IPRG

Home

Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht - IPR-Gesetz idF BGBl I 58/2004

§§   1  2   3  4   5  6   7  8   9  10   11  12   13  14   15  16   17  18   19  20   21  23   24  25   26  27   28  29   30  31   32  33   33a  34   35  46   47  48   49  50   51  52   53  54

zur Gesetzesübersicht

ABSCHNITT I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Grundsatz der stärksten Beziehung

§ 1. (1) Sachverhalte mit Auslandsberührung sind in privatrechtlicher Hinsicht nach der Rechtsordnung zu beurteilen, zu der die stärkste Beziehung besteht.

(2) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen besonderen Regelungen über die anzuwendende Rechtsordnung (Verweisungsnormen) sind als Ausdruck dieses Grundsatzes anzusehen.

Ermittlung der für die Anknüpfung maßgebenden Voraussetzungen

§ 2. Die für die Anknüpfung an eine bestimmte Rechtsordnung maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sind von Amt wegen festzustellen, soweit nicht nach verfahrensrechtlichen Vorschriften in einem der Rechtswahl zugänglichen Sachgebiet (§§ 19, 35 Abs. 1) tatsächliches Parteivorbringen für wahr zu halten ist.

§ 3. Ist fremdes Recht maßgebend, so ist es von Amts wegen und wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden. Anmerkung Unter "fremdem Recht" sind auch religiöse Rechte zu verstehen, auf die manche ausländische Rechtsordnungen verweisen.

Ermittlung fremden Rechtes

§ 4. (1) Das fremde Recht ist von Amts wegen zu ermitteln. Zulässige Hilfsmittel hiefür sind auch die Mitwirkung der Beteiligten, Auskünfte des Bundesministeriums für Justiz und Sachverständigengutachten.

(2) Kann das fremde Recht trotz eingehendem Bemühen innerhalb angemessener Frist nicht ermittelt werden, so ist das österreichische Recht anzuwenden.

Anmerkung

Einen besonderen Mechanismus zur Beschaffung von Auskünften über ausländisches Recht sieht das Europäische Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, BGBl. Nr. 417/1971, vor.

Rück- und Weiterverweisung

§ 5. (1) Die Verweisung auf eine fremde Rechtsordnung umfaßt auch deren Verweisungsnormen.

(2) Verweist die fremde Rechtsordnung zurück, so sind die österreichischen Sachnormen (Rechtsnormen mit Ausnahme der Verweisungsnormen) anzuwenden; im Fall der Weiterverweisung sind unter Beachtung weiterer Verweisungen die Sachnormen der Rechtsordnung maßgebend, die ihrerseits nicht mehr verweist bzw. auf die erstmals zurückverwiesen wird.

(3) Besteht eine fremde Rechtsordnung aus mehreren Teilrechtsordnungen, so ist die Teilrechtsordnung anzuwenden, auf die die in der fremden Rechtsordnung bestehenden Regeln verweisen. Mangels solcher Regeln ist die Teilrechtsordnung maßgebend, zu der die stärkste Beziehung besteht.

Anmerkung

Von dem in § 5 festgelegten Grundsatz der Beachtung von Rück- und Weiterverweisung sieht das IPR-Gesetz folgende Ausnahmen vor: §§ 8, 9 Abs. 3, § 11 Abs. 1, 45, 46.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Statutenwechsel

§ 7. Die nachträgliche Änderung der für die Anknüpfung an eine bestimmte Rechtsordnung maßgebenden Voraussetzungen hat auf bereits vollendete Tatbestände keinen Einfluß.

Form

§ 8. Die Form einer Rechtshandlung ist nach demselben Recht zu beurteilen wie die Rechtshandlung selbst; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Staates, in dem die Rechtshandlung vorgenommen wird.

Anmerkung

Da nicht auf das "Recht", sondern nur auf die "Formvorschriften" des Staates verwiesen wird, in dem die Rechtshandlung vorgenommen wird, hat eine allfällige Rück- und Weiterverweisung außer Betracht zu bleiben (Ausnahme von § 5).

Personalstatut einer natürlichen Person

§ 9. (1) Das Personalstatut einer natürlichen Person ist das Recht des Staates, dem die Person angehört. Hat eine Person neben einer fremden Staatsangehörigkeit auch die österreichische Staatsbürgerschaft, so ist diese maßgebend. Für andere Mehrstaater ist die Staatsangehörigkeit des Staates maßgebend, zu dem die stärkste Beziehung besteht.

