Verantwortung der Domain-Vergabestelle für Kennzeichenverletzungen, RdW 2001, 136 ff. 4) BGBl I 1997/100 idgF (mehrfach novelliert). 5) Vgl § 52 Z 3 TKG; ebenso Zanger/Schöll, TKG-Kommentar (2000), Rz 6 zu § 52 TKG. 6) Brandl, Telekommunikationsrecht in: Jahnel/ Schramm/Staudegger, Informatikrecht (2000), 201, 205; Zanger/Schöll, aa0 § 3 TKG Rz 116 ff und § 52 Rz 8 iS eines Bereitstellers". 7) 19.12.2000, 4 Ob 274/OOy - jobmonitor.com: Anders als etwa ein bloßer Service-Provider, der nur distanziert fremde Inhalte bereithält (zur Haftung eines Providers für den gesetzwidrigen Inhalt einer von ihm vermittelten Website vgl 4 Ob 166/OOs), gliedert der auf seiner Website einen Link setzende Anbieter. . ." 8) Vgl OGH 4 Ob 166/OOs - fpo.at (FN 3). 9) Vgl http://www.tkc.at im Menüpunkt Veröffentlichungspflichtige Rechtsakte/Liste der angezeigten Telekommunikationsdienste. 10) Siehe zur tatsächlichen Vergabepraxis der NIC.AT instruktiv Wolfsgruber, Internationale Domair-Verwaltung und Registrierung einer Domain unter ".at" in: Gruber/Mader, Internet und e-commerce (2000), 61. 11) Dazu im einzelnen Thiele, Verträge über Internet Domains, ecolex 2000, 210. 12) Siehe zB Pkt 1.4.1 der AGB, abrufbar unter http:// www.nic.at/german/agbs.html. 13) Eine Verpflichtung der NIC.AT bestimmte Domains zu registrieren besteht mE nicht; vgl jüngst ebenso LG Frankfurt 22.3.2000, 3/8 O 153/99, zur Vergabepraxis der DENIC e.G. 14) Siehe www.nic.at/german/ipa.html 15) Vgl das US-amerikanische Beispiel des ACPA, dazu Thiele, US-amerikanisches Gesetz gegen Domaingrabbing, wbl 2000, 549. 16) Zum Streitbeilegungsverfahren der WIPO siehe Thiele, Recht und billig - Das
Internet-Domain-Schiedsgericht der WIPO, RdW 2001, 3 ff mwN. |
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