Überwachungsverordnung |
Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs (Überwachungsverordnung - ÜVO) BGBl. II Nr. 418/2001 idF BGBl II 559/2003
Geltungsbereich
§ 1. Diese Verordnung regelt die Gestaltung der technischen Einrichtungen zur Gewährleistung der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieser Verordnung bedeutet
1. "Betreiber" derjenige, der einen öffentlichen Telefondienst gemäß
§ 3 Z 16 TKG 2003 erbringt und in dessen Netz physikalische
Teilnehmeranschlüsse vorhanden sind;
2. "Teilnehmeranschluss" die technische Einrichtung, die Ursprung oder Ziel der
Telekommunikation ist und durch eine Adresse eindeutig gekennzeichnet ist
(physikalischer Anschluss), oder die Adresse, die der Teilnehmer einem
physikalischen Anschluss fallweise zuordnen kann;
3. "Adresse" die Gesamtheit aller Adressierungselemente, die zur Festlegung des
Zieles einer Kommunikationsverbindung dienen;
4. "Funkzelle" der kleinste durch seine geografische Lage bestimmbare
funktechnische Versorgungsbereich in einem Mobilfunknetz;
5. "Übernahmeschnittstelle" die Schnittstelle bei einem Betreiber, an die die zu
überwachende Telekommunikation vom Betreiber an die überwachende Stelle
übermittelt wird, wobei die Übernahmeschnittstelle als Wähl- oder als
Festverbindung ausgestaltet sein kann;
6. "Schnittstelle" der Übergabepunkt bei einem Betreiber, an dem die zu
überwachende Telekommunikation in einem festgelegten technischen Format vom
Betreiber bereitgestellt wird.
Bereitzuhaltende Funktionen
§ 3. (1) Betreiber haben in ihren Anlagen die
Funktionen bereitzuhalten, die in der Lage sind über aktive Mitwirkung des
Betreibers im Einzelfall die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation
zu gewährleisten, die
1. von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss ausgeht oder für diesen bestimmt ist,
2. zu Datenspeichern geleitet wird, die dem Teilnehmeranschluss zugeordnet sind,
oder die aus solchen Datenspeichern abgerufen wird.
(2) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten, die in
der Lage sind, die Inhaltsdaten sowie die sonstigen mit der Überwachung der
Telekommunikation in Zusammenhang stehenden erforderlichen Informationen zur
Verfügung zu stellen:
1. die Adresse des zu überwachenden Teilnehmeranschlusses;
2. die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss aus gewählten Adressen, auch
wenn keine Verbindung zustande kommt,
3. die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss aus gewählten
unvollständigen Adressen, falls ein begonnener Verbindungsversuch vorzeitig
beendet wird;
4. die Adressen der Teilnehmeranschlüsse, von denen aus der zu überwachende
Teilnehmeranschluss gewählt wird, auch wenn keine Verbindung zustande kommt;
5. bei der Inanspruchnahme von Diensten, welche die Telekommunikation um- oder
weiterleiten (Rufumleitung oder Rufweiterschaltung), die Adresse der Um- oder
Weiterleitung, bei virtuellen Anschlüssen die jeweils zugeordneten
physikalischen Anschlüsse;
6. bei zu überwachenden Teilnehmeranschlüssen, die fallweise einem anderen
Anschluss zugeordnet werden können, die Adresse dieses anderen Anschlusses;
7. den jeweils angeforderten oder in Anspruch genommenen Dienst oder das
Dienstemerkmal;
8. die technische Ursache für den Abbau oder das Nichtzustandekommen der zu
überwachenden Verbindung;
9. bei zu überwachenden Mobilanschlüssen die Funkzellen, über die die zu
überwachende Verbindung abgewickelt wird;
10. zumindest zwei der folgenden Angaben:
a) Beginn der Verbindung oder des Verbindungsversuchs mit Datum und Uhrzeit;
b) Ende der Verbindung oder des Verbindungsversuchs mit Datum und Uhrzeit;
c) Dauer der Verbindung.
(3) Die Verpflichtungen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 10 treffen den Betreiber im Einzelfall nur, soweit ihm dies auf Grund wirtschaftlicher und technischer Gegebenheiten zumutbar ist.
(4) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten, die in der Lage sind, über aktive Mitwirkung des Betreibers im Einzelfall die an der Schnittstelle bereitgestellten Daten eindeutig einer bestimmten richterlichen Anordnung zuzuordnen und, in Fällen, in denen Inhaltsdaten und die in Abs. 2 Z 1 bis 9 angeführten Daten auf voneinander getrennten Wegen von der Schnittstelle zu der Übernahmeschnittstelle übermittelt werden, die Inhaltsdaten und die jeweils zugehörigen Daten nach Abs. 2 Z 1 bis 9 so zu kennzeichnen, dass sie einander zweifelsfrei zugeordnet werden können.