(2) Ist eine Person staatenlos oder kann ihre Staatsangehörigkeit nicht geklärt werden, so ist ihr Personalstatut das Recht des Staates, in dem sie den gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(3) Das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, ist das Recht des Staates, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5) ist unbeachtlich.

Anmerkung

Bei dem in Abs. 3 genannten internationalen Übereinkommen handelt es sich um die Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. Nr. 55/1955, und das darauf bezügliche Protokoll BGBl. Nr. 78/1974.

Personalstatut einer juristischen Person

§ 10. Das Personalstatut einer juristischen Person oder einer sonstigen Personen- oder Vermögensverbindung, die Träger von Rechten und Pflichten sein kann, ist das Recht des Staates, in dem der Rechtsträger den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung hat.

Rechtswahl

§ 11. (1) Eine Rechtswahl der Parteien (§§ 19, 35 Abs. 1) bezieht sich im Zweifel nicht auf die Verweisungsnormen der gewählten Rechtsordnung.

(2) Eine in einem anhängigen Verfahren bloß schlüssig getroffene Rechtswahl ist unbeachtlich.

(3) Die Rechtsstellung Dritter wird durch eine nachträgliche Rechtswahl nicht beeinträchtigt.

 

 

ABSCHNITT 2
PERSONENRECHT

Rechts- und Handlungsfähigkeit

§ 12. Die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person sind nach deren Personalstatut zu beurteilen. Name

§ 13. (1) Die Führung des Namens einer Person ist nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.

(2) Der Schutz des Namens ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Verletzungshandlung gesetzt wird.

Todeserklärung und Beweisführung des Todes

§ 14. Die Voraussetzungen, die Wirkungen und die Aufhebung einer Todeserklärung oder einer Beweisführung des Todes sind nach dem letzten bekannten Personalstatut des Verschollenen zu beurteilen.

Entmündigung

§ 15. Die Voraussetzungen, die Wirkungen und die Aufhebung einer Entmündigung sind nach dem Personalstatut des Betroffenen zu beurteilen.

 

ABSCHNITT 3
FAMILIENRECHT

A. EHERECHT

Form der Eheschließung

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Anmerkung

Aus dem Abs. 1 folgt, daß eine Ehe im Inland formgültig nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden kann (§ 15 Ehegesetz), auch wenn nach dem ausländischen Personalstatut der Verlobten eine andere Eheschließungsform zulässig wäre.

Voraussetzungen der Eheschließung

§ 17. (1) Die Voraussetzungen der Eheschließung sowie die der Ehenichtigkeit und der Aufhebung sind für jeden der Verlobten nach seinem Personalstatut zu beurteilen.

(2) Ist durch eine für den österreichischen Rechtsbereich wirksame Entscheidung eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben, geschieden oder als nicht bestehend festgestellt worden, so darf nicht allein deshalb eine neue Eheschließung untersagt oder eine neue Ehe für nichtig erklärt werden, weil die Entscheidung nach dem Personalstatut eines oder beider Verlobten bzw. Ehegatten nicht anerkannt wird. Dies gilt sinngemäß im Fall der Todeserklärung oder der Beweisführung des Todes.

Anmerkung

Zu Abs. 1: Maßgebend ist das Personalstatut der Verlobten im Zeitpunkt der Eheschließung. Ein späterer Statutenwechsel ist unbeachtlich (§ 7).

Persönliche Rechtswirkungen der Ehe

§ 18. (1) Die persönlichen Rechtswirkungen einer Ehe sind zu beurteilen
1. nach dem gemeinsamen, mangels eines solchen nach dem letzten gemeinsamen Personalstatut der Ehegatten, sofern es einer von ihnen beibehalten hat,
2. sonst nach dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mangels eines solchen nach dem Recht des Staates, in dem beide ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, sofern ihn einer von ihnen beibehalten hat.

(2) Ist eine Ehe nicht für den Bereich des im Abs. 1 bezeichneten Rechtes, wohl aber für den österreichischen Rechtsbereich zustande gekommen, so sind die persönlichen Rechtswirkungen nach österreichischem Recht zu beurteilen. Haben jedoch die Eheleute eine stärkere Beziehung zu einem dritten Staat, nach dessen Recht die Ehe ebenfalls Wirkungen entfaltet, so ist statt des österreichischen Rechtes das Recht dieses Staates maßgebend.

