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Entscheidungen zum Urheberrecht

Zusammenfassungen: Österreich - Deutschland - International - Alle
Übersichtsliste: Österreich - Deutschland - International - Alle

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Tauschbörsen Grokster und Morpheus haften nicht für Urheberrechtsverletzungen ihrer Benutzer
United States Court of Appeals (San Francisco), Urteil vom 03.02.2004, No. 03-55894, CV-01-09923-SVW

Die Kläger - Interessenverbände der amerikanischen Unterhaltungsindustrie - wollten zwei Hersteller von Tauschbörsensoftware haftbar machen, weil angeblich 90 Prozent des damit getauschten Materials gegen das Urheberrecht verstoße. Die Betreiber müssten zumindest Filter einbauen, die Copyright-Verletzungen verhindere.
Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen.
Das Berufungsgericht bestätigt diese Entscheidung. Die Unternehmen stellten im Gegensatz zu Napster (zentraler Server) nur Software zur Verfügung, mit der Dateien über das Internet getauscht werden könnten, unabhängig ob sie Copyright-geschützt seien. Die Beklagten leisteten keinen direkten Beitrag zu Urheberrechtsverletzungen.

Fußballspieler als Vorlage für Computerspiel
OLG Hamburg, Urteil vom 13.01.2004, 7 U 41/03

» BGB §§ 823, 1004
» KUG §§ 22, 23
» GG Art 1, 2
Es ist verboten, in einem Computerspiel mit dem Namen und der bildlichen Darstellung eines bekannten Fußballspielers zu werben, ohne die Zustimmung des Betroffenen eingeholt zu haben. Zwar kann es sich bei der bildlichen Darstellung um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 KUG) handeln, der Verwendung dieser Bildnisse steht aber das Interesse des Betroffenen entgegen, dass seine Person nicht aus letztlich kommerziellen Interessen als Spielfigur vereinnahmt wird.

Weinatlas (Rebsortenbuch)
OGH, Beschluss vom 16.12.2003, 4 Ob 221/03h

» UrhG § 3
» UrhG § 5
Der Kläger hat eigene Fotos von Weintrauben für ein Rebsortenbuch verwendet. Die Zweitbeklagte verwendete für ihren von der Erstbeklagten vertriebenen Weinatlas, Aquarelle, die von einer englischen Künstlerinnen anhand der Fotos des Klägers nachgemalt worden waren.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt; das Berufungsgericht bestätigte.

Der zweidimensionalen Wiedergabe eines in der Natur vorgefundenen Objekts ist dann urheberrechtlicher Werkcharakter zuzubilligen, wenn die selbst gestellte Aufgabe, eine möglichst naturgetreue Abbildung zu erreichen, dennoch ausreichend Spielraum für eine individuelle Gestaltung zulässt. Die Fotos des Klägers sind auf Grund der charakteristischen Anordnung von jeweils einem Weinblatt links, einem kurzen Stück Rebe und einer daran hängenden
Traube pro Rebsorte und Foto ausreichend individuell und unterscheidungskräftig.
An das Vorliegen einer freien Benützung iSd § 5 Abs 2 UrhG sind angesichts des schier unerschöpflichen Fundus an frei benützbarem Material strenge Anforderungen zu stellen. Freie Benützung setzt also voraus, dass das fremde Werk nicht in identischer oder umgestalteter Form übernommen wird, auch nicht als Vorbild oder Werkunterlage, sondern lediglich als Anregung für das eigene Werkschaffen dient, wobei die Züge des benützten Werks angesichts der Individualität der neuen Schöpfung verblassen. Bei den Abbildungen im Buch stimmen die Konturen der jeweiligen Traube samt Ast und
ein Großteil der einzelnen Beeren in ihrer Anordnung innerhalb der Traube zwischen Druckbild und Lichtbild überein oder sind nahezu ident mit den Lichtbildern des Klägers.
Der erstbeklagte Buchhändler haftet für die Urheberrechtsverletzungen, weil ihm spätestens seit der Zustellung der Klage der Vorwurf der Rechtsverletzung bekannt war und er den Vertrieb der Bücher nicht eingestellt, sondern trotz der vielfachen Übereinstimmungen der Lichtbilder des Klägers und der Abbildungen in den Büchern den Urheberrechtsverstoß bestritten hat. Ein allfälliger Urheberrechtsschutz der englischen Künstlerin, die nach den Lichtbildern des Klägers Aquarelle hergestellt hat, ist für die Frage der Verletzung des Urheberrechtes des Klägers ohne Bedeutung.

