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Schieds-Gerichte für Domain-Streitigkeiten:
WIPO - AT - EU - Literatur - Links
letzte Änderung 1.1.2009
WIPO - Schiedsgerichte
Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat bisher im Rahmen ihrer Uniform Dispute Resolution Policy (UDRP) vier Stellen ermächtigt, Domain-Streitigkeiten zu behandeln. UDRP wurde im August 1999 errichtet und im Dezember 1999 von den Registraren für folgende Domains in Wirksamkeit gesetzt:
- .com
- .org
- .net
Andere Registrare, teilweise auch Länderregistries haben sich angeschlossen. Das Verfahren soll eine schnelle und billige Alternative zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung bieten; der Weg zu Gericht bleibt offen; wird aber nach den bisherigen Erfahrungen kaum genutzt (kurze Frist von 10 Tagen, Problem der Klage im Ausland).
Nach der UDRP müssen die Fälle 3 Kriterien erfüllen:
- die Domain ist identisch oder ähnelt verwechselbar einem Namen der Klägerin, an dem diese Markenrechte besitzt
- der Domain-Inhaber hat kein legitimes Recht oder Interesse an der Domain
- die Domain wurde schlechtgläubig registriert und benutzt.
Die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes ist damit sehr eingeschränkt, wenn auch es sich dabei auch um die häufigsten Fälle handeln dürfte.
Vier Streitschlichtungsstellen wurden eingerichtet:
1.) WIPO (World Intellectual Property Organization)
Diese hat eine eigene Schiedsstelle eingerichtet, um Streitfragen zu klären und Domainmissbrauch zu verhindern. Zugelassen am 1.12.1999. Bis Ende 2001 wurden rund 6000 Fälle mit Parteien aus 95 Ländern entschieden (rund 60 % ohne Streiteinlassung des Gegners).
Bei der WIPO verhandelt werden können die gTLD's (generic Top Level Domains) mit den Endungen .com, .org, .net, .biz, .info, .name und in Zukunft auch .edu, wenn ein Markeninhaber eine Rechtsverletzung behauptet. Daneben ist ein Schiedsverfahren auch fuer einige ccTLD`s (country code Top Level oder Laenderdomains) moeglich (z.B.ag, .cc, .tv und .ws); hiezu bedarf es einer Vereinbarung mit der jeweiligen Registrierungsbehörde, die für Österreich nicht existiert, sodass Streitigkeiten betreffend die at-Domain nicht von der WIPO entschieden werden können. Bei der WIPO wurden rund 80 Prozent der Fälle zugunsten der Kläger entschieden.
- siehe ORF-Artikel... und WIPO vs. Domain-Name-Grabber
- Kritik an der Entscheidungspraxis der WIPO
- Hier finden Sie sämtliche anhängigen und entschiedenen Fälle.
2.) National Arbitration Forum
Das Nationale Schiedsrichter Forum besteht seit 1986 und ist seit 20.12.1999 von ICANN für Domainstreitigkeiten zugelassen.
3.) Disputes.org / eResolution Consortium:
Online Schiedsgericht und Online-Mediation; mit 1.1.2000 von ICANN zugelassen.
4.) CPR Institute for Dispute Resolution:
seit 22. 5.2000. CPR beschäftigt sich mit alternativen Streitbeilegungsmethoden im Wirtschaftsbereich (ADR = alternative dispute resolution). CPR hat für Domainstreitigkeiten eigene Kommissionen geschaffen: http://www.cpradr.org/speclpan_domainname.htm
Vorteil des UDRP-Verfahrens sind die im Vergleich zum Gerichtsverfahren kurze Verfahrensdauer von etwa 50 Tagen sowie die niedrigen Gebühren, die nach Anzahl der streitigen Domains bei US$ 1.500,- beginnen. Das Verfahren läuft komplett online ab. Klagen können jeweils direkt über die Website eingereicht werden. Ein großer Vorteil liegt darin, dass Namens- und Markenrechtsverletzungen weltweit verfolgt werden können. Dadurch ergeben sich keine komplizierten Zuständigkeitsfragen und Fragen des anzuwendenden Rechts. Unabhängig vom Wohnsitz des beklagten Domain-Inhabers sind so Entscheidungen auch dann möglich, wenn der Domain-Inhaber nur mit einer Briefkastenfirma im WHOIS verzeichnet ist und auf eine Klage nicht reagiert.
Der Schiedsspruch ist beschränkt auf die Entscheidung, ob der streitige Domain-Namen des Beklagten zu löschen und auf den Kläger zu übertragen ist. Die Entscheidung wird vom Provider zehn Tage nach dem Schiedsspruch automatisch implementiert, es sei denn, eine der Parteien hat innerhalb dieser Frist eine gerichtliche Klage bei einem zuständigen Gericht eingebracht und den Provider davon verständigt. Auch das ist ein großer Vorteil gegenüber einem Gerichtsverfahren, weil dort nur im Verhältnis zwischen den Parteien Recht gesprochen wird, ohne dass die Registrierungsstelle einbezogen wird. Bis Ende 2001 gab es insgesamt nur in 41 Fällen nachfolgende Gerichtsverfahren.
