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M-Love

Liebes-SMS: Der schmale Grat vom Spam zum Betrug

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M-Commerce - "Mobile Commerce" - hatten wir schon, wenn er auch noch nicht besonders weit verbreitet ist; was verbirgt sich aber jetzt hinter "M-Love"? Nach verschiedenen Medienberichten (SN 10.12.2002, Standard 30.1.2003) werden Handy-besitzer zunehmend mit einer neuen Art von "Spam" konfrontiert. SMS des Inhalts "Ich habe mich in Dich verliebt und muss es Dir endlich sagen! Weißt Du, wer ich bin? Ruf zurück, 0900/xxx" sollen den Empfänger neugierig machen. Womit der Empfänger nicht rechnet, ist, dass er mit dem Wählen dieser Nummer einen kostenpflichtigen Dienst in Gang setzt, dessen Auswirkungen er erst Wochen später auf seiner Handy-Rechnung zu spüren bekommt.

Ganz besonders perfid sind diese Botschaften deshalb, weil sie besonders auf das Interesse Jugendlicher zugeschnitten sind, die bekanntlich zu den Haupt-Handy-Nutzern gehören. Waren Botschaften wie "Ruf an, ich heize Dir ein" noch relativ eindeutig und kaum jemand dachte dabei an die Werbung eines Brennstoffhändlers, so sind die neuen Botschaften unverfänglicher. Bestimmte Zielgruppen dürften darauf hereinfallen, ansonsten würde niemand den Aufwand für die SMS treiben. Noch ist das Wissen über die Kostenpflichtigkeit von 0900-Nummern nicht allgemein verbreitet und das muss noch rasch ausgenutzt werden, schließlich sind bis zu 3,36 Euro pro Minute und Anrufer kein Pappenstiel. Masse macht Kasse. Und wer weiß, wie lange der Gesetzgeber noch zuschaut. 

In verschiedenen Kommentaren wurde als mögliche Gegenwehr auf die Möglichkeit einer Anzeige wegen unzulässiger Telefonwerbung verwiesen. Tatsächlich sind nach § 101 TKG (Telekommunikationsgesetz) unerbetenen Werbungen verwaltungsrechtlich strafbar. Ursprünglich nur für Telefonwerbung geschaffen, wurde diese Bestimmung später auf E-Mails ausgedehnt. Dabei ist die Bestimmung aber so allgemein gefasst, dass auch SMS darunter fallen. Voraussetzung für eine Verwaltungsstrafe nach § 104 TKG (bis EUR 36.336) ist die "Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken.

Es stellt sich aber die Frage, ob die eingangs angeführte Mitteilung als Werbung qualifiziert werden kann. Obgleich als "Liebeswerben" formuliert, ist der Inhalt der Botschaft weniger eine Bewerbung einer eigenen Leistung als eine Verleitung zu einer - wie sich später zeigen wird - schädigenden Handlung. Damit gelangen wir aber in das Gebiet des (gerichtlichen) Strafrechts und zwar zu § 146 StGB - Betrug.

Betrügerisch handelt, wer in der Absicht sich zu bereichern einen anderen durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung verleitet, die diesen am Vermögen schädigt. Wenn man diesen gesetzlichen Tatbestand auf diese SMS anwendet, sieht man gleich, dass die Subsumption bei lauter "No - Na" - Antworten endet. Wir haben es also eindeutig mit Betrugsfällen zu tun und nicht mit Werbe-E-Mails. Es geht hier nämlich nicht um Werbung. Werbung betreibt, wer eine eigene Leistung anpreist, damit sie in Anspruch genommen wird. Der Werbekunde weiß dabei im vorhinein, dass er zu einem - in der Regel - kostenpflichtigen Geschäft überredet werden soll. Er kann sich - abgesehen von der psychologischen Willensbeeinflussung - frei entscheiden. Hier soll er aber unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu etwas verleitet werden, das ihn, ohne dass er es zunächst weiß, schädigt. Man wird mir jetzt vielleicht entgegenhalten, dass das auch bei konventioneller Werbung vorkommen kann. Mag sein, aber die grundsätzliche Zielrichtung ist jedenfalls eine andere.

Worin liegt aber der praktische Unterschied? Nun, vor allem in der Gegenwehr. Statt einer (Verwaltungs-)Strafanzeige beim zuständigen Fernmeldebüro (siehe dazu unter), ist eine Strafanzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft das richtige Mittel. Vorteile dieser Vorgangsweise sind die Möglichkeit der Privatbeteiligung, die Verständigung vom Verfahrensergebnis, ein möglicher Zuspruch des Schadens und eine bessere Verfolgbarkeit vor allem über Grenze.

Sie sollten diesen Weg allerdings nicht gehen, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob das Liebes-SMS nicht doch Ihnen gegolten hat und nicht Ihrer Brieftasche. Sonst könnten peinliche Verwicklungen daraus entstehen.

Was Sie aber nicht vergessen sollten, ganz gleich, welchen Weg Sie wählen, ist, bei Ihrem Mobilfunkbetreiber die Sperre der kostenpflichtigen Nummern zu beantragen.

6.2.2003

Nachtrag vom 26.3.2002:
Siehe dazu auch: Georg Wilhelm, "Ich habe mich in dich verliebt - bitte ruf 0900 87654...", ecolex 2003, 73.
Wilhelm behandelt auch die Frage der Schadenersatzpflicht des Handy-Betreibers und kommt zum Schluss, dass dieser für das Verhalten des Diensteanbieters haftet und daher seinen Entgeltsanspruch für diese Anrufe verliert, weil der Kunde mit seinem Schadenersatzanspruch aufrechnen kann.

Franz Schmidbauer