Rücktrittsrecht bei eBay-Kauf
BG Wr. Neustadt, Urteil vom 15.5.2006, 2 C 569/06i
***** Zusammenfassung *****
Der Beklagte, der über eBay innerhalb eines Halbjahres 16 Motorräder und 4 mal Motorradzubehör einkaufte und innerhalb von 2 Monaten 7 Motorräder und 12 mal Motorradzubehör verkaufte und dabei einen geringen Gewinn erzielte bzw. ein Entgelt erhielt, schloss mit NN über eBay einen Kaufvertrag über ein Motorrad zu einem Preis von EUR 1.200. Nachdem sich der Beklagte geweigert hatte, angebliche Mängel zu beheben, trat NN vom Kaufvertrag unter Hinweis auf das verlängerte Rücktrittsrecht wegen unterlassener Belehrung zurück und trat seine Ansprüche zur Klagsführung an den VKI ab.
Das BG verurteilte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückstellung des Motorrades und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von Anmelde- und sonstigen Nebenkosten ab. Der Beklagte sei aufgrund seiner regelmäßigen An- und Verkäufe als Unternehmer zu beurteilen. Eine "eBay-Auktion" sei keine Versteigerung im Sinne des § 5b Z4 KSchG (auf welche die durch das Fernabsatzgesetz in das KSchG eingefügten Bestimmungen nicht anwendbar sind). Die Nebenkosten seien nicht zu ersetzen, weil mangels Verschulden kein schadenersatzpflichtiges Verhalten vorliege (nicht rk).
- Anmerkung: Die Frage, die sich seit der Entscheidung des BGH vom 3.11.2004, VIII ZR 375/03, die Internetjuristen in Ö stellen, ob eine eBay-Versteigerung eine Versteigerung im Sinne des Fernabsatzgesetzes ist, wird hier schlicht mit nein beantwortet, allerdings ohne jegliche Begründung. Das Urteil ist daher vorläufig nicht mehr als eine weitere Meinung zu diesem Thema; allerdings eine sehr wichtige, denn sie ermöglicht - und das ist der Sinn eines Musterverfahrens - den Weg zum OGH. Das Problem dabei ist, dass die Begründung der BGH-Entscheidung nicht auf Ö übertragbar ist, weil es in D eine Legaldefinition der Versteigerung gibt (§ 156 BGB). Hingegen ist in Ö nicht gesetzlich geregelt, was eine Versteigerung ist. Allerdings kommt es dabei möglicherweise gar nicht auf das österreichische Rechtsverständnis an, weil die Ausnahme im Fernabsatzgesetz auf die EU-Fernabsatzrichtlinie zurückgeht. Die Frage hat daher richtigerweise zu lauten: Was versteht der europäische Gesetzgeber unter einer Versteigerung und fällt das Geschehen bei eBay unter diesen Begriff? Die Richtlinie selbst schweigt sich dazu (auch in den Erwägungen) aus. In Art. 3 Abs. 1 heißt es lapidar: Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge, die bei einer Versteigerung geschlossen werden. Dies könnte darauf hindeuten, dass nicht nur hoheitliche Versteigerungen im Sinne unserer Exekutionsordnung gemeint sind, bei denen ein amtlicher Zuschlag erfolgt, sondern auch Versteigerungen, die - wie bei eBay - auf einer Vertragskonstruktion basieren.
 - Axel Anderl, Versteigerung bleibt Versteigerung - Kein Rücktrittsrecht bei Online-Auktionen, RdW 2005, 440
 
***** Entscheidung *****
Das Bezirksgericht Wr.Neustadt hat durch den Richter Dr. Herbert Beran in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Linke Wienzeile 18, 1060 Wien, vertreten durch Brauneis Klausner Prändl Rechtsanwälte GmbH. Bauernmarkt 2, 1010 Wien, wider die beklagte Partei XY wegen € 1.415,15 s.A. entschieden:
1) Der Beklagte ist schuldig, Zug um Zug gegen Rückgabe des Motorrades Honda Transalp mit der Fahrgestell-Nr. PD06 5204183 der klagenden Partei € 1.200,-- samt 4 % Zinsen seit 19.12.2005 bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
2) Das Mehrbegehren auf Zahlung von weiteren € 215,15 samt 4 % Zinsen seit 19.12.2005 Zug um Zug gegen Rückgabe dieses Motorrades wird abgewiesen.
3) Der Beklagte ist weiters schuldig, der Klägerin die mit € 880,31 bestimmten Verfahrenskosten (darin € 105,-- an 20%iger USt und € 250,27 an anteiligen Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Entscheidungsgründe:
1) Parteienvorbringen und Verfahrensgang
1.1.
Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von € 1.415,15 Zug um Zug gegen 
Rückgabe des angeführten Motorrades. In eventu wurde die Aufhebung des 
abgeschlossenen Kaufvertrages sowie die Zahlung Zug um Zug eines Betrages von € 
1.415,15 begehrt, als weiteres Eventualbegehren wurde der Zuspruch von € 550,-- 
samt 4 % Zinsen begehrt. 
Hiezu brachte die Klägerin vor: NN sei Verbraucher und habe mit dem Beklagten am 
2.10.2005 über die Internet-Plattform „eBay" einen Kaufvertrag über das Motorrad 
abgeschlossen. Der Käufer habe sämtliche Ansprüche aus diesem Kaufvertrag zur 
klageweisen Geltendmachung an die klagende Partei abgetreten und habe die 
klagende Partei diese Abtretung angenommen. Der Beklagte sei Kaufmann im Sinne 
des § 1 HGB und betreibe den Handel mit Motorrädern und Motorradzubehör. Der 
Beklagte habe über die Internetplattform „eBay" innerhalb von zwei Monaten 7 
Motorräder verkauft, 12 Mal habe er Motorradzubehör verkauft, weiters habe er 
zwischen Sommer 2005 und Ende November 2005 zumindest 16 Motorräder sowie 4 Mal 
Motorradzubehör über diese Internetplattform eingekauft. Die Grenze zur 
Unternehmereigenschaft sei somit deutlich überschritten. 
Das von NN gekaufte Motorrad habe Mängel aufgewiesen. Auf Grund des Scheiterns 
einer außergerichtlichen Einigung habe NN per e-mail vom 19.12.2005 seinen 
Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 5e 
KSchG erklärt. Diese Rücktrittserklärung sei mit eingeschriebener Briefsendung 
vom 2.1.2006 wiederholt worden. 
Bei einer eBay-Auktion handle es sich um einen Vertragsabschluss im Fernabsatz. 
Da der Beklagte seinen Informationspflichten gemäß
§ 5 d Abs.1 und 2 KSchG nicht 
nachgekommen sei, sei der Rücktritt gemäß
§ 5e KSchG rechtzeitig. 
Aus dem Titel des Schadenersatzes würden folgende Beträge gefordert: Behördliche 
Anmeldung € 160,15, Zustandsüberprüfung € 25,--, Transportkosten € 30,--, 
zusammen € 215,15. Der Schadenersatz gebühre auf Grund verschuldeter 
mangelhafter Erfüllung des Vertrages durch die beklagte Partei, es handle sich 
um typische Mängelfolgeschäden. 
1.2.
Der Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung: Auf ihn seien
§ 5a ff KSchG nicht anzuwenden, er 
habe die dokumentierten Geschäfte nur aus Gefälligkeit gemacht und daran nur 
ganz wenig verdient. Er habe für seine Tätigkeit immer nur ein kleines Entgelt 
bzw. Naturalleistungen (z.B. ein Schnitzel) bekommen. Eine außergerichtliche 
Einigung sei an der Frage der Transportkosten des Motorrades gescheitert. 
2) Festgestellter Sachverhalt
2.1.
Der Beklagte kauft und verkauft im Internet Motorräder sowie Motorradzubehör. 
Hiebei bedient er sich der Internetplattform „eBay". Er verkaufte innerhalb von 
zwei Monaten 7 Motorräder (inkl. sogenannten Mini-Motorrädern) und ca. 12 Mal 
Motorradzubehör (Motorradhelme und Stiefel). Weiters kaufte der Beklagte 
zwischen Sommer 2005 und Ende November 2005 zumindest 16 Motorräder und 4 Mal 
Motorradzubehör über die Internetplattform „eBay" ein. (vgl.3.1)
2.2.
Der Beklagte erzielte bei diesen An- und Verkäufen einen geringen Gewinn bzw. 
erhält er von den Personen, deren Motorräder er an- und verkauft für seine 
Tätigkeit ein Entgelt. (vgl.3.2.)
2.3.
Am 2.10.2005 schlossen NN und der Beklagte über diese Internetplattform „eBay" 
einen Kaufvertrag über das im Spruch angeführte Motorrad ab. Als Kaufpreis 
wurden € 1.200,-- vereinbart. Der Beklagte lieferte an NN am 8.10.2005 das 
Motorrad und bezahlte NN den vereinbarten Kaufpreis von € 1.200,-- an den 
Beklagten. Seitens des Beklagten erfolgte an NN niemals eine Belehrung gemäß
§ 5d Abs.1 und 2 des 
Konsumentenschutzgesetzes. Insbesonders wurde NN nicht darüber belehrt, dass er 
gemäß § 5c Abs.1 Zif.6 KSchG bzw. 
gemäß § 5e Abs.1 KSchG ein 
Rücktrittsrecht habe. 
Grund für diese fehlende Belehrung war, dass der Beklagte entweder diese 
Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes damals nicht kannte oder er der 
Auffassung war, sie seien auf ihn nicht anzuwenden. 
