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Aktfotos (U-Bahn-Express)

OGH, Beschluss vom 16.12.2003, 4 Ob 211/03p

UrhG § 78

*****   Zusammenfassung   *****

Die Klägerin ließ sich von der Modellagentur der Erstbeklagten vermitteln und vom Zweitbeklagten zunächst Fotos und dann auch Aktfotos anfertigen, die in Papier- und Online-Medien veröffentlicht wurden. Dabei wurde vereinbart, dass die Veröffentlichungs- und Verwertungsrechte unwiderruflich und uneingeschränkt beim Zweitbeklagten bleiben und die Klägerin 20 Prozent vom Veröffentlichungshonorar erhält. 500 bis 600 Fotos wurden angefertigt. Nach Geldstreitigkeiten kündigte die Klägerin und untersagte die weitere Verwendung der Fotos, was von den Beklagten nicht eingehalten wurde, weshalb sie auf Unterlassung klagte.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH gab dem Unterlassungsbegehren teilweise Folge. Nacktfotos betreffen regelmäßig den Kern der Persönlichkeit. In diesem höchstpersönlichen Intimbereich überwiegen deshalb im Interessenkonflikt des § 78 UrhG ungeachtet einer einmal erteilten Veröffentlichungsermächtigung - mag diese auch unwiderruflich und uneingeschränkt eingeräumt worden sein - regelmäßig die Interessen des Abgebildeten, auch wenn dieser einem Berufsfotografen Modell gestanden ist. Schon die schlichte Mitteilung des Betroffenen, dass er eine Veröffentlichung von Nacktfotos künftig nicht mehr wünsche, ist als wirksamer Widerruf einer einmal erteilten Einräumung von Rechten am eigenen Bild zu beurteilen. Auf Gründe für diesen Gesinnungswandel kommt es nicht an. Von einem solchen Widerruf unberührt bleiben Rechte des Fotografen auf Ersatz der vorangegangenen Aufwendungen, dies unter Anrechnung der ihm auf Grund bisheriger Veröffentlichungen zugeflossenen Entgelte.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Judith K*****, vertreten durch Mag. Franz Galla, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Nelly S*****, 2. Manfred B*****, beide vertreten durch Mag. Heinz Wolfbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 10.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 27. August 2003, GZ 4 R 98/03s-10, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 28. März 2003, GZ 10 Cg 30/03x-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des bestätigten Teils wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Der zweitbeklagten Partei wird für die Dauer dieses Rechtsstreits aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, Aktfotos zeigend die klagende Partei im Internet zum Abruf bereit zu stellen und/oder auf welche Art immer zu verbreiten und/oder an Dritte weiterzugeben. Das Mehrbegehren, der erstbeklagten Partei aufzutragen, es ab sofort zu unterlassen, Aktfotos zeigend die klagende Partei im Internet zum Abruf bereit zu stellen und/oder auf welche Art immer zu verbreiten und/oder an Dritte weiterzugeben; in eventu die in den Ausgaben der Tageszeitung Wiener Krone vom 14. 10. 2002 und 31. 12. 2002 sowie auf den Internetseiten www.krone.at und www.manfredb***** veröffentlichten Aktfotos zeigend die klagende Partei im Internet auf Abruf bereit zu stellen und/oder auf welche Art immer zu verbreiten und/oder an Dritte weiter zu geben, wird abgewiesen."
Die klagende Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die beklagten Parteien haben die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen.

Begründung:

Die am 15. 3. 1976 geborene Klägerin sprach am 19. 7. 2001 in der Modellagentur der Erstbeklagten vor, weil sie - wie auch schon zuvor - als Fotomodell tätig werden wollte. Sie füllte einen Bewerbungsbogen aus und legte eigenes Fotomaterial zur Ansicht vor. Bei dieser Gelegenheit lernte sie den Zweitbeklagten kennen, der mit ihr eine Vereinbarung abschloss, die ua folgende Bestimmungen enthält: "Ich stelle mich [Name des Zweitbeklagten] aus freien Stücken für Fotoaufnahmen zur Verfügung. Die Rechte der Fotoaufnahmen bleiben bei [Name des Zweitbeklagten]. Mit meiner Unterschrift erkläre ich mich einverstanden, die Veröffentlichungs- und Verbreitungsrechte der von mir gemachten Aufnahmen an [Name des Zweitbeklagten] unwiderruflich und uneingeschränkt zu übertragen. Im Fall einer Veröffentlichung stehen mir innerhalb des ersten Jahres 20 % des Veröffentlichungshonorars zu."