Aktfotos
OGH, Beschluss vom 16.12.2003, 4 Ob 211/03p

» UrhG § 78
Die Klägerin ließ sich von der Modellagentur der Erstbeklagten vermitteln und vom Zweitbeklagten zunächst Fotos und dann auch Aktfotos anfertigen, die in Papier- und Online-Medien veröffentlicht wurden. Dabei wurde vereinbart, dass die Veröffentlichungs- und Verwertungsrechte unwiderruflich und uneingeschränkt beim Zweitbeklagten bleiben und die Klägerin 20 Prozent vom Veröffentlichungshonorar erhält. 500 bis 600 Fotos wurden angefertigt. Nach Geldstreitigkeiten kündigte die Klägerin und untersagte die weitere Verwendung der Fotos, was von den Beklagten nicht eingehalten wurde, weshalb sie auf Unterlassung klagte.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH gab dem Unterlassungsbegehren teilweise Folge. Nacktfotos betreffen regelmäßig den Kern der Persönlichkeit. In diesem höchstpersönlichen Intimbereich überwiegen deshalb im Interessenkonflikt des § 78 UrhG ungeachtet einer einmal erteilten Veröffentlichungsermächtigung - mag diese auch unwiderruflich und uneingeschränkt eingeräumt worden sein - regelmäßig die Interessen des Abgebildeten, auch wenn dieser einem Berufsfotografen Modell gestanden ist. Schon die schlichte Mitteilung des Betroffenen, dass er eine Veröffentlichung von Nacktfotos künftig nicht mehr wünsche, ist als wirksamer Widerruf einer einmal erteilten Einräumung von Rechten am eigenen Bild zu beurteilen. Auf Gründe für diesen Gesinnungswandel kommt es nicht an. Von einem solchen Widerruf unberührt bleiben Rechte des Fotografen auf Ersatz der vorangegangenen Aufwendungen, dies unter Anrechnung der ihm auf Grund bisheriger Veröffentlichungen zugeflossenen Entgelte.

Foto in der Aufbahrungshalle
OGH, Urteil vom 16.12.2003, 4 Ob 230/03g

» UrhG § 74
» UrhG § 16
» UrhG § 18
Eine Berufsfotographenvereinigung klagt ein Bestattungsunternehmen, das mit Hilfe eines Computers ohne Genehmigung des Fotographen Bildvergrößerungen von Verstorbenen zwecks Aufstellung in der Aufbahrungshalle herstellte oder solche Bilder verwendete, auf Unterlassung.

Erste und zweite Instanz wiesen die Klage ab.

Der OGH gab der Revision keine Folge: Das Aufstellen eines Lichtbilds in der Aufbahrungshalle eines Friedhofs anlässlich der Begräbnisfeier für eine Privatperson ist kein Eingriff in Rechte des Lichtbildherstellers und bedarf daher auch nicht dessen Zustimmung. Die Frage der Öffentlichkeit spielt bei allen Verwertungsrechten die entscheidende Rolle, weil eine Nutzung in der Privatsphäre des Nutzers grundsätzlich keine urheberrechtlichen Ansprüche auslöst. Eine Wiedergabe ist dann öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist, wobei zur Öffentlichkeit jeder gehört, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist. Dabei macht die Wahrnehmbarkeit einer Veranstaltung auch für Außenstehende diese noch nicht zur öffentlichen, wenn dies unvermeidbar, nicht beabsichtigt und im Wesentlichen nur marginal ist. Dieser - von der Rechtsprechung geprägte - Öffentlichkeitsbegriff muss, weil das Urheberrecht ganz allgemein nur einen einheitlichen, von den einzelnen Werkkategorien unabhängigen Werkbegriff kennt, auch im Zusammenhang mit Lichtbildwerken gelten.

Übergabe von Aktfotos zur Veröffentlichung im Internet
Thüringer OLG, Beschluss vom 10.12.2003, 2 W 658/03

» UrhG § 15
» UrhG § 97
Der Kläger fertigte als Fotograph Aktfotographien von der Beklagten an, die die Beklagte ohne Einverständnis des Klägers der Modellagentur H. zur Veröffentlichung auf einer passwortgeschützten Website übergab. Der Kläger klagte auf Unterlassung, die Beklagte beantragte Verfahrenshilfe. Das Erstgericht wies diesen Antrag wegen Aussichtslosigkeit ab.