Mehr zum UDRP-Verfahren: Artikel von Florian Hitzelberger bei domainrecht.de
.at-Domain
Für die meisten Länder-Domains, wie ".at" steht das internationale Streitbeilegungsverfahren nicht zur Verfügung. Die nic.at, das ist jene Gesellschaft, welche die ".at" Top-Level-Domain verwaltet, verhält sich bei Domain-Streitigkeiten bewusst neutral und steht daher als Schlichtungsstelle nicht zur Verfügung. Die nic.at trägt aber aktiv zur Rechtsdurchsetzung dadurch bei, dass sie in einem Streitfall den Inhaberwechsel sperrt, um zu verhindern, dass sich der Inhaber seiner Verantwortung durch Übertragung auf einen Dritten entzieht.
Von März 2003 bis Ende 2008 stand auch in Österreich eine von der IPA (internet Privatstiftung Austria) gegründete und 2006 an das ÖIAT übertragene Streitschlichtungsstelle zur Verfügung. Bei freiwilliger Unterwerfung konnte dort rasch und kostengünstig eine Entscheidung erwirkt werden, eine nachfolgende Anrufung des Gerichtes war aber möglich. Da dieses Möglichkeit in der Praxis nur ganz selten ergriffen wurde, wurde die Streitschlichtungsstelle Ende 2008 geschlossen.
.eu-Domain
Das alternative Streitbeilegungsverfahren (ADR) ähnelt dem WIPO-Verfahren. Das Verfahren kann von jedem gegen eine Entscheidung der zentralen Vergabestelle EURid, die gegen Bestimmungen der EU-Verordnungen verstößt, sowie gegen spekulative oder missbräuchliche Domain-Registrierungen eingeleitet werden. Das Verfahren dauert drei Monate. Die Kosten trägt der Beschwerdeführer. Die Entscheidung des Panels muss umgesetzt werden, wenn der Beschwerdegegner nicht innerhalb von 30 Tagen das ordentliche Gericht anruft. Das staatliche Gericht entscheidet in diesem Fall vollkommen neu.
Gegen unrechtmäßige Zuweisungen von .eu-Domains während der Sunrise-Period musste das Verfahren innerhalb von 40 Tagen nach Anmeldung beantragt werden. Wird der Beschwerde in diesem Fall stattgegeben, bekommt die Domain aber nicht der Beschwerdeführer, sondern der Nächstgereihte.
Literatur
- Axel Anderl, Christian Schumacher, Streitbeilegung nach der UDRP - Endstation Cheonranam-do oder zurück zum Start? 1/2006, ecolex 1/2006, 38
- Bettina Stomper, Das Domain-Schlichtungsverfahren der WIPO, 11/2002, Artikel bei rechtsprobleme.at
- Patrick Sutter, Die Schweiz braucht kein eigenes Domain-Namen-Schiedsgericht, 11.3.2002, ausführliche Darstellung des WIPO-Verfahrens in dt. Sprache; Artikel bei Weblaw
- Kieren McCarthy, Why ICANN's domain dispute rules are flawed, 11.7.2001, Artikel bei TheRegister
- Clemens Thiele, Recht und billig - Das Internet-Domain-Schiedsgericht der WIPO, RdW 2001/7
- Martin Stotter, Domain Namen international : ICANN und ihr alternatives Streitbeilegungssystem, in Mayer-Schoenberger/Galla/Fallenboeck (Hrsg.), Das Recht der Domain Namen (2001)
- Martin Stotter, Internationale on-line Streitschlichtung am Beispiel der ICANN, in Pauger (Hrsg.) Der dritte Fakultaetstag der Rechtswissenschaftlichen Fakultaet der Karl-Franzens-Universitaet Graz (2001)
- Torsten Bettinger, Die WIPO-Vorschläge zum Schutz von Marken und anderen Zeichenrechten im Internet, Wettbewerb in Recht und Praxis, 2001, Heft 7; Artikel bei bettinger.de
- Tobias H. Strömer, Das ICANN-Schiedsverfahren, 2001, Artikel bei Netlaw
- Torsten Bettinger, ICANN’s Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy, Computer und Recht 2000, S. 239; Artikel bei bettinger.de
- Torsten Bettinger, Online-Schiedsgerichte für Domainnamensstreitigkeiten: Eine Bestandsaufnahme der ersten 1000 Entscheidungen, WRP 2000, S. 1109-1116; Artikel bei bettinger.de
- Dr. iur. Jann Six, Zur Rechtspraxis des WIPO-Schiedsgerichts im Streit um Domänennamen im Internet, 4.12.2000, Artikel in Weblaw
- David Rosenthal, Domain-Namen-Streitigkeiten: Schnellgerichte mit Fragezeichen, in: Jusletter 23. Oktober 2000
Links
- UDRPinfo.com Studienergebnisse der Universität Ottawa (Prof. Michael Geist) über ICANN-Domain-Streitschlichtung
- WIPO: Report Internet Domain Name Process; Abschlussbericht zum zweiten WIPO Internet Domain Name Prozess "The Recognition of Rights and the Use of Names in the Internet Domain Name System"
- Domain Name Law Reports Datenbank aller Icann-Schiedsgerichte; Suchfunktion mit verschiedenen Filtern.