Der Zweitbeklagte machte einige Fotoaufnahmen von der Klägerin. Die Klägerin wurde auch von der Erstbeklagten einige Male zu Aufnahmen gegen Honorar vermittelt. Im November 2001 wurde zwischen der Klägerin und dem Zweitbeklagten ein inhaltlich identer Vertrag über die Herstellung von Aktfotos der Klägerin abgeschlossen. Der Zweitbeklagte fertigte bei zwei Fototerminen etwa 500 bis 600 Lichtbilder der Klägerin an. Angestrebt war die Veröffentlichung einer ganzen Serie von Lichtbildern der Klägerin im "U-Bahn-Express" und in der "Neuen Kronen Zeitung". Im Dezember 2001 und im Jänner 2002 wurden Aktfotos der Klägerin im "U-Bahn-Express" veröffentlicht. Danach verlangte die Klägerin für die Veröffentlichung weiterer Fotos ein höheres Entgelt; es kam zu keiner Einigung. Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 17. 5. 2002 an die Beklagten erklärte die Klägerin die Auflösung des Agenturvertrags und untersagte den Beklagten die weitere Veröffentlichung von Fotos. Wegen Abrechnungsstreitigkeiten brachte die Klägerin eine Klage beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien ein; das Verfahren endete am 26. 3. 2003 durch Vergleich. Nach dem Schreiben vom 17. 5. 2002 wurden zumindest noch am 14. 10. 2002 und am 31. 12. 2002 Aktfotos der Klägerin in der "Kronen Zeitung", am 31. 1. 2003 und am 7. 2. 2003 auf der Internetseite www.krone.at und am 7. 2. 2003 und am 19. 2. 2003 auf der Homepage des Zweitbeklagten veröffentlicht. Die Klägerin wurde wegen der Veröffentlichung von Aktfotos von einem früheren Dienstgeber ironisch oder abwertend angesprochen. Bei ihrem nunmehrigen Dienstgeber, einer Werbeagentur, arbeitet sie in verantwortungsvoller Position und hatte bisher noch keinerlei Probleme wegen der Veröffentlichung dieser Bilder.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Aktfotos von ihr im Internet auf Abruf bereit zu stellen und/oder auf welche Art immer zu verbreiten und/oder an Dritte weiterzugeben; in eventu die in den Ausgaben der Tageszeitung "Wiener Krone" vom 14. 10. 2002 und 31. 12. 2002 sowie auf den Internetseiten www.krone.at und www.manfredb***** veröffentlichten Aktfotos von ihr im Internet auf Abruf bereit zu stellen und/oder auf welche Art immer zu verbreiten und/oder an Dritte weiter zu geben. Seit Abschluss der Vereinbarungen mit den Beklagten hätten sich ihre persönlichen Verhältnisse wesentlich verändert. Daher habe sie Ende Februar 2002 den Agenturvertrag und die Vereinbarung mit dem Zweitbeklagten aufgekündigt und die Zustimmung zur Veröffentlichung weiterer Aktbilder ausdrücklich widerrufen. Mit Schreiben vom 17. 5. 2002 habe sie die Beklagten nochmals aufgefordert, die Veröffentlichung ihrer Fotos zu unterlassen. Dennoch seien auch noch nach diesem Zeitpunkt Aktfotos der Klägerin in der "Kronen Zeitung", auf der Internetseite www.krone.at und auf der Homepage des Zweitbeklagten veröffentlicht worden. Die Klägerin sei mittlerweile als Angestellte in der Film- und Videobranche tätig. Sie sei durch die weitere Veröffentlichung von sie zeigenden Aktfotos in ihrer beruflichen Laufbahn stark behindert, weil ein Großteil der Bevölkerung in abwertender Weise über Personen denke, die solche Aufnahmen von sich herstellen ließen. Sie beabsichtige, sich zu verloben und befürchte auch in diesem Zusammenhang nachteilige Auswirkungen. Sie habe daher ein berechtigtes Interesse daran, dass in Zukunft keine Aktfotos von ihr veröffentlicht würden. Die Haftung der Erstbeklagten ergebe sich aus dem mit ihr geschlossenen Agenturvertrag sowie daraus, dass die Beklagten von Anfang an als wirtschaftliche Einheit aufgetreten seien; die Erstbeklagte arbeite ständig mit dem Zweitbeklagten zusammen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erstbeklagte habe mit den Veröffentlichungen