Das OLG bestätigt den abweisenden Beschluss. Eine adäquate Verursachung einer Urheberrechtsverletzung liegt vor, wenn fremde Lichtbilder zur Veröffentlichung im Internet an den Betreiber einer Homepage übersandt werden, selbst wenn der Verletzer von der Veröffentlichung nichts erfahren hat, weil die Bilder in einem passwortgeschützten Teil einer Website veröffentlicht wurden. Es reicht dabei aus, dass die Beklagte der Agentur den Zugriff auf das Bildmaterial zum Zwecke der Veröffentlichung eröffnet hat.

Auch unvorteilhafte Fotomontagen zulässig
BGH, Urteil vom 30.09.2003, ZR 89/02

» BGB §§ 823, 1004
» KUG §§ 22, 23
Der Kläger - Vorstandsvorsitzender der deutschen Telekom AG - klagte das Magazin Wirtschaftswoche wegen einer entstellenden Fotomontage. Eine Fotomontage, die das Gesicht der abgebildeten Person in einer unvorteilhaften Pose erscheinen lässt, ist als eine in satirische Darstellung gekleidete Meinungsäußerung gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes von dem Betroffenen hinzunehmen. Die Darstellung muss im Gesamtzusammenhang gewertet werden.

Öffentliche Zugänglichmachung durch Thumbnails
LG Hamburg, Urteil vom 05.09.2003, 308 O 449/03

» UrhG §§ 2, 15, 17, 20, 23, 24
Verwendung eines Thumbnails (stark verkleinerte Kopie des Originalbildes, zumeist in erheblich reduzierter Qualität) zum Setzen eines Deep-Links stellt bereits eine unfreie öffentliche Zugänglichmachung des Originalbildes dar, die durch § 24 UrhG nicht gedeckt ist.

Ewald Stadler
OGH, Urteil vom 19.08.2003, 4 Ob 120/03f

» UrhG § 78
» UrhG § 85
» ABGB § 1330
In der Zeitschrift der Beklagten erschienen Artikel über den Kläger, in denen ihm politische Intrigen gegen die damalige FPÖ-Chefin unterstellt wurden; er habe Petitionen gegen ihre Politik organisiert, um sie zur Politik Jörg Haiders zurückzubringen; die Artikel waren mit Bildern des Klägers illustriert. Der Kläger begehrt die Unterlassung der Verwendung von Abbildungen im Zusammenhang mit bestimmten unwahren Behauptungen im Text.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht bestätigte; die (inhaltlich nicht geprüften) Vorwürfe seien weder ehrenrührig noch kreditschädigend.

Der OGH bestätigte die Abweisung des Zahlungsbegehrens und des Veröffentlichungsbegehrens und hob die Urteile hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens auf. Selbst die Interessen eines Politikers werden beeinträchtigt, wenn der Abgebildete durch die Bildnisveröffentlichung mit Vorgängen in Verbindung gebracht wird, mit denen er nichts zu tun hat. Für die Bildberichterstattung gelte nichts anderes als für die Textberichterstattung. Die Verletzung berechtigter Interessen nach § 78 UrhG ist grundsätzlich vom Kläger zu beweisen, außer die Äußerungen sind als Ehrenbeleidigung zu qualifizieren. Der gegenständliche Vorwurf ist zwar kreditschädigend, aber nicht ehrenrührig. Es muss daher der Kläger beweisen, dass der Text unrichtig ist. Eine Bindung an das Ergebnis eines medienrechtlichen Gegendarstellungsverfahrens besteht aufgrund der anders gelagerten Beweislast nicht.
Ein immaterieller Schaden nach § 87 Abs. 2 ist zwar auch bei einer Verletzung des Bildnisschutzes nach § 78 zu ersetzen, aber nur bei einer empfindlichen Kränkung, die hier nicht vorliegt, weil der Vorwurf, es werde gegen den Parteivorsitzenden intrigiert, politisches Kleingeld ist.