NN meldete das Motorrad bei der Zulassungsbehörde an, hiefür fielen Kosten von € 
160,15 an. Darüberhinaus bezahlte er dem Beklagten € 30,-- für den Transport des 
Motorrades nach Wien. 
In der Folge ließ NN den technischen Zustand des Motorrades durch den ARBÖ 
überprüfen und bezahlte hiefür € 25,--. 
Nach Auffassung des überprüfenden ARBÖ weist das Motorrad Mängel auf. Gespräche 
zwischen NN und dem Beklagten im Zusammenhang mit der von NN gewünschten 
Mängelbehebung scheiterten. 
Mit e-mail vom 19.12.2005 trat NN gemäß
§ 5e KSchG vom Vertrag zurück. 
Diese Rücktrittserklärung wurde mit eingeschriebener Briefsendung der 
Klagevertreter vom 2.1.2006 wiederholt. 
Das Motorrad befindet sich nach wie vor bei NN, der Beklagte zahlte € 1.200,-- 
NN nicht. 
Am 14.3.2006 trat NN seine Ansprüche zum Zwecke der Klagsführung gemäß § 502 
Abs. 5 Zif.3 ZPO an die klagende Partei ab. (vgl.3.1.)
3) Beweiswürdigung
3.1. (zu 2.1., 2.3.)
Diese Feststellungen ergaben sich aus den von der klagenden Partei vorgelegten 
Urkunden. 
3.2. (zu 2.2.)
Diese Feststellungen ergaben sich aus dem Vorbringen des Beklagten in der 
Verhandlung vom 15.5.2006. 
4) Rechtliche Beurteilung
Der Beklagte ist Unternehmer im Sinne der 
§ 1, 5a ff KSchG. 
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hier auf die Rechtsausführungen des 
Klagevertreters verwiesen. Der gefertigte Richter tritt diesen 
Rechtsausführungen bei, dies betrifft auch die Ausführungen darüber, dass eine „eBay-Auktion" 
keine Versteigerung im Sinne des § 5b 
Zif. 4 KSchG ist. 
Insbesonders kommt es weiters bei der Frage der Unternehmereigenschaft nicht 
darauf an, ob der Gewinn des Unternehmers groß und nur gering ist. 
Der Beklagte war daher gemäß § 5d 
des KSchG verpflichtet, an NN diverse Angaben zu übermitteln. Insbesonders war 
er verpflichtet, NN über das Bestehen eines Rücktrittsrechtes gemäß
§ 5e des KSchG zu informieren. 
Da der Beklagte dieser Informationspflicht nicht nachgekommen ist, beträgt die 
Rücktrittsfrist gemäß § 5e Abs.3 
des KSchG drei Monate. 
Der erfolgte Rücktritt ist daher rechtswirksam. 
Der Beklagte hat Zug um Zug gegen Rückgabe des Motorrades die € 1.200,-- samt 
gesetzlichen Zinsen zu bezahlen. 
Entgegen der Auffassung der klagenden Partei liegt ein schadenersatzpflichtiges 
Verhalten des Beklagten nicht vor: 
Das Rücktrittsrecht des § 5e KSchG 
ist vollkommen unabhängig davon, ob die gelieferte Ware Mängel oder behauptete 
Mängel aufweist oder nicht. Es oblag der alleinigen Entscheidung von NN im Falle 
des Vorliegens der behaupteten Mängel 
a) gestützt auf die Bestimmungen des Gewährleistungsrechtes die Verbesserung 
bzw. Preisminderung zu verlangen oder 
b) unabhängig von der fraglichen Existenz der Mängel rechtzeitig gemäß
§ 5e KSchG vom Vertrag 
zurückzutreten. 
Hätte NN sich für die erste Variante (Gewährleistungsrecht) entschieden, wären 
seine Aufwendungen für die Anmeldung des Motorrades sowie den Transport des 
Motorrades nicht nutzlos gewesen. Die Nutzlosigkeit dieser Aufwendungen ergab 
sich ausschließlich daraus, dass sich der Kläger bei Vorliegen von zwei 
Möglichkeiten für eine dieser Möglichkeiten entschieden hat. 
Dies kann aber dem Beklagten nicht zur Last gelegt werden. 
Aus diesen Gründen war das Klagebegehren soweit es die Zahlung von € 215,15 s.A. 
betraf, abzuweisen.
Zur Kostenentscheidung: Die Klägerin hat zu 85 % obsiegt. Hieraus ergibt 
sich, dass ihr 70 % der Rechtsanwaltskosten und 85 % der von ihr entrichteten 
Barauslagen zustehen. Die umfangreichen Kopien waren zur zweckentsprechenden 
Rechtsverfolgung notwendig. 
Da jedoch es sich bei der Klage um keine Mahnklage handelte, stehen für die 
Klage nur 60 % ES und nicht 120 % ES zu.