von Aktfotos der Klägerin im Internet nichts zu tun; die Veröffentlichungen in Printmedien seien - wenn überhaupt namentlich bezeichnet - unter dem Namen des Zweitbeklagten erfolgt. Die Klägerin habe sich dem Zweitbeklagten aus freien Stücken für Fotoaufnahmen zur Verfügung gestellt und ihm sämtliche Veröffentlichungs- und Verbreitungsrechte der sie zeigenden Aufnahmen unwiderruflich und uneingeschränkt übertragen. Das Eventualbegehren greife in absolut geschützte Rechte Dritter ein. Eine Verletzung berechtigter Interessen der Klägerin iSd § 78 UrhG liege nicht vor. Die Klägerin habe eine Karriere als Fotomodell angestrebt, sich für sämtliche Bildkategorien - insbesondere auch Akt - zur Verfügung gestellt und für die Veröffentlichung der Fotos ein Honorar erhalten. Außerdem sei die Klägerin weiterhin als Fotomodell tätig; Bilder von ihr seien auch im Internet aufrufbar.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Durch eine dem Vertragswiderruf nachfolgende Veröffentlichung von Fotos der Klägerin, die mit ihrer Zustimmung hergestellt worden seien, würden deren berechtigte Interessen iSd § 78 UrhG nicht verletzt. Die Klägerin könne ihre einmal unwiderruflich erteilte Zustimmung nicht widerrufen. Die Beklagten hätten keine Umstände zu vertreten, die einen Widerruf der unwiderruflich und uneingeschränkt übertragenen Rechte rechtfertigen könnten; Differenzen über die Höhe des der Klägerin zustehenden Honorars seien kein wichtiger Grund für einen Widerruf. Es liege kein Dauerschuldverhältnis vor, weil die Leistung der Klägerin eine einmalige gewesen sei. Hinsichtlich der Erstbeklagten fehle ein Haftungsgrund.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung nicht zulässig sei. Auf den Schutz berechtigter Interessen iSd § 78 UrhG könne sich nicht berufen, wer einer Veröffentlichung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt habe, wobei auch zu berücksichtigen sei, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens diese Zustimmung erteilt worden sei. Die Klägerin habe im Rahmen ihrer Tätigkeit als Fotomodell - nach Abschluss eines einschlägigen Agenturvertrags mit der Erstbeklagten - dem Zweitbeklagten die Veröffentlichungs- und Verbreitungsrechte der sie zeigenden Aufnahmen unwiderruflich und uneingeschränkt gegen ein im Falle der Veröffentlichung zustehendes Honorar übertragen. Die Aktaufnahmen von der Klägerin seien zum Zweck der Veröffentlichung angefertigt worden. Die von der Klägerin beanstandeten Veröffentlichungen seien daher durch die von ihr erteilte Zustimmung gedeckt. In der Rechtsprechung sei zwar die Möglichkeit eines späteren Widerrufs der Erlaubnis zur Veröffentlichung eines Bildes unter geänderten Verhältnissen entsprechend der Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses angedeutet worden, doch sei es bei dieser Entscheidung um eine unentgeltlich erteilte Erlaubnis gegangen, die nur schlüssig und keineswegs unwiderruflich erteilt worden sei, wobei der Abgebildete auch kein Fotomodell, sondern Berufsmusiker gewesen sei. Auch Dauerschuldverhältnisse könnten nur aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst werden; bei Vertragsabschluss vorhersehbare Entwicklungen fielen nicht darunter. Dass sich bei einem Fotomodell finanzielle, persönliche und berufliche Verhältnisse derart änderten, dass die Veröffentlichung früher aufgenommener Aktfotos vom neuen privaten oder beruflichen Umfeld mit Ironie, Geringschätzung oder Unmut aufgenommen werden könnten, sei - von (hier nicht gegebenen) Extremfällen abgesehen - eine durchaus dem Üblichen entsprechende und vor allem absehbare Entwicklung, die die Möglichkeit zum Widerruf von vornherein ausschließe.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt; das Rechtsmittel ist teilweise berechtigt.

