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Werbe-E-Mail an Rechtsanwalt

LG f ZRS Wien, Urteil vom 24.2.2006, 36 R 69/06y

TKG § 107

*****   Zusammenfassung   *****

Der beklagte Unternehmer schickte dem klagenden Rechtsanwalt E-Mail-Werbung für Klimatechnik und Alarmanlagen; dieser schickte eine Unterlassungsaufforderung und klagte die Kosten hiefür ein.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Das Berufungsgericht bestätigt. Der Kläger wurde durch die Mail in seiner Eigenschaft als Unternehmer angesprochen. Ein Rechtsanwalt ist bei Geschäften, die zum Betrieb seiner Kanzlei gehören, Unternehmer. Dazu zählen alle Geschäfte, die bei der Ermöglichung, Förderung oder Erhaltung des Unternehmens anfallen können sowie auch bloße Hilfsgeschäfte, die irgendwie dem Unternehmensinteresse dienen können.

*****   Entscheidung   *****

Das Landesgericht für ZRS Wien als Berufungsgericht erkennt durch Dr. Alois Lehbauer als Vorsitzenden sowie Mag. Peter Weiß und Dr. Edith Dopsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. G*** A***, Rechtsanwalt, wider die beklagte Partei C*** K***, Unternehmer,  vertreten durch Dr. Sascha König, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen EUR 350,-- s. A., infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 5. 12. 2005, 6 C 888/05v - 11, gemäß § 501 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 139,01 (darin enthalten EUR 23, 17 USt.) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig (§ 502 Ab ZPO).

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte die Bezahlung seiner Kosten von mindestens EUR 350,--, die ihm dadurch entstanden wären, dass er den Beklagten zur Unterlassung der Zusendung unerbetener Emails mit Werbeinhalt auffordern habe müssen. Der Beklagte habe nämlich am 18. 4. 2005 ein Email mit eindeutigem Werbeinhalt an den Kläger versandt. Er habe niemals seine Einwilligung dazu erteilt und sei im gegenständlichen Fall ein Verbraucher im Sinne des KSchG, da das Mail in keinem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt stehe. Er sei deshalb vom Schutzbereich des § 107 Abs 2 TKG als Verbraucher umfasst, wonach das Versenden von elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung oder an mehr als 50 Empfänger ohne Einwilligung des Empfängers unzulässig sei.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und brachte vor, dass er sich an den Kläger in seiner Eigenschaft als Unternehmer gewandt habe und das angebotene Produkt dem Kläger bei der technischen Ausstattung seiner Büroräumlichkeiten nützlich hätte sein können.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen und jene Feststellungen getroffen, die auf den AS 59 bis 67 (Seiten 3 bis 7 der Urteilsausfertigungen) enthalten sind. Rechtlich gelangte es zu dem Ergebnis, dass der Kläger als Unternehmer im Sinn des KSchG anzusehen sei, da er in dieser Eigenschaft kontaktiert worden sei. Der Beklagte habe ihm seine Dienstleistungen für die Kanzleiräumlichkeiten angeboten und ihn nicht als Konsument angesprochen. Die Schutzbestimmung des § 107 Abs 2 TKG sei nicht zur Anwendung gekommen und die klagsgegenständlichen Kosten müssten daher durch den Beklagten nicht ersetzt werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen  Beurteilung mit dem Antrag, dieses im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Berufung ist nicht berechtigt.
Gemäß § 107 Abs 4 TKG (in der geltenden Fassung) ist die Zusendung elektronischer Post, die nicht an Verbraucher im Sinn des KSchG gerichtet ist, auch ohne Einwilligung des Empfängers zulässig, wenn diesem - wie hier - ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt wird, den Empfang weiterer Nachrichten abzulehnen.
Im gegenständlichen Fall hat sich das Email des Beklagten an den Kläger in seiner Eigenschaft als Unternehmer gerichtet. Ein Rechtsanwalt ist bei Geschäften, die zum Betrieb seiner Kanzlei gehören, Unternehmer. Dazu zählen alle Geschäfte, die bei der Ermöglichung, Förderung oder Erhaltung des Unternehmens anfallen können sowie auch bloße Hilfsgeschäfte, die irgendwie dem Unternehmensinteresse dienen können. So ist beispielsweise die Schaltung von Stelleninseraten mit der Tätigkeit einer Rechtsanwaltskanzlei nicht grundsätzlich unvereinbar (vgl. HG Wien, 60 R 47/05z). Dasselbe gilt im gegenständlichen Fall für das Anbieten einer Internetsteuerung für Klimatechnik, Alarmanlagen etc. Der Umstand, dass der Beklagte auf seiner Internetseite die von ihm eingerichtete Klimatechnik bei Großanlagen als Referenzprojekte präsentiert, lässt nicht zwingend darauf schließen, dass er seine Dienste nicht auch kleineren Unternehmen anbieten möchte. Solche kleineren Unternehmen könnten wohl vielmehr durch die dargestellte erfolgreiche Realisierung von Großprojekten von der Kompetenz des Unternehmens überzeugt werden.

Der § 107 des Telekommunikationsgesetzes 2003 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 133/2005, wonach § 107 Abs 2 des TKG 2003 nicht mehr auf Verbraucher beschränkt wird und Abs 4 entfällt, tritt mit 1. März 2006 in Kraft. Diese Neufassung der genannten Bestimmung war deshalb dieser Entscheidung noch nicht zugrundezulegen.

Auch im Falle der (von der Berufung behaupteten) EU-Rechtswidrigkeit muss § 107 Abs 4 TKG aus Gründen der Rechtssicherheit angewendet werden. Art 13 der e-Communication Richtlinie kann nicht unmittelbar wirksam werden, da Richtlinienbestimmungen keine unmittelbare horizontale Wirkung entfalten. Richtlinien wenden sich nur an Mitgliedstaaten, weshalb sich ein Einzelner gegenüber einer anderen Privatperson vor nationalen Instanzen nicht direkt auf eine Richtlinie berufen kann (HG Wien, 60 R 44/05h, Fischer/Köck/Karollus, Europarecht4, Rz 1275).

Daraus folgt, dass der Kläger mangels rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten nicht berechtigt ist, die begehrten Kosten von diesem zu fordern.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
 

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