exacom.at
OGH, Beschluss vom 9.11.2004, 4 Ob 221/04k
UWG § 9
***** Zusammenfassung *****
Die Klägerin ist Inhaberin des älteren Unternehmenskennzeichens "EXACON", sie hatte sich aber früher gegenüber einem bevorrechteten Dritten verpflichtet, ihr Kennzeichen nicht geltend zu machen und einen unterscheidungskräftigen Zusatz aufzunehmen. Tatsächlich trat sie aber weiterhin unter "EXACON" auf. Die Beklagte ist Inhaberin der prioritätsjüngeren Internet-Domain "exacom.at". Beide sind in der EDV-Branche tätig.
Das Erstgericht gab der Unterlassungsklage statt, das Berufungsgericht bestätigte.
Der OGH weist die außerordentliche Revision zurück. Gestattet ein Kennzeicheninhaber einem anderen den Gebrauch seines Kennzeichens, so enthält die Gebrauchsüberlassung weder eine dingliche Rechtsübertragung noch die Einräumung einer echten Nutzungsbefugnis; die Vereinbarung hat nur schuldrechtliche Wirkungen zwischen den Parteien. Andere, an diesem Vertrag nicht Beteiligte können sich darauf nicht berufen. Einwände aus dem absoluten oder relativen Rechte eines Dritten (insbesondere die Behauptung, die Klägerin führe ihre Bezeichnung einem Dritten gegenüber unbefugt) müssen daher unberücksichtigt bleiben. Es liegt daher auch kein Rechtsmissbrauch vor, wenn die Klägerin als Inhaberin des prioritätsälteren Kennzeichens den Eingriff der Beklagten abwehrt. Im Hinblick auf den Gesamteindruck liegt jedenfalls zwischen dem Kennzeichen "EXACON" und der Domain "exacom.at" Verwechslungsfähigkeit vor.
***** Entscheidung *****
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Markus Andréewitch & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) E*****, 2.) E*****, beide vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 36.300 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 16. Juni 2004, GZ 1 R 44/04b-17, den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtssatz
Der Senat hat sich mit der Inanspruchnahme fremder Priorität bereits mehrfach auseinandergesetzt und ausführlich zu der in der Revision aufgezeigten Rechtsprechung und Lehre in Deutschland Stellung genommen (4 Ob 221/02g; RIS-Justiz RS0079151). Die Inanspruchnahme fremder Priorität setzt demnach voraus, dass sich die beanstandete Kennzeichenbenutzung des Beklagten ihrem Wesen nach nicht als eigenständige Kennzeichnung, sondern als Fortsetzung oder Ersetzung "anstelle" des Rechtsinhabers darstellt. Derartiges wurde etwa in Fällen angenommen, in denen der Beklagte das Zeichen nicht "eigenständig", sondern in seiner Eigenschaft als Partner eines nach Art eines Franchisvertrages geschlossenen Vertrages oder in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer Unternehmensgruppe, etwa als Repräsentant seiner Muttergesellschaft benützte (SZ 67/174; 4 Ob 77/95; RIS-Justiz RS0079151; 4 Ob 221/02g). Die Entscheidung des Berufungsgerichtes steht mit dieser Rechtsprechung in Einklang; ein diesen Entscheidungen vergleichbarer Sachverhalt liegt im vorliegenden Fall nicht vor.
Die schriftliche Vereinbarung der Klägerin über die Kennzeichenbenutzung mit einer Dritten, nicht Verfahrensbeteiligten (hier Unterlassung der Benutzung eines bestimmen Kennzeichens) schafft im Zweifel nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zwischen den beiden Vertragspartnern (RIS-Justiz RS0079317). Die an diesem Vertrag nicht beteiligten Beklagten können sich auf diese Vereinbarung nicht berufen, zumal § 9 UWG nur die Befugnis zur Führung einer Bezeichnung zwischen den streitenden Parteien auf Grund der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen regelt. Einwände aus dem absoluten oder relativen Recht eines Dritten (insbesondere die Behauptung, die Klägerin führe ihre Bezeichnung einem Dritten gegenüber unbefugt) müssen daher unberücksichtigt bleiben (ÖBl 1973, 41 = RIS-Justiz RS0079117). Es bleibt der Klägerin daher unbenommen, den Eingriff der an dieser Vereinbarung nicht beteiligten Beklagten in ihr prioritätsälteres Zeichen abzuwehren. Die Klageführung gegen die Beklagten verwirklicht schon aus diesem Grund keinen Rechtsmissbrauch.
Die Vorinstanzen haben die verwechselbare Ähnlichkeit der Bezeichnungen "EXACOM" und "EXACON" bejaht. Verwechslungsgefahr besteht bei Wortzeichen dann, wenn sie entweder in Wortklang-Bild oder -Sinn einander so nahe kommen, dass Verwechslungen im Verkehr entstehen können, wobei es auf den Gesamteindruck ankommt (RIS-Justiz RS0079571). Zu prüfen ist, welcher Einfluss den einzelnen Markenbestandteilen auf den Gesamteindruck des Zeichens zukommt, den ein Durchschnittsverbraucher, der die Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt, von diesem Zeichen erhält (4 Ob 208/03x; RIS-Justiz RS0078944). Ob durch das Anfügen eines Buchstabens oder die Veränderung bloß eines Buchstabens eine so weitgehende Veränderung des akustischen oder bildlichen Gesamteindruckes erfolgt, dass die Verwechslungsgefahr verlässlich ausgeschlossen werden kann, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall, der - vom hier nicht vorliegenden Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt.
Wiederholungsgefahr ist grundsätzlich schon dann anzunehmen, wenn die Beklagte im Prozess den Standpunkt vertritt, zur beanstandeten Handlung berechtigt zu sein. Ihr Wegfall tritt nur dann ein, wenn der Verletzer Umstände dartut, die eine Wiederholung seiner Handlung als völlig ausgeschlossen oder doch äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen. Das Verfahren hat ergeben, dass die Erstbeklagte das Firmenschlagwort der Klägerin als Bestandteil ihrer Internetdomain registrieren ließ und beide Beklagte ihre Unternehmen unter dieser Domain beworben haben. Sie haben diese Domain - wenngleich mit geändertem Inhalt der Website - aufrechterhalten und im Prozess den Standpunkt vertreten, dazu berechtigt zu sein. Ob die vor Klageeinbringung vorgenommene Änderung des Inhaltes der Website bei gleichbleibendem Domainnamen die Verwechslungsgefahr und damit auch die Wiederholungsgefahr ausschließt, hat gleichfalls keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.
Mangels erheblicher Rechtsfragen wird die außerordentliche Revision der Beklagten zurückgewiesen.