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Aktienpower-Werbung an Rechtsanwalt

LG f ZRS Graz, Urteil vom 23.1.2006, 1 R 13/06y

TKG § 107, ECG § 7,  KSchG § 1

*****   Zusammenfassung   *****

Die Beklagte schickte den klagenden Rechtsanwälten, die nicht in der ECG-Liste der RTR-GmbH eingetragen waren, ungebeten den Newsletter "Aktienpower".

Das Erstgericht wies die Unterlassungsklage ab.

Das Berufungsgericht bestätigt. Werbung für Aktiengeschäfte betrifft auch die unternehmerische Tätigkeit eines Rechtsanwaltes. Darüber hinaus bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil die den Versand durchführende Nebenintervenientin unmittelbar nach den rechtlichen Schritten der Kläger diese auf ihre Blacklist gesetzt habe.

*****   Entscheidung   *****

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, Marburgerkai 49, Abteilung 1, hat als Berufungsgericht durch die Richter Dr. Hans Jud (Vorsitz) und Dr. Wolfgang Prisching und Dr. Christine Katter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** OEG, vertreten durch Biedermann & Belihart Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei G*** M***, vertreten durch Dr. Peter Sziberth, Rechtsanwalt in 8151 Hitzendorf, und des auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Firma e*** KEG, vertreten durch Dr. MMag. Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterlassung (Streit- und Berufungsstreitwert € 2.180,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Gleisdorf vom 7.11.2005, 6 C 181/05y-22, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und dem Nebenintervenienten die jeweils mit E 534,44 (darin E 89,07 USt) bestimmten Kosten ihrer Berufungsbeantwortungen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt nicht € 4.000,--. Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Beklagte, die nebenberuflich für die Firma Aktienpower tätig ist, erteilte der Nebenintervenientin, der Firma e*** KEG den Auftrag zur Gestaltung eines Newsletter "Aktienpower - Wir machen Sie zum Börsenprofi". Mit der Versendung des Werbe-E-Mails beauftragte die Nebenintervenientin die Firma T*** Softwareentwicklungs GmbH, die das Werbe-E-Mail in der Folge an rund 80000 Unternehmen versendete; die Adressen dafür stammten aus dem Herold-Verzeichnis, welches die Firma TripleM von der Herold Marketing GmbH angekauft hatte. Die Kläger, niedergelassene Rechtsanwälte in Wien, erhielten das Werbe-E-Mail am 3.2.2005 unter ihrer E-Mail-Adresse: kanzlei@b***.at. Mit dieser E-Mail-Adresse ist die klagende Partei im Herold-Verzeichnis unter Branchenübergruppe 1 Wirtschafts- und Rechtsdienste/Dienstleistungen angeführt. Sie ist nicht in die Robinson-Liste der RTR-GmbH nach § 7 Abs 2 ECG eingetragen. Sie hat sich auch nicht vom Newsletter abgemeldet.

Mit der am 7.2.2005 erhobenen Klage begehren die Kläger die Beklagte schuldig zu erkennen, ab sofort elektronische Post (per E-Mail) als Massensendung oder zu Werbezwecken an die Kläger - ohne deren ausdrückliche Einwilligung - zu unterlassen. Die Kläger seien als Konsumenten iSd KSchG anzusehen und habe die Beklagte dadurch gegen § 107 TKG verstoßen, sodass die Kläger berechtigt seien, die Unterlassung des widerrechtlichen Eingriffes zu begehren. Insbesondere würden die von der Beklagten ausgelobten Leistungen nicht zum Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei gehören.

