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Haftung für Ehrenbeleidigung im Gästebuch

LG Feldkirch, Beschluss vom 5.5.2004, 3 R 142/04m

ABGB § 1330

*****   Zusammenfassung   *****

Im Gästebuch der Website der beklagten Tourismusgesellschaft wurden Ehrenbeleidigungen über den Kläger gepostet, die diese erst über Aufforderung durch den Kläger löschte.

Das Erstgericht wies den Antrag auf einstweilige Verfügung ab, weil durch die anstandslose Löschung der Inhalte die Wiederholungsgefahr weggefallen sei.

Das LG als Rekursgericht gibt dem Unterlassungsbegehren statt. Die Wiederholungsgefahr sei nicht weggefallen, weil die Beklagte weiterhin die Verantwortlichkeit für das Gästebuch bestreite und weil sie offenbar überhaupt keine Kontrolle durchführe. Sowohl eine Ehrenbeleidigung nach § 1330 Abs 1 ABGB als auch eine Rufschädigung nach Abs 2 setzen ein Verbreiten der Äußerung voraus. Unter den Begriff des Verbreitens falle auch das technische Verbreiten; die Beklagte habe durch die Zurverfügungstellung ihrer Website für Gästebucheintragungen die verfahrensgegenständlichen Äußerungen verbreitet. Die Beklagte treffe eine Prüfpflicht im Sinne einer regelmäßigen Beobachtung der Foren und Löschung inkriminierender Textstellen.

*****   Entscheidung   *****

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter des Landesgerichtes Hofrat Dr. Künz als Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Dr. Bildstein und die Richterin Dr. Kempf als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei (im Folgenden: Kläger) J*** E***, Haus "M***", vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (im Folgenden: Beklagte) L*** Tourismus GmbH, vertreten durch Mag. Klaus Tusch & Partner, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 10.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bludenz vom 24.3.2003, 3 C 146/04 x-4, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird darin abgeändert, dass er lautet:
Dem Gegner der gefährdeten Partei wird aufgetragen, auf ihrer Website www.l***-z***.at und insbesondere auf dem Gästebuch dieser Website, die Veröffentlichung bzw Zulassung von Äußerungen des Inhalts
"Haus-M***@nicht-betreten.at
!!! Warnung!!!
Vor: J*** E***, Haus M*** !!!!
Der schlechteste Wirt von Österreich
- Unfreundlich, Teuer, Null Service, Null Bock
- J*** meldet seine Gäste nicht bei der Gemeinde an.
- Er betreibt in seinem Keller eine Bar ohne Konzession.
- Er schickt seine Gäste zum Parken auf den S***parkplatz, weil er keine Lust hat, Platz frei zu räumen
- Er verbreitet Lügen über seinen Bruder H***.
An alle Gäste: Dieses Haus unbedingt meiden.
An alle L***: Jagt diesen Mann mit Schimpf und Schande vom Berg. Der schädigt Eueren guten Ruf, genau wie den seines toten Bruders."
sowie ähnliche Äußerungen zu unterlassen.

Die einstweilige Verfügung wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 3 C 146/04 x des Bezirksgerichtes Bludenz erlassen.
Die gefährdete Partei hat die Kosten des Provisorial- und des Rekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen.
Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat die Kosten des Provisorial- und Rekursverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 4.000,--, nicht aber insgesamt EUR 20.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.

Begründung:

Mit der am 11.3.2004 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Veröffentlichung bzw Zulassung von Äußerungen mit dem im Spruch ersichtlichen Inhalt auf ihrer Website, insbesondere im Gästebuch dieser Website zu unterlassen und brachte im Wesentlichen zusammengefasst vor, die veröffentlichten Äußerungen stellten eine vorsätzliche Ehrenbeleidigung dar und schädigten den privaten und wirtschaftlichen Ruf des Klägers. Sie gefährdeten auch den Kredit und das Fortkommen des Klägers und seien daher tatbestandsmäßig im Sinne des § 1330 ABGB. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung dafür Sorge zu tragen, dass ehrenrührige und verleumderische Beiträge nicht ins Gästebuch gelangen, nicht nachgekommen und habe auch über entsprechende Aufforderung des Klägers die inkriminierenden Textpassagen nicht zur Gänze gelöscht. Die Wiederholungsgefahr ergebe sich schon aus der Tatsache, dass nicht alle Bezug habenden Gästebucheintragungen gelöscht worden seien. Mit der Klage wurde ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden und vorgebracht, der Kläger habe ein rechtliches Interesse an der Erlassung der einstweiligen Verfügung, da Grund zur Besorgnis bestehe, dass die Beklagte ihr rechtswidriges Verhalten fortsetze bzw weitere derartige Einträge im Gästebuch veröffentliche. Dem Kläger drohe durch dieses Verhalten der Beklagten ein unwiederbringlicher materieller wie auch immaterieller Schaden.

