Internet & Recht - aktuell |
Einer gegen alle
Wie die Firma Meteodata dem Internet neue Regeln aufzwingen will und
warum das zum Scheitern verurteilt ist
Ende Februar dieses Jahres tauchten Medienberichte auf, wonach die oberösterreichische Firma Meteodata an zahlreiche Betreiber von Websites, Rechnungen von 1.000 bis 10.000 EUR für "unerlaubte Nutzung von Leistungen" geschickt hatte. Diese Website-Betreiber waren sich aber keiner Inanspruchnahme von Leistungen bewusst; sie hatten lediglich Links auf die öffentlich zugänglichen Seiten von Meteodata gelegt. Dieses Vorgehen hat einen Sturm der Entrüstung unter den Internetnutzern ausgelöst und auch unter Juristen zu sehr kontroversiellen Stellungnahmen geführt. Ein Monat später reißen die Meldungen von Betroffenen nicht ab; zuletzt waren es Beträge von bis zu EUR 13.000,--, die von Meteodata gefordert wurden.
Die Firma Meteodata will mit ihren Wetterkarten Geld verdienen. Das ist legitim. Die Frage ist nur, warum sie dann ihre Wetterkarten frei zugänglich im Internet anbietet. Das ist ungefähr so, als würde ein Bildhauer in einem öffentlichen Park seine Objekte zur Schau stellen und dann im nachhinein den Betrachtern, oder - bezogen auf die Linksetzer - der Zeitung, die auf die Ausstellung hinweist, eine Rechnung für den Kunstgenuss schicken.
Wer im WWW Inhalte publiziert und damit frei zugänglich zum Abruf bereithält, muss nicht nur davon ausgehen, dass sie betrachtet werden, sondern auch, dass Links darauf gelegt werden. Die Fragen, die sich rechtlich daraus ergeben können, sind, ob man das ausschließen kann und ob dies für jede Art von Link gilt. Diese Fragen sollen hier kurz mit Bezug auf die Meteodata-Problematik erörtert werden.
Das Verbot von Links
Zunächst stellt sich die Frage, ob man sich gegen Links wehren kann und wie das geschehen müsste. Wer eine Website publiziert und andererseits Links darauf untersagt, verhält sich widersprüchlich. Niemand kann mit rechtlichen Mitteln verhindern, dass auf eine öffentlich zugängliche Information hingewiesen wird; mehr als ein solcher Verweis ist aber ein gewöhnlicher Link seiner Rechtsnatur nach nicht. Würde man in einer Website (oder auch in einer Zeitung) schreiben: "Unter der Internetadresse *http://www.meteodata.at/flash/at03.html* finden Sie die aktuelle Wetterkarte von Salzburg", würden wahrscheinlich nicht einmal die Leute von Meteodata auf die Idee kommen, jemandem eine Rechnung zu schicken, obwohl man mit dem Eintragen der URL in den Browser dasselbe Ergebnis erzielt wie mit dem gleichlautenden Link.
Selbst wenn man die Meinung vertreten sollte, dass ein Ausschluss von Links zulässig sein sollte, stellt sich die Frage, welche Anforderungen man an ein solches Verbot stellen müsste. Nachdem das Linken allgemeiner Usus ist, muss ein Ausschluss des Linkrechtes so deutlich und unmissverständlich erklärt werden, dass dies vom Linksetzer nicht übersehen werden kann. Der Hinweis auf eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unter diesen Umständen sicher nicht ausreichend. Ein Linksetzer schließt keinen Vertrag ab, deswegen entfalten standardisierte Vertragsbedingungen für ihn keine Wirkungen. Aber auch ein Hinweis auf der Homepage würde den Linksetzer nicht haftbar machen, weil den Linksetzer keinerlei Verpflichtung trifft, vor dem Setzen eines Links auf eine Webseite die dazugehörige Homepage zu studieren. Das wird in der Praxis auch kaum gemacht, da man auf interessante Links meist durch Zufall oder über Suchmaschinen stößt. Ein Verbot, das geeignet sein könnte, die Zustimmungsfiktion (wenn es einer Zustimmung bedürfte) zu widerrufen, ist daher praktisch nur dadurch vorstellbar, dass der Website-Betreiber den Linksetzer auffordert, einen bereits gesetzten Link zu entfernen. Einer solchen Aufforderung sollte man nachkommen, selbst wenn ihr rechtlicher Gehalt fragwürdig ist.