Prospekte und Anzeigen (Werbefotos für Internet)
OGH, Beschluss vom 24.06.2003, 4 Ob 70/03b

» UrhG § 15
» UrhG § 16
» UrhG § 81
Der Kläger fertigte als Berufsfotograph aufgrund eines 1993 geschlossenen Rahmenvertrages von 1993 bis 2000 für die Beklagte Fotos für Prospekte, Einladungen und Anzeigenkampagnen, die von dieser und von Dritten dann auch im Internet verwendet wurden, ohne dass dies explizit vereinbart worden wäre.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt, das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH hob auf und verwies zurück zur Klärung der Frage, bei welchen konkreten Lichtbildern die Beklagte für die Vervielfältigung und Verbreitung einzustehen habe. Kann sich die Beklagte für die Verwendung der Aufnahmen im Internet weder auf ein Werknutzungsrecht noch auf eine Werknutzungsbewilligung berufen, so ist sie gemäß § 81 Abs 1 erster Satz UrhG zur Unterlassung verpflichtet. Die Werke sind aber genau zu bezeichnen.

Foto eines Mordopfers
OGH, Urteil vom 24.06.2003, 4 Ob 105/03z

» EMRK Art 10
» UrhG § 46
» UrhG § 54
Die Vereinigung der Berufsfotographen klagt die Kronenzeitung wegen Veröffentlichung eines Fotos eines Mordopfers. Der Pressefotograph hatte das Foto aus dem Pass abfotographiert.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich Zahlung einer Lizenzgebühr und Unterlassung statt, das Berufungsgericht bestätigte.

Der OGH gab der Revision nicht Folge. Die neuere Rechtsprechung bezieht das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK in die Interessenabwägung ein und lässt unter bestimmten Voraussetzungen einen Eingriff in die Rechte des Urhebers zu. Diese Entscheidung ist die Fortsetzung der Judikatur aus den Entscheidungen Schüssels Dornenkrone, Medienprofessor und Geleitwort.
Diese Rechtsprechung lässt sich dahin zusammenfassen, dass aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden ist, ob dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung ein Vorrang vor Urheber- und Leistungsschutzrechten zukommt. Dem Interesse des Urhebers, über die Verwendung seines Werks zu bestimmen und diese nur gegen Entgelt zu gestatten, steht das Interesse desjenigen gegenüber, der durch Verwendung des Werks Tatsachen mitteilen oder Meinungen äußern will.
Ist der Urheber bereit, die Nutzung seines Werks gegen Entgelt zu gestatten, so kann das Grundrecht der freien Meinungsäußerung einen Eingriff in Urheber- oder Leistungsschutzrechte von vornherein nicht rechtfertigen, weil eine Einschränkung des Grundrechts durch das Urheberrecht als gesetzlich geschütztes Recht im Sinne des Art 10 Abs 2 EMRK insoweit jedenfalls gerechtfertigt ist. Grundvoraussetzung jeder Rechtfertigung eines Eingriffs in Urheber- oder Leistungsschutzrechte durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung ist damit, dass die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers nicht berührt werden und das Grundrecht ohne Eingriff in das Urheber- oder Leistungsschutzrecht nicht ausgeübt werden kann.
Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung vermag den Eingriff aber auch dann nicht zu rechtfertigen, wenn der Berechtigte die Nutzung seines Werks auch gegen (angemessenes) Entgelt nicht gestattet, oder wenn er dem Nutzer nicht bekannt ist und seine Identität in der kurzen Zeit, die für eine Veröffentlichung bei Wahrung der Aktualität zur Verfügung steht, nicht festgestellt werden kann.
Dem Interesse des Fotografen, die Nutzung des von ihm aufgenommenen Lichtbilds an seine Zustimmung zu binden (Ausschließungsrecht), steht das Interesse der Zeitung gegenüber, mit dem Bild einen Bericht über einen Mord zu illustrieren.
Anders als bei der - den Gegenstand der Verfahren 4 Ob 224/00w und 4 Ob 127/01g bildenden - Verwendung fremder Werke gleich einem Zitat hat die Veröffentlichung des Bildes in einem Fall wie dem vorliegenden keine Belegfunktion; sie dient (nur) der Information. Das Interesse, über den Kriminalfall nicht nur durch einen Wortbericht zu informieren, sondern die Aufmerksamkeit der Leser durch ein Bild des Mordopfers auf den Bericht zu lenken, wiegt nicht schwer genug, um einen Eingriff in die Rechte des Fotografen zu rechtfertigen.
Dass der Fotograf das Entgelt für die Passfotos erhalten hat, nimmt seinem finanziellen Interesse nicht die Schutzwürdigkeit:
Die Beklagte hat die Fotos mit der Veröffentlichung in ihrer Zeitung auf eine Art verwendet, die durch das Entgelt für die Passfotos nicht abgegolten ist.