Nach Auffassung der Klägerin sei es im Hinblick auf den damit verbundenen weitreichenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht unbillig, dem Abgebildeten das Recht abzusprechen, seine einmal erteilte unwiderrufliche Zustimmung zur entgeltlichen Veröffentlichung von Nacktaufnahmen wieder zurückzunehmen; ein solcher Widerruf müsse jedenfalls dann möglich sein, wenn der Abgebildete - wie im Streitfall - für seine Bindung an den Vertragspartner keine angemessene Gegenleistung erhalten habe. Auch könne es dabei nicht allein auf die Vorhersehbarkeit allfälliger Veränderungen in der Lebenssituation des Abgebildeten ankommen, wenn der Abgebildete zum Zeitpunkt der Rechteeinräumung jung und unerfahren gewesen sei und sich in einer finanziellen Notlage befunden habe. Die lebenslange Bindung des Abgebildeten an seine einmal erteilte Veröffentlichungsermächtigung sei sittenwidrig. Dazu ist zu erwägen:

Rechtssatz

Gegen § 78 UrhG verstößt, wer Bildnisse von Personen öffentlich ausstellt oder auf andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden. Diese Bestimmung soll vor allem davor schützen, dass jemand durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Missdeutungen Anlass geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt. Berechtigte Interessen sind verletzt, wenn bei objektiver Prüfung des Einzelfalles die Interessen des Abgebildeten als schutzwürdig anzusehen sind (stRsp ÖBl 1995, 91 - Leiden für die Schönheit mwN uva).

Wer ausdrücklich oder unter Umständen, die keinen Zweifel lassen, der öffentlichen Verwendung seines Bildnisses zugestimmt hat, etwa dadurch, dass er einem Berufsfotografen Modell stand, kann sich der Veröffentlichung der mit seinem Einverständnis geschaffenen Abbildungen nicht nachträglich unter Berufung auf § 78 UrhG widersetzen (EB UrhG bei Peter, Urheberrecht 617; ÖBl 1973, 139 - André Heller; ÖBl 1995, 91 - Leiden für die Schönheit). Es ist allerdings auch zu berücksichtigen, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens diese Zustimmung erteilt wurde (stRsp: SZ 60/188 = JBl 1988, 52 = ÖBl 1988, 139 - Wahlnachlese; ÖBl 1995, 91 - Leiden für die Schönheit; SZ 67/71 = ÖBl 1995, 186 - Lebensberater; MR 1997, 150 - Blauensteiner VIII; zuletzt 4 Ob 217/00s).

In der Entscheidung SZ 43/45 = ÖBl 1970, 155 - Zigeunerprimas hatte der Oberste Gerichtshof den späteren Widerruf einer schlüssig und unentgeltlich erteilten Erlaubnis eines Berufsmusikers zur Bildnisveröffentlichung zu beurteilen und hielt einen solchen unter entsprechender Heranziehung der Endigungsgründe von Dauerschuldverhältnissen mit der Begründung für möglich, durch die Gestattung einer wiederholten Veröffentlichung eines Bildnisses für alle Zukunft werde das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten auf sein Bild einer dauernden Verwertung zugeführt, deren Auswirkungen auf seine Interessen nicht vorhersehbar seien (für das Recht der Kündigung aus wichtigem Grund bei Urheberrechtsverträgen auch Loewenheim/Nordemann in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, § 26 Rz 17).

Für Dauerschuldverhältnisse wird in der Rechtsprechung vertreten, dass selbst die vereinbarte Unkündbarkeit ihrer Auflösung aus einem wichtigen Grund nicht entgegensteht (SZ 46/109; EvBl 1982/187; JBl 1985, 350; EvBl 2003/62 ua). Ein derartiger wichtiger Grund liegt vor, wenn die einem Dauerschuldverhältnis immer zugrundeliegende Vertrauensbasis weggefallen ist (SZ 46/109; SZ 48/77; EvBl 1980/175; JBl 1985, 350 ua) und von einem Vertragspartner ein Verhalten gesetzt wird, das dem anderen die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen lässt (SZ 45/29; JBl 1982, 142; EvBl 1983/12; SZ 71/141 uva). Allerdings ist im Falle eines Kündigungsverzichtes bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen (JBl 1985, 350; EvBl 2003/62 mwN). Eine solche Auflösung ist das "äußerste Notventil" (NZ 1994, 20; JBl 1996, 106; EvBl 2003/62). Die Gründe müssen ein erhebliches Gewicht haben (EvBl 2003/62 mwN). Stets ist das Auflösungsinteresse des einen Teils gegen das Bestandsinteresse des anderen Teils abzuwägen (SZ 61/281; EvBl 2003/62).

Überträgt man diese Grundsätze auf den Fall des Widerrufs einer gegen Zahlung eines Veröffentlichungshonorars unwiderruflich und uneingeschränkt übertragenen Zustimmung zur Bildnisveröffentlichung, ist für die Klägerin noch nichts gewonnen. Die von ihr angeführten Gründe für den Widerruf ihrer Zustimmungserklärung (nämlich ihre gegenüber dem Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung geänderten finanziellen, beruflichen und privaten Verhältnisse) betreffen nämlich - worauf die Beklagten und das Rekursgericht zutreffend hinweisen - nur für sie bei Vertragsabschluss vorhersehbare Entwicklungen und reichen nach dem dargelegten strengen Maßstab der Rechtsprechung als Gründe einer vorzeitigen Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses nicht aus (vgl dazu Rummel in Rummel, ABGB³ § 859 Rz 27 mit Nachweisen zur Rsp).

Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt nun darin, dass von der Einwilligungserklärung der Klägerin auch Aktfotos umfasst sind. Es ist davon auszugehen, dass es - trotz des in den letzten Jahrzehnten eingetretenen tiefgreifenden Wandels in der Einstellung der Gesellschaft zur Sexualität und trotz des Abbaus vieler Tabus - nach wie vor von vielen, wenn nicht den meisten Menschen als peinlich empfunden wird, sich in der Öffentlichkeit nackt zu zeigen (MR 1997, 28 = ÖBl 1997, 140 - Nacktfotomontage). Es ist nicht selbstverständlich und weitverbreitet, von sich für die Öffentlichkeit bestimmte Aktfotos herstellen zu lassen. Nacktfotos betreffen regelmäßig den Kern der Persönlichkeit (Hager in Staudinger, BGB13 § 823 C 184 mN zur Rsp des BGH). In diesem höchstpersönlichen Intimbereich überwiegen deshalb im Interessenkonflikt des § 78 UrhG ungeachtet einer einmal erteilten Veröffentlichungsermächtigung - mag diese auch unwiderruflich und uneingeschränkt eingeräumt worden sein - regelmäßig die Interessen des Abgebildeten, auch wenn dieser einem Berufsfotografen Modell gestanden ist.

Jeder Änderung der eigenen Überzeugung des zunächst mit seiner Zustimmung Abgebildeten muss hier Rechnung getragen werden; schon die schlichte Mitteilung des Betroffenen, dass er eine Veröffentlichung von Nacktfotos künftig nicht mehr wünsche, ist als wirksamer Widerruf einer einmal erteilten Einräumung von Rechten am eigenen Bild zu beurteilen (Hager aaO mwN; ihm folgend Gass in Möhring/Nicolini, dUrhG § 60 Anh § 22 KUG Rz 32). Dabei kann es auf Gründe für diesen Gesinnungswandel nicht ankommen, müsste eine solche Prüfung doch überwiegend nach subjektiven Kriterien erfolgen, womit schon durch diese Prüfung selbst in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingegriffen würde (Gass aaO). Von einem solchen Widerruf unberührt bleiben allfällige Rechte des Fotografen auf Ersatz der vorangegangenen Aufwendungen (freilich unter Anrechnung der ihm auf Grund bisheriger Veröffentlichungen zugeflossenen Entgelte). Konnte die Klägerin demnach die Einräumung von Veröffentlichungsrechten wirksam widerrufen, kommt es auf die von ihr weiters aufgeworfene Frage nicht mehr an, inwieweit Dauerschuldverhältnisse mit überlanger Bindung oder ohne Widerrufsmöglichkeit wegen des damit verbundenen Verlusts der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit und jeder zukünftigen Verfügungsmöglichkeit und Einflussnahme generell als sittenwidrig anzusehen sind (vgl dazu Apathy in Schwimann, ABGB² Rz 9 zu § 879 mwN; Krejci in Rummel, ABGB³ § 879 Rz 86 mwN; JBl 1992, 517; ÖBl 1993, 220 - Bierbezugsvertrag II uva).

Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 17. 5. 2002 untersagt, künftig Fotos von ihr zu veröffentlichen. Dieser Widerruf ist - wie zuvor ausgeführt - wirksam, soweit er Aktfotos der Klägerin betrifft, und wurde vom Zweitbeklagten dadurch missachtet, dass noch im Februar 2003 Fotos, die die Klägerin nackt zeigen, auf seiner Homepage aufrufbar waren. Der Sicherungsantrag ist ihm gegenüber somit berechtigt. Dass die Erstbeklagte nach dem 17. 5. 2002 an der Veröffentlichung von Aktfotos der Klägerin mitgewirkt hat, ist hingegen nicht bescheinigt; insoweit konnte dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Einer Partei, die gegenüber einem von zwei Gegnern obsiegt, steht gegen den Unterliegenden nach überwiegender neuerer Rechtsprechung der volle Kostenersatz - mit Ausnahme des Streitgenossenzuschlags - zu (RIS-Justiz RS0090822; M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozess, 407).

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