Die Beklagte bestritt, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und sprach sich auch gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Sie brachte im Wesentlichen zusammengefasst vor, beim Gästebuch auf ihrer Website handle es sich um ein freies Medium, in welches jeder User seine persönliche Meinung, die nicht zwingend die Ansichten der Beklagten wiederspiegelten, wiedergeben könne. Die Beklagte habe den elektronischen Leserbrief nicht veröffentlicht und somit den Ruf des Klägers bzw seines Betriebes nicht geschädigt. Auch sei sie nicht verpflichtet, täglich das Gästebuch zu überprüfen und inkriminierende Texte sofort zu löschen. Im Übrigen sei nach Aufforderung des Klägers der Leserbrief unverzüglich aus dem Gästebuch entfernt worden. Zwischenzeitlich seien auch die weiteren Eintragungen gelöscht worden, es bestehe keine Wiederholungsgefahr.

Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des Klägers auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab und sprach aus, dass die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten bleibt. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Die Beklagte betreibt die Website www.l***-z***.at. Auf dieser Website befindet sich ein "Gästebuch", in welches die User persönliche Beiträge und Kommentare direkt und online platzieren können.
Im Gästebuch findet sich ein Hinweis der Beklagten darauf, dass die im Gästebuch dargestellten Meinungen nicht zwingend die Ansichten der Beklagten widerspiegeln. Weiters wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte sich vorbehält, Einträge, deren Inhalt vom Betreiber der Website als extrem bedenklich oder stark rufschädigend angesehen werden, ohne Kommentar zu löschen.

Am 26.2.2004 wurde in diesem Gästebuch folgender Kommentar eines Users unter dem Pseudonym "Chriss C***" veröffentlicht:
"Haus-M***@nicht-betreten.at
!!! Warnung!!!
Vor: J*** E***, Haus M*** !!!!
Der schlechteste Wirt von Österreich
- Unfreundlich, Teuer, Null Service, Null Bock
- J*** meldet seine Gäste nicht bei der Gemeinde an.
- Er betreibt in seinem Keller eine Bar ohne Konzession.
- Er schickt seine Gäste zum Parken auf den S***parkplatz, weil er keine Lust hat, Platz frei zu räumen
- Er verbreitet Lügen über seinen Bruder H***.
An alle Gäste: Dieses Haus unbedingt meiden.
An alle L***: Jagt diesen Mann mit Schimpf und Schande vom Berg. Der schädigt Eueren guten Ruf, genau wie den seines toten Bruders.
Trotzdem lieben wir L***!!!
Chriss C***"