Anmerkung

Der Abs. 1 enthält ein sog. "wandelbares Statut", das heißt es kommt auf das jeweilige gemeinsame Personalstatut bzw. den jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten an.

Ehegüterrecht

§ 19. Das Ehegüterrecht ist nach dem Recht zu beurteilen, das die Parteien ausdrücklich bestimmen, mangels einer solchen Rechtswahl nach dem zur Zeit der Eheschließung für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht.

Anmerkung

  1. Schlüssige Rechtswahl ist unbeachtlich.

  2. Allgemeine Regelungen betreffend die Rechtswahl sind im § 11 enthalten.

Ehescheidung

§ 20. (1) Die Voraussetzungen und die Wirkungen der Scheidung einer Ehe sind nach dem für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht im Zeitpunkt der Ehescheidung zu beurteilen.

(2) Kann nach diesem Recht die Ehe auf Grund der geltend gemachten Tatsachen nicht geschieden werden oder liegt keiner der Anknüpfungspunkte des § 18 vor, so ist die Scheidung nach dem Personalstatut des klagenden Ehegatten im Zeitpunkt der Ehescheidung zu beurteilen.

 

B. KINDSCHAFTSRECHT

Eheliche Abstammung

§ 21. Die Voraussetzungen der Ehelichkeit eines Kindes und deren Bestreitung sind nach dem Personalstatut zu beurteilen, das die Ehegatten im Zeitpunkt der Geburt des Kindes oder, wenn die Ehe vorher aufgelöst worden ist, im Zeitpunkt der Auflösung gehabt haben. Bei verschiedenem Personalstatut der Ehegatten ist das Personalstatut des Kindes zum Zeitpunkt der Geburt maßgebend.

§ 23. Die Voraussetzungen der Legitimation eines unehelichen Kindes durch Ehelicherklärung sind nach dem Personalstatut des Vaters zu beurteilen; wird die Ehelicherklärung erst nach dem Tod des Vaters beantragt, so nach dem Personalstatut des Vaters im Zeitpunkt seines Todes. Ist nach dem Personalstatut des Kindes die Zustimmung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, erforderlich, so ist insoweit auch dieses Recht maßgebend.

Wirkungen der Ehelichkeit und der Legitimation

§ 24. Die Wirkungen der Ehelichkeit und der Legitimation eines Kindes sind nach dessen Personalstatut zu beurteilen.

Anmerkung

  1. In den Anwendungsbereich dieser Verweisungsnorm fallen z. B. die Fragen der Pflege und Erziehung des Kindes sowie die gesetzliche Vertretung durch einen oder beide Elternteile, die Regelung der elterlichen Gewalt nach Scheidung der Eltern, die gegenseitigen Unterhaltsansprüche u.s.w.
  2. Einschlägige zwischenstaatliche Vereinbarungen (die gemäß § 53 Vorrang haben) sind: Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen, BGBl. Nr. 293/1961; Haager Minderjährigenschutzübereinkommen, BGBl. Nr. 446/1975; Österreichisch-polnischer Rechtshilfevertrag, BGBl. Nr. 79/1974 (Art. 29 Abs. 2);
  3. Es handelt sich um ein "wandelbares Statut", d. h. es kommt auf das jeweilige Personalstatut des Kindes an.

Uneheliche Abstammung und deren Wirkungen

§ 25. (1) Die Voraussetzungen der Feststellung und der Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind sind nach dessen Personalstatut im Zeitpunkt der Geburt zu beurteilen. Sie sind jedoch nach einem späteren Personalstatut des Kindes zu beurteilen, wenn die Feststellung bzw. Anerkennung nach diesem, nicht aber nach dem Personalstatut im Zeitpunkt der Geburt zulässig ist. Das Recht, nach dem die Vaterschaft festgestellt oder anerkannt worden ist, ist auch für deren Bestreitung maßgebend.

(2) Die Wirkungen der Unehelichkeit eines Kindes sind nach dessen Personalstatut zu beurteilen.

(3) Die mit der Schwangerschaft und der Entbindung zusammenhängenden Ansprüche der Mutter gegen den Vater des unehelichen Kindes sind nach dem Personalstatut der Mutter zu beurteilen.

