dermanet.at
OGH, Beschluss vom 16.1.2001, 4 Ob 332/00b
***** Zusammenfassung *****
Die Beklagte vertrieb bereits vor der Registrierung der Marke durch die Klägerin ein Kommunikationssystem für Hautärzte unter dieser Bezeichnung.
Die Unterinstanzen wiesen den Sicherungsantrag ab.
Der OGH weist den außerordentlichen Revisionsrekurs zurück. Die registrierte Wortmarke DERMANET ist für Dienstleistungen von Hautärzten rein beschreibend. Der Bestandteil "net" weist auf eine Domaingruppe wie com., at., ch. oder Ähnliches hin. Mangels Verkehrsgeltung kommt der Bezeichnung weder Markenschutz zu, noch genießt sie als Unternehmenskennzeichen den Schutz des § 9 UWG. Durch den Gebrauch der gleichnamigen Internet Domain „dermanet.at“, werden die prioritätsjüngeren Markenrechte nicht verletzt, da die Bezeichnung als ein vom Domaininhaber angebotenes Kommunikations- und Verwaltungssystem bereits zuvor bekannt war. Auf die Frage, ob die Beklagte schon durch die Registrierung der Domain und den damit verbundenen Internetauftritt Kennzeichenrechte erworben hatte, brauchte nicht eingegangen werden.
***** Entscheidung *****
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dipl. Vw. Mag. Norbert A*****, 2. D*****, beide vertreten durch Dr. Hanno Liebmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Dr. Peter Knirsch und Dr. Johannes Gschaider, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, über den außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 16. November 2000, GZ 1 R 163/00y-10, den
Beschluss
gefasst:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Das Bescheinigungsverfahren hat ergeben, dass "Dermanet" 1996 von der Beklagten entwickelt wurde, schon vor Registrierung der klägerischen Marke den in der Schweiz ansässigen Dermatologen als ein von der Beklagten angebotenes Kommunikations- und Verwaltungssystem bekannt war und die Registrierung der Domain "dermanet.at" für die Beklagte am 9. 10. 1997 erfolgte. Auf dieser Sachverhaltsgrundlage hat das Rekursgericht dem Zeichen der Beklagten Priorität aufgrund qualifizierter Vorbenutzung zuerkannt.
Die Kläger streben Unterlassung ohne Einschränkung auf ein bestimmtes Staatsgebiet aus der Erwägung an, die Beklagte verwende das Zeichen "dermanet" über Internet weltweit. Die im Revisionsrekurs als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob die Beklagte (schon) durch die Registrierung einer gleichlautenden Domain und dem damit verbundenen Internetauftritt Verkehrsgeltung erlangt hat, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidend. Die Beklagte hat nämlich in ihrer Äußerung zutreffend geltend gemacht, die Wortkombination "Dermanet" sei im Zusammenhang mit Dienstleistungen für Hautärzte beschreibend. Der Bestandteil "net" weise auf eine Domaingruppe wie com., at., ch. oder Ähnliches hin, "derma" bedeute nichts anderes als Haut. Die Klägerin könne für dieses Zeichen daher Markenschutz nur unter der Bedingung der Verkehrsgeltung in Anspruch nehmen.
Die Registrierung der klägerischen Marke erfolgte unstrittig ohne Verkehrsgeltungsnachweis, die Klägerin hat im Verfahren Verkehrsgeltung auch nicht behauptet. Schon der Schutz des § 9 Abs 3 UWG konnte für ohne Verkehrsgeltungsnachweis registrierte Wortmarken nur dann in Anspruch genommen werden, wenn es sich dabei um frei erfundene, keiner Sprache angehörige Phantasiewörter oder um ein Wort handelt, das zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehört, mit der Ware bzw Dienstleistung, für die es bestimmt ist, in keinem Zusammenhang steht (MR 1998, 208 - jusline). Enthält die gewählte Wortkombination hingegen einen beschreibenden Hinweis auf die Art der Unternehmenstätigkeit, konnte der Schutz nach § 9 Abs 3 UWG nur bei Verkehrsgeltung erlangt werden. An dieser Rechtslage hat sich durch die Markenrechtsnovelle 1999 nichts geändert. Gemäß § 4 Abs 1 Z 4 und Abs 2 MSchG idF Markenrechtsnovelle 1999 kommt der durch Registrierung erworbene markenrechtliche Schutz beschreibenden Angaben nur dann zu, wenn das Zeichen Verkehrsgeltung erlangt hat. Die Schutzfähigkeit der Wortkombination "Dermanet" nach § 51 MSchG hängt somit davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und die Wortkombination als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (MR 1998, 208 - jusline mwN). Maßgeblich ist daher, welche Bedeutung Dermatologen, die sich für das von der Beklagten unter der Bezeichnung "Dermanet" angebotene Informations- und Kommunikationssystem im Wege einer Onlineverbindung mit der Universitätsklinik für Dermatologie interessieren, der Wortkombination beimessen. Als Interessierten und Nutzern von Informationstechnologien (angeboten wird eine Onlineverbindung mit der Universitätsklinik) wird ihnen die Bezeichnung "net" durchaus vertraut sein. Der Wortbestandteil "derma", das griechische Wort für "Haut", wird in der ärztlichen Fachsprache stets mit Haut- und deren Erkrankungen in Verbindung gebracht (zB Dermatologie, Dermatologe, Dermatitis und Ähnliche). Die Wortverbindung "Dermanet" beschreibt daher für die angesprochenen Verkehrskreise Leistungen, die die Klägerin unter dieser Marke anbietet, ausreichend deutlich. Der nur aus beschreibenden Angaben zusammengesetzte Begriff kann nur bei Verkehrsgeltung als Marke registriert werden (§ 4 Abs 2 MSchG). Dem Zeichen der Klägerin muss daher schon aus diesen Gründen der markenrechtliche Schutz als Voraussetzung ihres Unterlassungsanspruches nach § 51 MSchG versagt werden.
Diese Überlegungen führen zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses. Der Sicherungsantrag wurde zu Recht abgewiesen, ohne dass eine die Zulässigkeit des Revisionsrekurses rechtfertigende Rechtsfrage erheblicher Bedeutung zu erkennen wäre. Die im Revisionsrekurs angesprochene allfällige Irreführung durch Hinzufügung des Copyright-Zeichens ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht entscheidungswesentlich, weil das dazu erstattete Vorbringen der Klägerin im Unterlassungsbegehren keine Deckung findet.