Hundertwasser-Haus-Poster
BGH, Urteil vom 05.06.2003, I ZR 192/00

» UrhG §§ 59, 2, 16
Der Maler Friedrich Hundertwasser bzw. seine Erben klagen die deutsche Metro, die ein Poster mit einer Ansicht des Wiener Hundertwasser-Hauses vertrieb. Es handelte sich um eine Aufnahme, die von einer erhöhten Position aus einer gegenüberliegenden Privatwohnung aufgenommen worden war. Metro berief sich auf die sogenannte Panoramafreiheit nach § 59 UrhG, nach der Aufnahmen von "Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden", auch ohne Zustimmung des Urhebers hergestellt und vertrieben werden dürfen.

Das LG München I gab der Klage statt, das OLG München wies ab.

BGH: Poster vom Wiener Hundertwasser-Haus dürfen nur mit Zustimmung des Malers vertrieben werden. Die das Urheberrecht an dem Bauwerk beschränkende Panoramafreiheit soll es der Allgemeinheit nur ermöglichen, das, was die Passanten von der Straße aus mit eigenen Augen sehen können, als Gemälde, Zeichnung, Fotografie oder im Film zu betrachten. Von diesem Zweck der gesetzlichen Regelung ist es nicht mehr gedeckt, wenn der Blick von einem für das allgemeine Publikum unzugänglichen Ort aus – etwa mit den Mitteln der Fotografie – fixiert werden soll. Die enge Auslegung der Schrankenbestimmung ist geboten, weil der Urheber möglichst umfassend an der wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes zu beteiligen ist. Die in einem Lichtbildwerk liegende schöpferische Leistung kann auch dadurch übernommen werden, dass das auf der geschützten Fotographie abgebildete Objekt nachgestellt und auf dieselbe Weise fotographiert wird.

Schüssels Dornenkrone II
OGH, Beschluss vom 20.05.2003, 4 Ob 100/03i

» UrhG § 57
» EMRK Art. 10
Die Beklagte hat in der von ihr herausgegebenen Falter-Stadtzeitung Wien Titelseiten der Kronenzeitung wiedergegeben, was von letzterer bekämpft wird.

Erste und zweite Instanz wiesen das Unterlassungsbegehren ab.

Der OGH wies die ao. Revision zurück. Das Zitatrecht hängt von zwei Voraussetzungen ab: Das Zitat muss auf den durch den Zweck gebotenen Umfang beschränkt werden, weil das Recht des Urhebers nicht stärker beeinträchtigt werden darf, als es die Ausübung der im Interesse der geistigen Kommunikation (hier: kritische Auseinandersetzung mit der Berichterstattung der Klägerin) eingeräumte Zitierfreiheit erfordert, und es darf nicht dazu führen, dass der wirtschaftliche Wert des zitierten Werks in einer ins Gewicht fallenden Weise ausgehöhlt wird. Das ist hier gegeben. Die Freiheit der Meinungsäußerung rechtfertigt die Wiedergabe der Titelseiten einer anderen Zeitung in einem Artikel, der sich mit der politischen Berichterstattung in dieser Zeitung kritisch auseinandersetzt.
Ob und inwieweit bei freien Werknutzungen wie den hier verfahrensgegenständlichen eine Quellenangabe unterbleiben kann, ist gem. § 57 Abs. 4 UrhG nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen zu beurteilen. Ob die Interessen des Urhebers oder jene des zur freuen Werknutzung Berechtigten höher zu bewerten sind, hängt von den im Einzelfall gegebenen Umständen ab und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Puppenfee
OGH, Beschluss vom 29.04.2003, 4 Ob 57/03s

» MedienG § 6
Die Klägerin ist eine bereits 1941 gelöschte GesmbH, die 1936 den Film Die Puppenfee hergestellt hat; sie wird durch den bestellten Nachtragsliquidator vertreten. Der beklagte ORF hat den Film 1997 und 1999 aufgrund einer Lizenz einer international renommierten Agentur, die sich mittelbar auf die Lizenzen der Rechtsnachfolger der Ersteller von Drehbuch und Filmmusik, stützen konnte, gesendet.

Das Erstgericht erließ die beantragte EV, das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH gab dem Revisionsrekurs keine Folge. Ein gutgläubiger Erwerb von Verwertungsrechten ist nicht möglich. Im Bereich des Urheberrechts gibt es keine § 6 Abs 2 Z 4 MedienG vergleichbare Bestimmung, die den Eingriff in Verwertungsrechte eines Dritten rechtfertigen könnte.