Anmerkung

  1. Einschlägige zwischenstaatliche Vereinbarungen (die gemäß § 53 Vorrang haben) sind: Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen, BGBl. Nr. 293/1961; Haager Minderjährigenschutzübereinkommen, BGBl. Nr. 446/1975; Österreichisch-polnischer Rechtshilfevertrag, BGBl. Nr. 79/1974 (Art. 29 Abs. 3 und 4).
  2. Für die Form des Vaterschaftsanerkenntnisses ist das allgemeine Formstatut des § 8 maßgebend.
  3. Beim Abs. 3 handelt sich um ein "wandelbares Statut", d. h. es kommt auf das jeweilige Personalstatut des Kindes an.

Annahme an Kindesstatt

§ 26. (1) Die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt und der Beendigung der Wahlkindschaft sind nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Ist das Kind nicht eigenberechtigt, so ist sein Personalstatut nur hinsichtlich der Zustimmung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, maßgebend.

(2) Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sind nach dem Personalstatut des Annehmenden, bei Annahme durch Ehegatten nach dem für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht, nach dem Tod eines der Ehegatten nach dem Personalstatut des anderen Ehegatten zu beurteilen.

Anmerkungen

  1. Einschlägige zwischenstaatliche Vereinbarungen (die gemäß § 53 Vorrang haben) sind: Haager Adoptionsübereinkommen, BGBl. Nr. 581/1978; Österreichisch-polnischer Rechtshilfevertrag, BGBl. Nr. 79/1974 (Art. 30).
  2. ÜR: Art. IV, BGBl. I Nr. 58/2004.

 

C. VORMUNDSCHAFTS- UND PFLEGSCHAFTSRECHT

§ 27. (1) Die Voraussetzungen für die Anordnung und die Beendigung einer Vormundschaft oder Pflegschaft sowie deren Wirkungen sind nach dem Personalstatut des Pflegebefohlenen zu beurteilen.

(2) Die sonstigen mit der Vormundschaft oder Pflegschaft verbundenen Fragen, soweit sie die Führung an sich betreffen, sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, dessen Behörden die Vormundschaft oder Pflegschaft führen.

Anmerkung

Einschlägige zwischenstaatliche Vereinbarungen (die gemäß § 53 Vorrang haben) sind insbesondere:

 

ABSCHNITT 4
ERBRECHT

Rechtsnachfolge von Todes wegen

§ 28. (1) Die Rechtsnachfolge von Todes wegen ist nach dem Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes zu beurteilen.

(2) Wird eine Verlassenschaftsabhandlung in Österreich durchgeführt, so sind der Erbschaftserwerb und die Haftung für Nachlaßschulden nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Anmerkung

Einschlägige zwischenstaatliche Vereinbarungen (die gemäß § 53 Vorrang haben):

§ 29. Ist der Nachlaß nach dem im § 28 Abs. 1 bezeichneten Recht erblos oder würde er einer Gebietskörperschaft als gesetzlichem Erben zukommen, so tritt an die Stelle dieses Rechtes das Recht jeweils des Staates, in dem sich Vermögen des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes befindet.

Anmerkung

Einschlägige zwischenstaatliche Vereinbarungen (die gemäß § 53 Vorrang haben):

Gültigkeit einer Verfügung von Todes wegen

§ 30. (1) Die Testierfähigkeit und die sonstigen Erfordernisse für die Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung, eines Erbvertrags oder eines Erbverzichtsvertrags sind nach dem Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt der Rechtshandlung zu beurteilen. Wäre danach die Gültigkeit nicht gegeben, wohl aber nach dem Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes, so gilt dieses.

(2) Für den Widerruf bzw. die Aufhebung dieser Rechtshandlungen gilt der Abs. 1 sinngemäß.

Anmerkung

Einschlägige zwischenstaatliche Vereinbarungen (die gemäß § 53 Vorrang haben):

 

ABSCHNITT 5
SACHENRECHT

Allgemeine Regel

§ 31. (1) Der Erwerb und der Verlust dinglicher Rechte an körperlichen Sachen einschließlich des Besitzes sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem sich die Sachen bei Vollendung des dem Erwerb oder Verlust zugrunde liegenden Sachverhalts befinden.

(2) Die rechtliche Gattung der Sachen und der Inhalt der im Abs. 1 genannten Rechte sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem sich die Sachen befinden.

Verhältnis zu anderen Verweisungsnormen

§ 32. Für dingliche Rechte an einer unbeweglichen Sache ist der § 31 auch dann maßgebend, wenn diese Rechte in den Anwendungsbereich einer anderen inländischen Verweisungsnorm fallen.