Der Kläger übermittelte der Beklagten am 5.3.2004 um 9.21 Uhr eine Faxmitteilung, in welcher er die Beklagte aufforderte, den Leserbrief binnen 2 Stunden nach Erhalt dieser Faxmitteilung aus dem Gästebuch ihrer Website zu entfernen. Daraufhin löschte die Beklagte unverzüglich die inkriminierte Textpassage.
Es kann nicht festgestellt werden, dass auf der Website der Beklagten zunächst noch die E-Mail Adresse "Haus-M***@nicht-betreten.at" sichtbar war.
Am selben Tag übersandte der Kläger über seinen Rechtsvertreter eine weitere Faxmitteilung an die Beklagte, in welcher die Beklagte aufgefordert wurde, die Passage "Haus-M***@nicht-betreten.at" und "Beitrag: Warnung vor Haus M***" zu entfernen.
Folgende Eintragung löschte die Beklagte nicht aus der Website:
"2004-03-5/J*** G***
gipfel@gmx
Beitrag: Warnung vor Haus M***.
Hallo Gebi,
Ich muss euch loben, dass bei
dem Beitrag von Chris nicht die Zensur gegriffen hat.
Vor allem, weil ich weiß, dass er 100 pro der Wahrheit entspricht.
Weiter so
Grüße J***."
Dieser Eintrag sowie sämtliche weiteren auf den Kommentar des Users Chriss C*** Bezug nehmenden Einträge, welche ohnedies keine inkriminierenden Äußerungen mehr enthielten, wurden von der Beklagten spätestens am 18.3.2004 um 17.40 Uhr gelöscht.
Ausgehend von diesem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt vertrat das Erstgericht in der rechtlichen Beurteilung die Auffassung, gemäß § 381 EO könnten zur Sicherung anderer als Geldansprüche einstweilige Verfügungen getroffen werden, wenn zu besorgen sei, dass derartige Verfügungen zur Abwehr eines unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen. Nach dem Vorbringen des Klägers drohe ein unwiederbringlicher Schaden, da die inkriminierten Äußerungen eine vorsätzliche Ehrenbeleidigung darstellten und eine Schädigung des privaten und wirtschaftlichen Rufes des Klägers erwarten ließen. Bei Eingriffen in die Ehre oder den wirtschaftlichen Ruf einer Person werde die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens auch ohne Behauptung und Bescheinigung besonderer Umstände bejaht, weil die Auswirkungen einer Ehrverletzung oder Rufschädigung kaum zu überblicken seien und sich durch Geldersatz nicht völlig ausgleichen ließen. Nach der Rechtsprechung sei der Medieninhaber bzw Betreiber einer Website grundsätzlich verantwortlich für die auf der Website veröffentlichten Diskussionsbeiträge oder Kommentare von Usern. Er oder seine Mitarbeiter müssten dafür Sorge tragen, dass ehrenrührige Äußerungen, die im Medium (Internet) veröffentlicht worden seien, ehestmöglich entfernt werden. Eine allgemein gültige Frist zur Löschung eines Beitrages sei von der Judikatur nicht vorgegeben worden. Vielmehr komme es auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei die zugestandene Reaktionszeit auch zur Schnelligkeit des Mediums ins Verhältnis zu setzen sei. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte die inkriminierten Äußerungen über Aufforderung des Klägers umgehend gelöscht. Auch sämtliche Kommentare, die ohnedies keine inkriminierenden Äußerungen mehr enthielten, seien von der Website entfernt worden. Dem Kläger drohe daher kein unwiederbringlicher Schaden mehr. Dem Kläger sei es auch nicht gelungen zu beweisen, dass eine Wiederholungsgefahr vorliege. Weder die E-Mail Adresse "Haus M***@nicht-betreten.at" noch der Textteil "Beitrag: Warnung vor Haus M***" seien tatbildlich im Sinne des § 1330 ABGB. Der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung sei daher abzuweisen.

Der Kläger ficht diesen Beschluss mit Rekurs an, macht als Rekursgründe eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer gänzlichen Antragsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte hat in ihrer Rekursbeantwortung den Antrag gestellt, dem gegnerischen Rekurs einen Erfolg zu versagen.
Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtssatz

Der Kläger macht als Verfahrensmangel geltend, das Erstgericht habe die von den Parteien angebotenen Zeugen- und Parteieneinvernahme nicht durchgeführt. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, es hätte im Antrag ausdrücklich begründet werden müssen, dass die namhaft gemachten Auskunftspersonen jederzeit stellig gemacht werden, sei nicht richtig. Das Gesetz verlange nur die sofortige Ausführbarkeit der Beweisaufnahme, nicht aber das Angebot der Parteien, die Auskunftspersonen stellig zu machen. Die Aufnahme dieser Bescheinigungsmittel hätte ergeben, dass die Textpassage "Haus M***@nicht-betreten.at" zunächst nicht gelöscht wurde. Das bedeute, dass die Wiederholungsgefahr aufgrund der zögerlichen und unvollständigen Entfernung der inkriminierten Textpassagen jedenfalls zu bejahen sei.

