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Das neue Unternehmensstrafrecht

Am 1.1.2006 ist das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz in Kraft getreten.

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Mit der Einführung eines Unternehmensstrafrechtes, das auf verschiedenen EU- und anderen internationalen Vorgaben beruht, betritt Österreich Neuland. Ein gerichtliches Verfahren war bisher immer an individuelles Verschulden einer natürlichen Person gebunden. Nur in Ausnahmefällen gab es schon bisher Strafmöglichkeiten gegen Unternehmen, etwa im Kartellgesetz ((§ 137) und im UWG (§ 19), die aber keine Bedeutung erlangt haben. Daneben gab es in einigen Verfahren Haftungen von Unternehmen als Nebenbeteiligte, so etwa im Medienrecht (§ 35) oder im Lebensmittelrecht (§ 69 LMG).

Was ist der Hintergrund der Novelle? Die Komplexität größerer Unternehmen bringt es mit sich, dass häufig die Verantwortung auf viele Mitarbeiter aufgesplittet ist. Kommt es in solchen Fällen zu strafbaren Handlungen, ist die Schuld des einzelnen Beteiligten unter Umständen so gering, dass eine strenge Bestrafung nicht in Frage kommt. Dagegen kann der Vorteil, den das Unternehmen daraus zieht, enorm sein. Ein bloß zivilrechtlicher Anspruch schien für einen Ausgleich ungeeignet, weil bei einem solchen wiederum das Prozessrisiko zu einem Ungleichgewicht führt. Die internationalen Vorgaben ließen die Möglichkeit einer verwaltungsstrafrechtlichen oder einer gerichtlichen Intervention. Österreich hat sich nach eingehender Diskussion für die Eingliederung in die Strafgerichtsbarkeit entschieden.

Nach dem neuen Gesetz können nun auch gegen Verbände Strafverfahren geführt werden. Als Verbände anzusehen sind alle juristische Personen, aber auch bestimmte Personengesellschaften. Voraussetzung ist, dass im Rahmen des Verbandes von Personen, die für den Verband handeln, eine Straftat begangen wurde, und zwar entweder zu seinen Gunsten oder in Verletzung einer ihn treffenden Pflicht, wobei die Voraussetzungen unterschiedlich sind, je nachdem ob die Straftat von einem einfachen Mitarbeiter oder von einem Verbandsverantwortlichen begangen wurde.

Zuständig für das Verbandsstrafverfahren ist das Gericht, das für die handelnde Person zuständig ist; das kann ein Bezirksgericht oder Landesgericht sein. Die Strafverfahren gegen den eigentlichen Täter und den Verband sind in der Regel gemeinsam zu führen. Bei Verurteilung droht dem Verband eine am Unternehmensertrag orientierte Geldbuße. Die maximale Verbandsgeldbuße beträgt 180 Tagessätze, die Höhe des Tagessatzes bis zu EUR 10.000. Auch Diversion ist möglich. Die Verfolgung erfolgt durch den Staatsanwalt, wobei dieser einen Ermessensspielraum hat, ob er ein Verbandsstrafverfahren einleitet.

Das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz finden Sie hier.

5.2.2006

Franz Schmidbauer

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