(5) Die Abs. 1 bis 3 gelten sinngemäß auch für
1. Telekommunikationsverbindungen mit mehr als einer Gegenstelle, soweit und
solange der zu überwachende Teilnehmeranschluss an einer solchen Verbindung
teilnimmt;
2. Telekommunikationsverbindungen, die für den zu überwachenden
Teilnehmeranschluss bestimmt sind oder von diesem aufgebaut werden, wenn dieser
Teilnehmeranschluss fallweise einem anderen Teilnehmeranschluss zugeordnet ist
oder die Verbindung von einem anderen Teilnehmeranschluss angenommen wird;
3. Fälle, in denen für den zu überwachenden Teilnehmeranschluss mehrere
Telekommunikationsverbindungen gleichzeitig bestehen.
Technische Schnittstelle
§ 4. (1) Betreiber haben in ihren Anlagen die
Funktionen bereitzuhalten, die in der Lage sind, über aktive Mitwirkung des
Betreibers im Einzelfall die Telekommunikation für die gesamte Dauer der
gerichtlich angeordneten Überwachungsmaßnahme an einer festgelegten technischen
Schnittstelle bereitzustellen. Die Schnittstelle, an der die zu überwachende
Telekommunikation bereitgestellt wird, muss technisch so gestaltet sein, dass
1. an ihr ausschließlich die Telekommunikation bereitgestellt wird, die von dem
zu überwachenden Teilnehmeranschluss herrührt oder für diesen bestimmt ist,
2. die Qualität der an ihr bereitgestellten Telekommunikation nicht schlechter
ist als jene, die dem zu überwachenden Teilnehmer bei der jeweiligen Verbindung
geboten wird,
3. die Übermittlung der an ihr bereitgestellten Telekommunikation mittels
genormter, allgemein verfügbarer Übertragungswege und -protokolle erfolgen kann
und
4. der vom European Telecommunications Standardisation Institute erarbeitete
Europäische Standard ES 201 671 Version 2.1.1. eingehalten wird.
(2) Für die Übermittlung der an der Schnittstelle bereitgestellten zu überwachenden Telekommunikation sind grundsätzlich Festverbindungen oder ISDN-Wählverbindungen oder ähnlich schnell aufbaubare Wählverbindungen zu nutzen. Soll die Übertragung mittels Wählverbindungen erfolgen, muss die Schnittstelle auch die Fähigkeit zum automatischen Verbindungsaufbau zu einem zu benennenden Anschluss beinhalten, an den die Aufzeichnungseinrichtung angeschlossen ist. Wählverbindungen sind zu Beginn jeder für den zu überwachenden Anschluss bestimmten oder von diesem herrührenden Telekommunikation aufzubauen und nach deren Ende wieder auszulösen. Die erforderlichen Zugänge zum Wählnetz sind Bestandteil der Schnittstelle. Die zu überwachende Telekommunikation ist ab ihrer Bereitstellung an der Schnittstelle durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen gegen die unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen.
(3) Der Betreiber hat unter Berücksichtigung der praxisorientierten Erfordernisse, insbesondere der Anforderungen nach § 3 Abs. 2, festzulegen, von welcher der in Abs. 2 Satz 1 genannten Möglichkeiten er in einer bestimmten Telekommunikationseinrichtung Gebrauch macht. Für den Fall, dass die zu überwachende Telekommunikation nicht an einer einzelnen Schnittstelle bereitgestellt werden kann, müssen die Schnittstellen so gestaltet sein, dass Wählverbindungen realisiert werden können.
(4) Wenn der Betreiber die ihm zur Übermittlung anvertrauten Inhaltsdaten durch technische Maßnahmen gegen die unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte schützt, muss die Schnittstelle in der Lage sein, die ungeschützten Inhaltsdaten bereitzustellen. Falls der Betreiber für den Teilnehmer die Inhaltsdaten verschlüsselt, muss die Schnittstelle in der Lage sein, nach den Abs. 1 bis 3 die entschlüsselten Inhaltsdaten bereitzustellen.
(5) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten, die sicherstellen, dass Überwachungsmaßnahmen so durchgeführt werden können, dass sie weder von den an der Telekommunikation Beteiligten noch von Dritten feststellbar ist. Insbesondere dürfen die Betriebsmöglichkeiten des zu überwachenden Teilnehmeranschlusses durch die Überwachungsmaßnahme nicht verändert werden.
Verlautbarungen
§ 5. Die in dieser Verordnung zitierten Unterlagen mit technischem Inhalt liegen beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie während der Amtsstunden zur Einsicht auf.
Zeitlicher Geltungsbereich
§ 6. (1) Die mit den §§ 3 und 4 auferlegten Verpflichtungen bestehen ab dem Zeitpunkt, in dem die Erbringung des Telekommunikationsdienstes aufgenommen wird. Dies gilt sinngemäß auch für jede Erweiterung oder Änderung des Telekommunikationsdienstes oder der Telekommunikationseinrichtungen, mit welchen der Telekommunikationsdienst erbracht wird.
(2) Betreiber von Telekommunikationseinrichtungen, mittels derer zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung bereits Telekommunikationsdienste erbracht werden, haben die Verpflichtungen gemäß §§ 3 und 4 unverzüglich, spätestens jedoch sechs Monate nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung zu erfüllen.
(3) § 4 Abs. 1 Z 4 tritt mit 1. Jänner 2005 in Kraft.
(4) § 4 Abs. 2 tritt hinsichtlich der Übermittlung von Vermittlungsdaten mit 1. Jänner 2005 in Kraft.