Die Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Sie habe nicht gegen § 107 TKG verstoßen, da die Kläger nicht als Konsumenten anzusehen seien. Eine Anlageberatung könne ebenso zum Geschäftsbetrieb einer Rechtsanwaltskanzlei gehören. Im Übrigen habe die Beklagte selbst keine E-Mails versandt, sondern habe damit die Firma e*** KEG beauftragt. Ihr sei ein nach den Vorschriften des ECG entsprechender Versand garantiert und ausdrücklich zugesichert worden, dass nur Unternehmen das Werbe-E-Mail erhalten würden. Auch die Firma e*** KEG, der von der Beklagten der Streit verkündet wurde und die in das gegenständliche Verfahren als Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten eintrat, bestritt das Klagebegehren. Insbesondere brachte sie vor, dass die Versendung des von ihr gestalteten Newsletters durch die Firma T*** Softwareentwicklungs GesmbH unter Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmung erfolgt sei. Vor der Aussendung des E-Mails sei nicht nur die Robinsonliste abgerufen, sondern auch die Negativliste der Firma e***, auf die alle negativen Reaktionen auf frühere Newsletter-Ausssendungen vermerkt worden seien. Die Kläger seien auf keiner dieser Listen vermerkt gewesen. Nach Erhalt von Informationen über die Klagsschritte habe die Firma e*** KEG sofort dafür gesorgt, dass die Kläger künftig keine E-Mails mehr erhalten werden. Eine Wiederholungsgefahr liege daher nicht vor.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte das Erstgericht noch fest, dass als Absender des Werbe-E-Mails der Name der Beklagten ersichtlich war und am Ende des E-Mails die Möglichkeit geboten wurde, sich durch entsprechendes Anklicken vom Newsletter automatisch abzumelden. Aus dem Werbe-E-Mail war eindeutig ersichtlich, dass sich die Beklagte für die Aussendung ihres Newsletters einer Marketingfirma bedient hatte. Nachdem die Nebenintervenientin von den rechtlichen Schritten der Kläger gegen (die Beklagte erfahren hatte, nahm sie die Kläger sofort in ihre unternehmensintern geführte "Blacklist" auf. Es ist daher ausgeschlossen, dass die klagende Partei von der Firma e*** KEG oder von deren Auftraggeber künftig Werbe-E-Mails erhält.

Ausgehend von diesen Feststellungen kam das Erstgericht rechtlich zum Schluss, dass die Kläger nicht als Verbraucher iSd KSchG anzusehen seien, sodass kein Verstoß gegen § 107 TKG vorliege, da den Klägern die Möglichkeit eingeräumt worden sei, den Empfang weiterer Nachrichten abzulehnen. Es liege daher kein unzulässiger Eingriff in die Rechte der Kläger vor und bestehe das Unterlassungsbegehren daher nicht zu Recht. Im Übrigen fehle es auch an der notwendigen Wiederholungsgefahr, die aufgrund einer einmaligen Zusendung eines Werbe-E-Mails nicht zu befürchten sei, zumal der Nebenintervenient Umstände dartun konnte, die eine Wiederholung seiner Handlung als ausgeschlossen oder zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Gegen dieses Urteil in seinem gesamten Umfang richtet sich die Berufung der Kläger mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Als Berufungsgrund wird unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Die Beklagte und der Nebenintervenient bekämpfen in den Berufungsbeantwortungen das Vorliegen des geltend gemachten Berufungsgrundes und beantragen, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtssatz

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu. Die Berufungsausführungen sind nicht geeignet, Zweifel dahingehend zu erwecken, dass das Werbe-E-Mail den Klägern nicht in ihrer Eigenschaft als Unternehmer zugeschickt wurde.

Nach § 107 Abs 2 TKG ist die Zusendung einer elektronischen Post (einschließlich SMS) an Verbraucher iSd § 1 Abs 1 Z 2 KSchG ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn 1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder 2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist. Nach Abs 4 ist die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS an andere als die im Abs 2 genannten Empfänger ohne vorherige Einwilligung des Empfängers zulässig, wenn der Versender dem Empfänger in der elektronischen Post oder in der SMS ausdrücklich die Möglichkeit einräumt, den Empfang weiterer Nachrichten abzulehnen.

Wer Verbraucher ist, charakterisiert § 1 Abs 1 KSchG in Form einer negativen Umschreibung: Verbraucher ist der, für den das in Frage stehende Rechtsgeschäft nicht zum Betrieb seines Unternehmens gehört. Wer über kein Unternehmen verfügt, ist daher immer Verbraucher (EVB1 1981/5; 1981/189); doch kann auch Verbraucher sein, wer ein Unternehmen hat: Dies dann, wenn das abgeschlossene Geschäft nicht zum Betrieb des Unternehmens gehört. Der Verbraucherbegriff hängt vom Begriff des Unternehmers und des Unternehmens bzw. davon ab, ob das Geschäft als zum Unternehmensbetrieb gehörig qualifiziert werden kann (Krejci in Rumme13, § 1 KSchG Rz 4 mwN; RIS Justiz RS0065366). Im vorliegenden Fall sind die Kläger Rechtsanwälte und sind im Herold-Verzeichnis unter der Branchengruppe Wirtschaft und Rechtsdienste/Dienstleistungen angeführt. Sie üben daher einen freien Beruf aus und sind Unternehmensträger (Krejci aa0, Rz 18). Somit fallen die Kläger grundsätzlich unter die Bestimmung des § 107 Abs 4 TKG, wonach die Zusendung einer elektronischen Post - an sie als Unternehmer - zulässig ist, wenn ihnen - wie im vorliegenden Fall - eine Ablehnmöglichkeit zum Empfang weiterer Nachrichten eingeräumt wurde. Ob der Inhalt der Werbe-E-Mail dem Unternehmensbetrieb des empfangenden Unternehmens betrifft, erwähnt § 107 Abs 4 TKG nicht, vielmehr ist ausschließlich das Vorliegen eines Unternehmens maßgeblich (Burgstaller in ecolex 2004, 905) .