Diese Anforderungen an ein Verbot stellen schon deswegen keine unzumutbare Härte gegen den Website-Betreiber dar, weil er die Situation, die er bekämpft, selbst durch sein Verhalten herbeigeführt hat und daher nicht schutzwürdig ist. Der Website-Betreiber hätte mehrere Möglichkeiten seine Seiten vor allgemeinem Zugriff zu schützen. Die einfachste wäre, sie gar nicht zu publizieren, die nächstbeste, sie nur gegen Registrierung zugänglich zu machen. Daneben gibt es technische Möglichkeiten, Links abzuwehren, Suchmaschinen die Indizierung zu untersagen oder zumindest die Adressanzeige zu unterdrücken. Nichts davon hat Meteodata unternommen. Was soll also das Ganze?
Von manchen wird argumentiert, dass es Website-Betreibern freistehen müsse, bestimmte Personen von der Nutzung ihres Angebotes auszuschließen und etwa Links von rechtsradikalen Seiten auf die eigenen Seiten zurückzuweisen. Eine solche Vorgehensweise ist aber nicht begründbar. Schließlich kann der Designer eines Plakats auch nicht anordnen, dass die Personen A und B nicht hinschauen dürfen. Ebenso kann nicht dagegen vorgegangen werden, dass rechts- oder linksradikale Kreise in ihrem Medium für ein Werk Werbung betreiben, auch wenn dies vielleicht dem Autor nicht angenehm ist. Genauso wenig kann aber gegen einen korrekten Link vorgegangen werden.
Die problematischen Links
Auch wenn das Linken selbst gewöhnlich unbedenklich ist, können im Konnex mit der Darstellung des Linkzieles unerwünschte Ergebnisse auftreten. Soweit etwa bei den Meteodata-Fällen von den Linksetzern der Frame mit der Wetterkarte in ein eigenes Frameset (Frameset des Linkerstellers) eingefügt worden ist, ergibt sich damit ein Anknüpfungspunkt für das Wettbewerbsrecht. Da sich der Linksetzer durch die Vermittlung von Wetterinformationen in Wettbewerb mit der Firma Meteodata setzt und eine auf Entgelt gerichtete Tätigkeit im Wettbewerbsrecht nicht erforderlich ist, kann nach dem UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) vorgegangen werden. Im gegenständlichen Fall wäre § 1 UWG im Sinne einer Ausbeutung fremder Leistung oder sittenwidriger Leistungsübernahme anwendbar.
Daraus ergibt sich allerdings nicht die Verpflichtung, eine Rechnung für Inanspruchnahme einer Leistung zu bezahlen. Es kann aber unter Umständen auf Unterlassung einer bestimmten Handlung, hier konkret des Linkens, geklagt werden kann. Das führt einerseits dazu, dass dem Beklagten diese Vorgangsweise gerichtlich untersagt wird; bei weiterem Zuwiderhandeln kann dann mit dem Unterlassungsurteil Exekution (durch Verhängung von Zwangsstrafen) geführt werden. Die für den Linksetzer unangenehmere Folge ist aber, dass er auch im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses des Unterlassungsanspruches die Kosten des Verfahrens zu bezahlen hat. Die Abwägung, was letztendlich billiger ist - Zahlung der ungerechtfertigten Rechnung oder die möglichen Verfahrenskosten, sollte einem Rechtsanwalt überlassen werden. Angemerkt sei noch, dass im Falle einer allzu hohen Bewertung des Unterlassungsbegehrens (danach richtet sich die Höhe der Kosten) eine Streitwertbemängelung nach § 7 RATG möglich ist. Aufgrund einer solchen Bekämpfung des unangemessen hohen Streitwertes kann das Gericht den Streitwert auf einen angemessenen Betrag herabsetzen; damit wird der Prozess billiger.