Verkehrsmittel

§ 33. (1) Dingliche Rechte an den in einem Register eingetragenen Wasser- und Luftfahrzeugen sind, vorbehaltlich des Abs. 2, nach dem Recht des Registerstaates zu beurteilen; für Eisenbahnfahrzeuge ist das Recht des Staates maßgebend, in dem das Eisenbahnunternehmen, in dessen Betrieb die Fahrzeuge eingesetzt sind, den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung hat.

(2) Für gesetzliche oder zwangsweise begründete Pfandrechte oder gesetzliche Zurückbehaltungsrechte zur Sicherung von Ansprüchen auf Ersatz der durch das Fahrzeug verursachten Schäden oder der Aufwendungen für dieses gilt der § 31.

Im Effektengiro übertragbare Wertpapiere

§ 33a. (1) Die Rechtsnatur und der Inhalt dinglicher Rechte an im Effektengiro übertragbaren Wertpapieren (§ 3 Abs. 1 Z 7 des Finanzsicherheiten-Gesetzes - FinSG, BGBl. I Nr. 117/2003) sowie der Erwerb dinglicher Rechte daran einschließlich des Besitzes sind nach den Sachnormen des Staates zu beurteilen, in dem das maßgebliche Konto (§ 3 Abs. 1 Z 8 FinSG) geführt wird.

(2) Nach dem im Abs. 1 bezeichneten Recht ist zudem zu beurteilen,

1. ob das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte an im Effektengiro übertragbaren Wertpapieren durch das Eigentum oder durch sonstige dingliche Rechte eines Dritten verdrängt werden oder diesem gegenüber nachrangig sind oder ein gutgläubiger Erwerb eingetreten ist;

2. ob und welche Schritte zur Verwertung von im Effektengiro übertragbaren Wertpapieren nach Eintritt des Verwertungs- oder Beendigungsfalls (§ 3 Abs. 1 Z 12 FinSG) erforderlich sind.

 

ABSCHNITT 6
IMMATERIALGÜTERRECHTE

§ 34. (1) Das Entstehen, der Inhalt und das Erlöschen von Immaterialgüterrechten sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem eine Benützungs- oder Verletzungshandlung gesetzt wird.

(2) Für Immaterialgüterrechte, die mit der Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zusammenhängen, ist für das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die für das Arbeitsverhältnis geltende Verweisungsnorm (§ 44) maßgebend.

Anmerkung

Für Verträge über Immaterialgüterrechte ist § 43 maßgebend.

 

ABSCHNITT 7
SCHULDRECHT

Allgemeine Regeln

§ 35. (1) Schuldverhältnisse, die nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht fallen, sind nach dem Recht zu beurteilen, das die Parteien ausdrücklich oder schlüssig bestimmen (§ 11).

(2) Soweit für diese Schuldverhältnisse eine Rechtswahl nicht getroffen oder nach diesem Bundesgesetz unbeachtlich ist, sind die §§ 46 bis 49 maßgebend.

Bereicherung

§ 46. Bereicherungsansprüche sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Bereicherung eingetreten ist. Beruht die Bereicherung jedoch auf einer Leistung, die auf der Grundlage eines Rechtsverhältnisses erbracht worden ist, so sind die Sachnormen des Staates maßgebend, dessen Sachnormen auf das Rechtsverhältnis anzuwenden sind; dies gilt sinngemäß für den Anspruch auf Ersatz eines Aufwandes, den ein anderer hätte machen müssen.

Anmerkung

Die Bezugnahme auf "Sachnormen" bedeutet, daß Rück- und Weiterverweisung unbeachtlich sind (Ausnahme von § 5 Abs. 1).

Geschäftsführung ohne Auftrag

§ 47. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem sie besorgt worden ist; steht sie jedoch mit einem anderen Rechtsverhältnis in innerem Zusammenhang, so gilt der § 45 sinngemäß.

Außervertragliche Schadenersatzansprüche

§ 48. (1) Außervertragliche Schadenersatzansprüche sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist. Besteht jedoch für die Beteiligten eine stärkere Beziehung zum Recht ein und desselben anderen Staates, so ist dieses Recht maßgebend.

(2) Schadenersatz- und andere Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirkt.

Anmerkung

Für Schadenersatzansprüche aus Straßenverkehrsunfällen ist das Haager Straßenverkehrsübereinkommen, BGBl. Nr. 387/1975, maßgebend (zwischenstaatliche Vereinbarungen bleiben gemäß § 53 unberührt).