Das Rekursgericht teilt die Auffassung des Klägers, dass das Gesetz nur die sofortige Ausführbarkeit der Beweisaufnahme, nicht aber das Angebot der Parteien, die Auskunftspersonen selbst stellig zu machen, verlangt (vgl RIS-Justiz RS005289). Daraus folgt, dass die Tatsache, dass der Kläger eine Stelligmachung der von ihm angebotenen Auskunftspersonen im mit der Klage verbundenen Antrag auf einstweilige Verfügung nicht angeboten hat, nicht bedeutet, dass die Beweisaufnahme nicht sofort ausführbar ist. Allerdings kommt der Feststellung, die nach den Rekursausführungen bei Durchführung der Beweisaufnahme getroffen hätte werden können, aus rechtlicher Sicht keine Bedeutung zu. Schon der vom Erstgericht als bescheinigt angenommene Sachverhalt rechtfertigt die Erlassung der einstweiligen Verfügung im beantragten Umfang, weshalb der geltend gemachte Verfahrensmangel sich nicht zu Lasten des Rekurswerbers auswirkt.

In der Rechtsrüge vertritt der Kläger den Standpunkt, bei § 1330 ABGB handle es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Auch die bloße Möglichkeit, einer mit einer Ehrenbeleidigung verbundenen Kränkung und gesellschaftlichen Ächtung per se stelle einen unwiederbringlichen Schaden dar. Es liege auf der Hand, dass die bösartigen Verunglimpfungen nicht nur abstrakt, sondern konkret geeignet seien, dem Kläger einen massiven Schaden zuzufügen. Die Wiederholungsgefahr sei aufgrund der festgestellten Störungshandlung anzunehmen. Auch bei einer einmaligen Gesetzesverletzung könne die Wiederholungsgefahr nur dann verneint werden, wenn der Verletzer - somit die Beklagte - besondere Umstände dartue, die eine Wiederholung der gesetzwidrigen Handlung ausgeschlossen oder zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lasse. Dieser Beweis sei der Beklagten nicht gelungen. Sie bestreite im Schriftsatz vielmehr ihre Verantwortlichkeit für den Inhalt des Gästebuchs. Der lange Zeitraum (26.2. bis 5.3.2004), während dem die Passagen im Gästebuch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien, lasse darauf schließen, dass die Beklagte überhaupt keine Kontrolle des Gästebuches vornehme bzw äußerst nachlässig handhabe. Auch daraus sei eine Wiederholungsgefahr abzuleiten. Es sei zu erwarten, dass aufgrund der angeheizten Diskussion weitere inkriminierende Äußerungen getätigt werden. Aus der Darstellung der Beklagten sei zu erschließen, dass diese vom Kläger auch künftig erwarte, dass er die Kontrollaufgabe selbst übernehme, das Gästebuch also regelmäßig kontrolliere und bei der Beklagten um die Löschung entsprechender Passagen bitte. Im Übrigen stellten sowohl die Textpassage "Haus-M***@nicht-betreten.at" als auch der Passus "Warnung vor Haus M***" Äußerungen dar, die tatbestandsmäßig im Sinne des § 1330 ABGB seien.

Hiezu hat das Rekursgericht erwogen:
Der Kläger stützt seinen Unterlassungsanspruch auf § 1330 ABGB. Wenn jemandem durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schaden oder Entgang des Gewinnes verursacht wurde, ist er nach § 1330 Abs 1 ABGB berechtigt, den Ersatz zu fordern. Gemäß § 1330 Abs 2 erster Satz ABGB gilt dies auch dann, wenn jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährdet und deren Unwahrheit er kannte oder kennen musste. Beides sind Fälle deliktischer Haftung. § 1330 ABGB schützt die Ehre der Person, Abs 2 leg. cit. auch ihren wirtschaftlichen Ruf (6 Ob 20/95; 6 Ob 119/99i mwN). Der wirtschaftliche Ruf genießt wie die persönliche Ehre absoluten Schutz (RIS-Justiz RS0008987). Droht die Gefahr einer Verletzung, so steht bei Wiederholungsgefahr auch ohne Vorliegen der für Widerruf und Veröffentlichung im § 1330 ABGB normierten Voraussetzungen ein Unterlassungsanspruch zu. Dieser Unterlassungsanspruch ist vom Verschulden unabhängig (RIS-Justiz RS0008984). Ist sowohl der Tatbestand des § 1330 Abs 1 als auch der Tatbestand des Abs 2 erfüllt, steht dem Beeinträchtigten ein Wahlrecht zu, auf welche Bestimmung er seinen Unterlassungsanspruch stützt (RIS-Justiz RS0031990).

Dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Äußerungen um eine Rufschädigung handelt, die gleichzeitig eine Ehrenbeleidigung im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB ist, wurde von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht in Abrede gestellt und wird auch in der Rekursbeantwortung nicht geltend gemacht. Sowohl eine Ehrenbeleidigung nach § 1330 Abs 1 ABGB als auch eine Rufschädigung nach Abs 2 setzen ein Verbreiten der Äußerung voraus (RIS-Justiz RS0102047), wobei in den Fällen einer Rufschädigung, die zugleich eine Ehrenbeleidigung ist, der Verletzte nur die Tatsachenverbreitung, nicht aber die Unwahrheit der verbreiteten Tatsachen zu beweisen hat (Korn-Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 73; 4 Ob 31/92 in MR 1992, 203 ua). Unter den Begriff des "Verbreitens" fällt jede Mitteilung einer Tatsache, mag sie im Einzelfall als eigene Überzeugung hingestellt werden oder als bloße Weitergabe einer fremden Behauptung auftreten. Eine intellektuelle Beziehung des Verbreiters zum weitergegebenen Gedankeninhalt ist nicht erforderlich (6 Ob 220/01y). Auch das technische Verbreiten wird grundsätzlich durch § 1330 ABGB erfasst (6 Ob 2071/96v; RIS-Justiz RS0031781). In einer Homepage aufscheinende ehrenrührige Äußerungen werden "verbreitet" im Sinne des § 1330 ABGB (6 Ob 307/00s; 6 Ob 190/03i; RIS-Justiz RS0114804).
Nach der Rechtsprechung kann ein wegen einer Ehrenbeleidigung oder wegen Rufschädigung geltend gemachte Unterlassungsanspruch durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden, ohne dass es einer Gefahrenbescheinigung bedarf (6Ob 6/03f; RIS-Justiz RS0011399). Beim Eingriff in die Ehre, aber auch in den wirtschaftlichen Ruf einer Person droht nämlich ein unwiederbringlicher Schaden, zu dessen Abwendung eine einstweilige Verfügung notwendig erscheint, weil die Auswirkungen einer Ehrverletzung oder Rufschädigung kaum zu überblicken sind und sich durch Geldersatz nicht völlig ausgleichen lassen (8 Ob 80/01k; RIS-Justiz RS0011400).