Verwendung einer Adressdatenbank für Werbe-E-Mails
LG Düsseldorf, Urteil vom 23.04.2003, 12 O 157/02

» UrhG §§ 87b, 97
» UWG § 1
Das Auslesen einer E-Mail-Adressdatenbank für Zwecke der E-Mail-Werbung stellt eine widerrechtliche Vervielfältigung einer Datenbank im Sinne der §§ 87b, 97 UrhG dar und verpflichtet zu Unterlassung und Schadensersatz. Im Falle eines bestehenden Wettbewerbsverhältnisses verstößt das Auslesen einer fremden Adressdatenbank auch gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Übernahme einer fremden Leistung.

Zulässigkeit von "abstracts"
OLG Frankfurt, Urteil vom 01.04.2003, 11 U 47/02

» UrhG §§ 97, 17, 23, 87b
Die Erstellung und Veröffentlichung von "abstracts", d.h. kurzen Zusammenfassungen von Artikeln und Aufsätzen, für einen juristischen Auskunftsdienst verletzt nicht generell fremde Urheberrechte. Die Fertigung und Veröffentlichung von abstracts ist als systematische Auswertung von unwesentlichen Teilen einer Datenbank anzusehen, die einer normalen Auswertung nicht zuwiderläuft und die Interessen des Datenbankherstellers nicht unzumutbar beeinträchtigt. Die Grenze ist abhängig von der Art des Schrifttums und der Adressaten. Maßgeblich ist, ob der Abstract nach Umfang, Inhalt und Darstellungsform geeignet ist, das Original zu ersetzen.

Eingenickter Offizier
OGH, Urteil vom 25.03.2003, 4 Ob 268/02v

» UrhG § 78
» UrhG § 87
Der Beklagte ist Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift D*** der Offiziersgesellschaft, der Kläger ein Oberstleutnant der Miliz mit Zivilberuf Landesbeamter. Der Kläger nahm an einer Veranstaltung der OG teil und wurde dabei in eingenicktem Zustand vom Beklagten, der einen Bericht für die Zeitschrift D*** erstellte, fotografiert. Er bemerkte dies und verbot dem Beklagten das Fotografieren. Das Foto erschien dennoch in der Zeitschrift mit dem Bildtext Taaagwache!! - Es gilt, die Zeichen der Zeit nicht zu überhören. Der Kläger begehrt die Unterlassung der Fotoveröffentlichung und Schadenersatz nach § 87 UrhG, da er in Kameradenkreisen verspottet worden sei und auch seine Karriereaussichten beim Land und beim Bundesheer beeinträchtigt worden seien. Der Beklagte bot dem Kläger in der Verhandlung einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich an.

Das Erstgericht wies die Klage zur Gänze ab; es liege kein berechtigtes Interesse am Unterbleiben der Veröffentlichung im Sinne des § 78 UrhG vor, die Darstellung einer eingenickten Person sei nicht entwürdigend oder herabsetzend. Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt und hob das Urteil hinsichtlich des Schadenersatzanspruches auf; das Bild sei im Zusammenhang mit dem Text verunglimpfend und stehe in keinem Zusammenhang mit dem Artikel. Das Anbieten eines Unterlassungsvergleiches beseitige die Wiederholungsgefahr dann nicht, wenn ein weiteres Begehren - auf Veröffentlichung, oder wie hier auf Schadenersatz, nicht umfasst sei. Zum Schadenersatzbegehren seien noch Beweise aufzunehmen.

Der OGH wies das Unterlassungsbegehren ab und wies den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zurück (der Schadenersatzanspruch ist somit noch zu klären). Wenn neben dem Unterlassungsanspruch von ihm unabhängige Ansprüche - wie etwa ein weiteres Unterlassungsbegehren oder (wie hier) ein Schadenersatzbegehren gestellt wird, kann aus der Weigerung, einen Vergleich über die verlangte Schadenersatzzahlung zu schließen, nicht der Schluss gezogen werden, der Beklagte habe vor, noch einmal die beanstandete Handlung vorzunehmen. Es liegt daher keine Wiederholungsgefahr mehr vor, weshalb auch das Unterlassungsbegehren abzuweisen ist.