Die unproblematischen Links
In verschiedenen Fällen wurde von Meteodata auch für Links Entgelt verlangt, bei denen der Link auf den Frame mit der Wetterkarte in einem neuen Fenster oder jedenfalls auf der ganzen Seite ohne Vermischung mit eigenen Inhalten dargestellt wurde. Der Link auf den Wetterframe lautet "http://www.meteodata.at/html/at/at.htm"; diese URL des Hauptframes erhält man auch bei Suchanfragen über die Suchmaschinen. Die Suchmaschinen werden nicht von der Indizierung des Hauptframes ausgeschlossen (das können Sie feststellen, indem Sie mit der rechten Maustaste in den Hauptframe - nicht in das Bild - klicken und dann auf "Quelltext"). Ein Link auf den Hauptframe wird auch nicht verhindert oder auf die komplette Seite oder die Homepage weitergeleitet; was technisch ganz einfach möglich wäre.
Der Hauptframe mit der Wetterkarte enthält neben einem Text über das aktuelle Wetter und die Wettervorschau auch den Copyright-Vermerk "Quelle: © Meteodata" mit einem Link auf die Homepage von Meteodata. Die URL des gesamten Framesets (Wetterkarte samt den umgebenden Informationen) ist auf der Meteodata-Site nicht feststellbar, möglicherweise existiert auch gar keine solche URL. Ein Website-Betreiber kann darauf verzichten, für jede Information in einem Hauptframe eine komplette Frameset-Seite bereitzustellen, damit immer auf das ganze Frameset gelinkt werden kann; dies erspart dem Website-Ersteller Arbeit, führt aber dazu, dass nur auf den Hauptframe gelinkt werden kann. Auf der Meteodata-Website werden die einzelnen Wetterkarten entweder über Links im Navigationsframe im Hauptframe dargestellt oder direkt über den Link in der Wetterkarte im gleichen Frame.
Beispiel: Nehmen wir diesen Artikel. Die Adresse des Hauptframes lautet http://internet4jurists.at/news/aktuell16a.htm. Viele Links, vor allem von den Suchmaschinen, werden auf diese Seite gehen. Daneben gibt es diese Seite aber auch im kompletten Frame-Set: http://internet4jurists.at/news/aktuell16.htm.
Bei diesen Links hat die Firma Meteodata abgesehen von ihrem Standpunkt in den AGB, dass auch ein Link auf die Homepage genehmigungspflichtig sei, beanstandet, dass nicht das gesamte Frameset übernommen worden sei. Nach dem Bericht eines Rechnungsempfängers habe sich das Meteoadata so vorgestellt, dass der Linkende nicht auf den Hauptframe alleine linken dürfe, sondern auch auf Navigationsframe, Kopfframe und Fußframe linken müsse. Eine solche Vorgangsweise würde darauf hinauslaufen, dass der Linksetzer das Frameset von Meteodata auf seiner Seite nachbilden und aus den einzelnen Links die Meteodata-Seite quasi zusammensetzen müsste. Eine solche Vorgangsweise strotzt nicht nur vor Unkenntnis, sondern wäre auch in viel höherem Ausmaß bedenklich als ein gewöhnlicher Link auf den Wetterframe. Dadurch würden nämlich alle Frames von Meteodata in das eigene Frameset des Linkenden übernommen und wiesen damit die Adresse der Linkseite auf.
Wird hingegen mangels Bestehens eines linkfähigen Framesets auf der Meteodata-Site auf den Wetterframe gelinkt und das Ergebnis in einem neuen Fenster oder auf der ganzen Seite - und damit unvermischt - dargestellt, führt das weder zu urheberrechtlichen noch zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Bei Betätigung des Links wechselt die Adresszeile des Browsers auf die URL von Meteodata, der Surfer sieht auch aufgrund der Beschriftung, dass das eine Seite von Meteodata ist und er kann über den Link in der Quellenangabe der Wetterseite bequem auf die Homepage von Meteodata wechseln und dort das übrige Angebot von Meteodata studieren. Meteodata sollte froh sein über einen solchen Link.