Selbst wenn man den gegenteiligen Meinungen, die von den Berufungswerbern zitiert wurden (Fraiss, RdW 2004/5) folgt, kann daraus für die Kläger kein besserer Standpunkt abgeleitet werden:

Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, liegt dem KSchG ein beweglicher Verbraucherbegriff zu Grunde und gehören zum Betrieb eines Unternehmens nicht nur die zum Gegenstand des Unternehmens unmittelbar zählenden Geschäfte, sondern alle, die in irgendeinem auch nur entfernten, aber erkennbaren Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers stehen. Dazu gehören alle Geschäfte, die dem Unternehmensinteresse, der Erhaltung der Unternehmenssubstanz oder der Erzielung eines Gewinnes dienen. Die Rechtsprechung ist hier sehr großzügig und sind damit alle Haupt-, Hilfs- und Nebengeschäfte gemeint, die irgendwie den Unternehmensinteressen dienen (Krecji aa0, Rz 22). Im vorliegenden Fall bot die Beklagte in ihrem Newsletter Infoseminare zur Vermittlung von Know-how für die Veranlagung von Vermögen in Aktien an. Da, wie bereits das Erstgericht ausführte, Rechtsanwälte auch in Treuhandfunktionen tätig sein können und auch mit der Geldveranlagung ihrer Klienten betraut werden, hat auch das Berufungsgericht keinen Zweifel daran, dass der Inhalt des Werbe-E-Mails im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Kläger steht. Das HG Wien erachtete beispielsweise ein per E-Mail an eine Rechtsanwaltskanzlei ohne deren Aufforderung gesendetes Angebot der Schaltung von Stelleninseraten in einem Printmedium von ihrer Unternehmenseigenschaft umfasst (HG Wien, 60 R 47/05z; MR 2005, 269). Auch die vom Berufungswerber zitierte Entscheidung des Handelsgerichtes Wien vom 8.4.2005, 1 R 33/05g, verneinte einen Verstoß gegen § 107 TKG, wonach einem Buchhalter ein Werbemail über Umsatz- oder Gewinnmöglichkeiten im Ausland geschickt wurde. Die weiters von den Berufungswerbern zitierte Entscheidung 35 R 571/05b des Landesgerichtes für ZRS Wien ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, da dort einem Rechtsanwalt Hydrokulturen angeboten wurden, bei denen es sich nicht um Waren oder Dienstleistungen handelt, die typischerweise für das Unternehmen eines Rechtsanwalts sind.

Was die von den Berufungswerbern bejahte Wiederholungsgefahr anlangt, ist auszuführen, dass diese als materiell-rechtliche Voraussetzung jedes Unterlassungsanspruches - so auch das von der Klägerin auf § 354 ABGB, § 107 TKG gestützte Begehren dann zu verneinen ist, wenn der Verletzer besondere Umstände dartun kann, die eine Wiederholung seiner Handlung als ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (ÖBl 1996, 35). Da nach den unbekämpften Feststellungen feststeht, dass die Nebenintervenientin, nachdem sie von den rechtlichen Schritten der Kläger gegen die Beklagten erfahren hatte - die Klage wurde im Übrigen bereits zwei Tage nach Erhalt des E-Mails verfasst - die Kläger sofort in ihre unternehmensintern geführte "Black-list" aufnahm und es daher ausgeschlossen ist, dass die Klägerin von der Firma e*** KEG oder von deren Auftraggeber künftig Werbe-E-Mails erhalten, hat das Erstgericht zutreffend die Wiederholungsgefahr verneint.

Das Erstgericht hat daher insgesamt zutreffend das Unterlassungsbegehren abgewiesen und war der Berufung der Kläger ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes erfolgt gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit a) ZPO unter Zugrundelegung der bereits in erster Instanz erfolgten Bewertung des Unterlassungsbegehrens.

Graz, am 23.1.2006

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