Gewillkürte Stellvertretung

§ 49. (1) Die Voraussetzungen und die Wirkungen der gewillkürten Stellvertretung im Verhältnis des Geschäftsherrn und des Stellvertreters zum Dritten sind nach dem Recht zu beurteilen, das der Geschäftsherr in einer für den Dritten erkennbaren Weise bestimmt hat.

(2) Ist das anzuwendende Recht nicht bestimmt worden, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Stellvertreter nach dem dem Dritten erkennbaren Willen des Geschäftsherrn tätig werden soll; ist der Stellvertreter für mehrere Geschäfte bestellt worden, so nach dem Recht des Staates, in dem er nach dem dem Dritten erkennbaren Willen des Geschäftsherrn regelmäßig tätig werden soll.

(3) Versagt auch die im Abs. 2 vorgesehene Anknüpfung, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Stellvertreter tätig wird.

 

ABSCHNITT 8
SCHLUSSBESTIMMUNGEN

§ 50. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 1979 in Kraft.

(2) Die Neufassung des § 35, die Aufhebung der §§ 36 bis 45 sowie der § 53 Abs. 2 treten mit 1. Dezember 1998 in Kraft und sind auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach dem 30. November 1998 geschlossen worden sind.

(3) § 33a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 117/2003 tritt mit 1. Dezember 2003 in Kraft.

§ 51. (1) Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes verlieren alle Bestimmungen, die in diesem Bundesgesetz geregelte Gegenstände betreffen, vorbehaltlich der §§ 52 und 53, ihre Wirksamkeit. Dazu gehören besonders

  1. der Buchstabe a des Patentes vom 16. September 1785, JGS 468,
  2. die §§ 4, 34 bis 37 und 300 ABGB,
  3. der § 22 zweiter Satz des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz),

  4. der § 271 Abs. 2 ZPO, soweit er die Ermittlung fremden Rechtes betrifft,
  5. der § 14 der Entmündigungsordnung,
  6. der § 49 des Schauspielergesetzes,
  7. der § 1 Abs. 2 des Gesetzes vom 15. November 1940 über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken,
  8. die §§ 6 bis 13 und 15 bis 18 der 4. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz,
  9. der § 12 des Todeserklärungsgesetzes 1950.

(2) Gleichzeitig entfallen

  1. im § 23 Abs. 3 erster Satz Außerstreitgesetz die Worte "nach inländischen Gesetzen",
  2. im § 24 Abs. 1 Außerstreitgesetz die Worte "nach den österreichischen Gesetzen, "
  3. im § 25 Außerstreitgesetz die Worte "und nach österreichischen Gesetzen, "
  4. im § 140 Abs. 1 zweiter Satz Außerstreitgesetz die Worte "nach den hierländigen Gesetzen".

§ 52. Durch dieses Bundesgesetz bleiben folgende Rechtsvorschriften unberührt:

  1. die §§ 94 bis 100 des Urheberrechtsgesetzes,
  2. die Art. 91 bis 98 des Wechselgesetzes 1955,
  3. die Art. 60 bis 66 des Scheckgesetzes 1955,
  4. das Bundesgesetz vom 30. Oktober 1958 über die Anwendung des österreichischen Rechtes im Sinn des Art. 2 des Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anwendbare Recht,
  5. der § 4 und der § 5 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 des Kartellgesetzes,
  6. der § 34 des Schiffahrtsanlagengesetzes.

Anmerkung

Zu Z 2: Im Bereich des Wechselrechts bleibt gemäß § 53 auch das Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiete des internationalen Wechselprivatrechts, BGBl. Nr. 289/1932, unberührt.

Zu Z 3: Im Bereich des Scheckrechts bleibt gemäß § 53 auch das Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiete des internationalen Scheckprivatrechts, BGBl. Nr. 47/1959, unberührt.

§ 53. (1) Bestimmungen zwischenstaatlicher Vereinbarungen werden durch dieses Bundesgesetz nicht berührt.

(2) Die Bestimmungen des am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht sowie des am 19. Dezember unterzeichneten Ersten Protokolls betreffend die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und des am 19. Dezember 1988 unterzeichneten Zweiten Protokolls zur Übertragung bestimmter Zuständigkeiten für die Auslegung des Übereinkommens auf den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sind unmittelbar anzuwenden.

Anmerkung

Einschlägige zwischenstaatliche Vereinbarungen sind:

§ 54. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut.

zum Seitenanfang

zur Gesetzesübersicht