Wenn Meteodata soviel Wert darauf legt, dass nur ihre kompletten Webseiten dargestellt werden, fragt man sich, wieso sie dann Frames verwenden, und wenn schon Frames, warum keine kompletten Frame-Sets oder warum sie nicht Skripts einsetzen, die den Link auf den einzelnen Frame auf die gewünschte Seite weiterleiten. Hoffentlich liegt der Grund nicht darin, dass dann der Anlass für die Rechnungen wegfallen würde!
Viele Probleme im Internet sind erst durch die Frametechnik entstanden. Einigen Vorteilen stehen viele Nachteile gegenüber. Es sind daher bereits viele Website-Betreiber wieder davon abgegangen. Diese Website verwendet Frames, weil sie viele lange Texte enthält und in einem solchen Fall die Frame-Darstellung benutzerfreundlicher ist, weil die Navigationsleiste immer sichtbar ist und man nicht immer zurückscrollen muss, um die Navigatgionselemente in das Blickfeld zu bekommen. Ein weiterer Grund liegt darin, dass dem Betreiber Links auf Hauptframes nichts ausmachen, weil der Informationsanbieter auf jedem Hauptframe ersichtlich ist.
Übersicht
Als Korrektur der früheren Darstellung werden hier noch einmal die verschiedenen Linkarten und ihre rechtliche Beurteilung zusammengestellt. Durch den Wegfall der digitalen Kopie als Anknüpfungspunkt für das Urheberrecht (siehe Näheres) ergeben sich ganz wesentliche Auswirkungen für die Beurteilung der einzelnen Link-Arten.
Link auf | Darstellung | Beurteilung | |
1 | ganze Seite | neues Fenster | unproblematisch; dokumentiert am besten den Wechsel in eine andere Website - auch ohne explizite Erwähnung im Text |
2 | ganze Seite | ganze Seite | normalerweise ebenfalls unproblematisch und im Internet auch üblich; der Inhalt der Linkseite wird im Browserfenster zur Gänze durch den Inhalt der gelinkten Seite ersetzt; es kommt zu keiner Vermischung; der optische Eindruck ist bei der üblichen Darstellung des Browserfensters auf der ganzen Monitorfläche ident mit Variante 1 (siehe dazu) |
3 | ganze Seite | Frame | problematisch und daher nur mit Zustimmung empfehlenswert, vor allem, wenn im Text nicht auf den fremden Inhalt und dessen Anbieter hingewiesen wird; es entsteht der Eindruck der Eingliederung in die Website des Linkenden, was urheberrechtlich dann problematisch ist, wenn dem Inhalt der gelinkten Seite Werkcharakter zukommt; wettbewerbsrechtlich kann diese Variante unter dem Aspekt der sittenwidrigen Leistungsübernahme Probleme bereiten |
4 | Frame | neues Fenster | Problem, mit dem der Ersteller von Frame-Seiten immer rechnen muss (siehe obige ausführliche Darstellung); sollte nach Möglichkeit vermieden werden, die Hauptverantwortung liegt aber beim Ersteller der Seiten, der auch am einfachsten vorsorgen kann; beim Linken unbedingt im Text auf den Fremdanbieter hinweisen! |
5 | Frame | ganze Seite | dazu wird auf die Beurteilung zu Punkt 4 und 2 verwiesen |
6 | Frame | Frame | gefährlichste Darstellungsweise; der Linkende pickt sich aus der fremden Site einen Teil heraus und fügt ihn in sein eigenes Frameset ein; kann urheberrechtlich und wettbewerbsrechtlich relevant sein (siehe Variante 3) |
7 | Bild o. Obj. | eingebettet in die Seite |
ohne Zustimmung jedenfalls unzulässig, insbesondere, wenn dem Bild oder Objekt Werkcharakter zukommt oder es sich um ein Foto (besonderer Lichtbildschutz) handelt. |
Salzburg, am 8.4.2002 mit Ergänzungen am 6.5.2002