Jeder Unterlassungsanspruch setzt aber die Rechtswidrigkeit der begangenen oder drohenden Eingriffshandlung voraus, das heißt die Rechtswidrigkeit bzw Rechtfertigungsgründe sind auch bei einem verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch zu beachten. So ergeben sich nach der Rechtsprechung Rechtfertigungsgründe durch eine umfassende Interessenabwägung. Stets müssen den Interessen am gefährdeten Gut auch die Interessen des Handelnden und die der Allgemeinheit gegenübergestellt werden. Eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte würde zu einer unübertragbaren Einschränkung der Interessen anderer und auch jener der Allgemeinheit führen (6 Ob 119/99i mit Judikaturnachweisen). Ein solcher Rechtfertigungsgrund wurde in der Rechtsprechung dem Betreiber eines Online-Archivs zugestanden und ausgesprochen, dass es einem Betreiber eines Online-Archivs zumeist unmöglich sei, die Fülle der in seinem Archiv gespeicherten Informationen auf allfällige Gesetzesverstöße zu prüfen. Ohne Hinweis des Verletzten auf einen Eingriff in seine Rechte oder dessen Aufforderung zur Beseitigung könne eine Prüfpflicht des Betreibers nicht gefordert werden (6 Ob 274/03t RIS-Justiz RS0118525). Das Oberlandesgericht Wien vertrat in der Entscheidung 18 Bs 20/02 zu § 6 MedienG die Auffassung, dass gerade bei Diskussionsforen im Internet die gebotene journalistische Sorgfalt verlange, in Kenntnis eines emotinal stark besetzten Themas Maßnahmen für den Fall zu treffen, dass ehrenrührige Äußerungen ehestmöglich, das heißt unter zumutbarem Einsatz von Personal und Hilfsmitteln, entfernt werden. Überforderten die eingelangten Beiträge die vorhandenen Mittel, Rechtsgutverletzungen entgegenzusetzen, so dürften derartige Foren nicht oder nur in eingeschränktem Maße angeboten werden (MR 2002, 73).
Aus oben Gesagtem ergibt sich, dass die Beklagte durch die Zurverfügungstellung ihrer Website für Gästebucheintragungen die verfahrensgegenständlichen Äußerungen im Sinne des § 1330 ABGB verbreitet hat. Auch wenn sie keinen Einfluss auf den Inhalt der ins Gästebuch auf der Website platzierten Kommentare hat, kann sie sich nicht erfolgreich auf einen Rechtfertigungsgrund berufen. Es trifft die Beklagte, die dieses Forum anbietet, eine Prüfpflicht im Sinne einer regelmäßigen Beobachtung der Foren und Löschung inkriminierender Textstellen. Dieser Beobachtungs- und Prüfpflicht, die beklagterseits im erstinstanzlichen Verfahren dezidiert in Abrede gestellt wurde, wurde nicht entsprochen, weil der verfahrensgegenständliche Kommentar am 26.6.2004 veröffentlicht und erst am 5.3.2004 über Aufforderung des Klägers gelöscht wurde. Das bedeutet zusammengefasst, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch, der durch einstweilige Verfügung ohne konkrete Gefahrenbescheinigung gesichert werden kann, gegenüber der Beklagten zusteht.
Das Rekursgericht teilt die Rechtsansicht des Erstgerichts, es liege keine Wiederholungsgefahr mehr vor, nicht. Sind die Tatsachenbehauptungen auch ehrenbeleidigend im Sinne des § 1330 ABGB, ist eine Gefahrenbescheinigung nicht erforderlich. Es steht aber dem Beklagten offen, die schon aufgrund seiner Äußerung entstandene Vermutung, er werde sie auch wiederholen, zu entkräften. Der Beklagte muss nachweisen, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (6 Ob 51/01v; 6 Ob 6/03f). Das bedeutet hier, dass allein die Tatsache, dass die Beklagte die Äußerung löschte, die Wiederholungsgefahr nicht beseitigte, zumal sie im erstinstanzlichen Verfahren den Standpunkt einnahm, zur Prüfung der im Gästebuch veröffentlichten Kommentare nicht verpflichtet zu sein. Es liegen daher keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, die Beklagte werde in Hinkunft ernstlich durch Prüfung und Beobachtung ihrer Homepage dafür Sorge tragen, dass den Kläger beleidigende Einschaltungen gelöscht werden.
In Stattgebung des Rekurses war der angefochtene Beschluss im Sinne einer Antragsstattgebung abzuändern.

Der Kläger hat gemäß § 393 EO sowohl die Kosten des Provisorialverfahrens als auch die Kosten seines erfolgreichen Rekurses vorläufig - unbeschadet eines Anspruchs im Hauptverfahren - selbst zu tragen. Die Beklagte hat, da sie im Provisorialverfahren unterlag, ihre Kosten endgültig selbst zu tragen.
Da - soweit für das Rekursgericht überschaubar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob der Betreiber einer Homepage, der ein Forum zur Eintragung von Kommentaren, auf deren Inhalt er keinen Einfluss hat, zur Verfügung stellt, eine einen Rechtfertigungsgrund ausschließende Prüf- und Beobachtungspflicht trifft, nicht existiert, war der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig zu erklären.

Landesgericht Feldkirch
Abt. 3, am 5. Mai 2004

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