newsroom gegen oejc - glatte Leistungsübernahme
OGH, Beschluss vom 25.03.2003, 4 Ob 32/03i

» UWG § 1
» UrhG § 44
» UrhG § 79
Die Klägerin ist Medieninhaberin verschiedener periodischer Druckschriften und bietet im Internet unter www.newsroom.at (.de) einen Online-Dienst zum entgeltlichen Bezug aktueller Informationen aus dem Bereich Journalismus und Medien an. Der beklagte Verein ist ein Zusammenschluss von Journalisten und ebenfalls Medieninhaber einer periodischen Druckschrift und Betreiber des unentgeltlichen Online-Dienstes unter www.oejc.or.at. Die Klägerin stellte eine Stellenanzeige (Radiomoderator) in Form einer redaktionellen Mitteilung auf ihre Website und verschickte sie per E-Mail an rund 7000 Journalisten. Rund zwei Stunden später gelangte die Beklagte in Kenntnis davon und schickte sie wortident an die APA.

Erste und zweite Instanz wiesen den Haupt-Sicherungsantrag deswegen ab, weil die Beklagte nach dem bescheinigten Sachverhalt den beanstandeten und auf ihrer Website veröffentlichten Beitrag der Klägerin nicht von dieser, sondern über Dritte bezogen hat und daher keine direkte Leistungsübernahme vorliege. Dem Eventualbegehren wurde aber stattgegeben: Verletzung der 12-Stunden-Frist des § 79 UrhG und Verstoß gegen §§ 1 und 2 UWG.

Der OGH gab auch dem Hauptbegehren statt: Es liegt eine Leistungsübernahme durch die Beklagte ohne eigenständige Bearbeitung, also eine glatte Übernahme im Sinne § 1 UWG, vor. Die urheberrechtliche Seite wurde nicht geprüft, weil das Rekursgericht dem Sicherungsantrag ausschließlich unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten stattgegeben hatte.

MA 2412 II - Schutz der Stimme
OGH, Urteil vom 20.03.2003, 6 Ob 287/02b

» ABGB § 16
» ABGB § 1330
» UrhG § 78
Die Kläger sind Hauptdarsteller der ORF-Fernsehserie MA 2412 und verkörpern Beamte mit charakteristischen Eigenschaften. Tonfall und Tonhöhe ihrer Stimmen wie auch die Sprachmelodie und der verwendete Dialekt sind äußerst einprägsam und charakteristisch. Stimmen und Sprechweise wurden für einen Werbespot eines Wiener Landtagsclubs verwendet.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Zahlungsbegehren (Verwendungsanspruch § 1041 ABGB) statt. Das Berufungsgericht bestätigte.

Der OGH gab der ao. Revision keine Folge. Die unbefugte Verwendung einer identifizierbaren Stimme (Stimmenimitation) zu (politischen) Werbezwecken im Rundfunk stellt eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes sowie eine Urheberrechtsverletzung dar und ist in Analogie zum Bildnisschutz des § 78 UrhG Grundlage für eine Urteilsveröffentlichung. Die Urteilsveröffentlichung soll vor allem das Publikum aufklären und einer Weiterverbreitung unrichtiger Ansichten entgegenwirken. Sie soll den entstandenen Schaden gutmachen und den Verletzten vor weiteren Nachteilen bewahren. Es besteht kein Anspruch auf ein angemessenes Entgelt iSd § 86 UrhG bei Verletzung des Rechts an der eigenen Stimme. Es bestehen jedoch Ansprüche nach § 1041 ABGB, wenn der geldwerte Bekanntheitsgrad einer Persönlichkeit ausgenützt wird, da die Verletzung dieses Rechtsguts nicht ausschließlich dem – abschließend geregelten – Bereich des UrhG angehört.
  • OGH-Entscheidung
  • Thomas Höhne, MA 2412 und der Schutz von characters, MR 2003, 96

CD-Kopierautomat
OLG München, Urteil vom 20.03.2003, 29 U 5494/02

» UrhG § 53
Der Aufsteller und Vertreiber von CD-Münzkopierautomaten kann nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, da ein Rechtsverstoß seinerseits nur in der Beteiligung an den unerlaubten Kopiertätigkeiten seiner Kunden gesehen werden kann und damit nur dann vorliegen kann, wenn die Kunden des Aufstellers bei Benutzung der Automaten nicht in den Genuss des Privilegs des § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG (Privileg für Privatkopien) kommen.

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